14.01.2016
(Aktualisiert 18:48 Uhr)
Südumfahrung: Urteil folgt nächste Woche
Verwaltungsgericht
verhandelt über Klage eines Klufterner Landwirts
Südumfahrung:
Urteil folgt nächste Woche
Markdorf sz Vor dem
Verwaltungsgericht in Sigmaringen ist am Donnerstag die Klage eines Klufterner Landwirts zum Planfeststellungsbeschluss für die
Südumfahrung Markdorf verhandelt worden. Kläger und Beklagte – das
Regierungspräsidium (RP) Tübingen als Vertretung für das Land Baden-Württemberg
– tauschten in der rund fünfstündigen Sitzung ihre Argumente aus. Die mündliche
Verhandlung wurde am Nachmittag beendet. Die Entscheidung der Richter um den
Vorsitzenden Dr. Franz-Christian Mattes wird für Ende der kommenden Woche
erwartet.
Die rund drei Kilometer lange Trasse der geplanten
Südumfahrung von Markdorf führt vom ehemaligen Haslacher Hof bis hin zur
Kreisstraße Richtung Kluftern auf Höhe der Firma
Wagner. Gegen den Planfeststellungsbeschluss hatte ein Klufterner
Grundeigentümer und Landwirt im Februar 2014 Klage eingereicht. Unterstützt
wird er von der Initiative „Pro Kluftern“, die unter
anderem Spenden sammelt, um bei den Prozesskosten zu helfen. Der Kläger und
sein Anwalt Dr. Tobis Lieber sehen im Planfeststellungsverfahren unter anderem
Mängel in der Straßeneinordnung, Berücksichtigung des Naturschutzes und des
Eingriffs in das Eigentum. Der Kläger besitzt und pachtet Flächen, die vom Straßenbau
betroffen wären.
Einordnung der Straße
Kläger: Aus Sicht des Klägers ist die Einstufung der
Südumfahrung als Kreisstraße falsch. Sie würde die Funktion einer Landes- oder
Bundesstraße erfüllen. Entsprechend müssten mit einem anderen Straßenbaulastträger
– also Land oder Bund – auch andere Vorschriften eingehalten werden. Zudem
erfülle die Südumfahrung nur in Zusammenhang mit anderen Straßenbauprojekten
wie den Ortsumfahrungen von Bermatingen und Kluftern ihren Zweck der Entlastung.
RP: „Nur weil der Verkehr der Südumfahrung die
Ortsdurchfahrt von Markdorf als Bundesstraße entlastet, ist nicht zwingend der
Bund verantwortlich“, argumentierte Petra Stark, Leitende Regierungsdirektorin
im RP. Wäre es eine Umfahrung der Bundesstraße, müsse sie rund um Markdorf
führen und dürfe nicht nur ein Teilstück sein. Der Verkehr der B33 sei auch
nicht zwingend auf dem Bundesfernstraßennetz unterwegs, sondern habe Ursprung
und Ziel innerörtlich oder innerhalb des Kreises und der Nachbarkreise.
Naturschutz
Kläger: Beim Planfeststellungsverfahren wurde aus
Sicht des Klägers ein Gewässersystem aufgrund seines herausragenden
Bachmuschelvorkommens nicht als potenzielles Fauna-Flora-Habitat
berücksichtigt.
RP: Der Gewässerökologe Jürgen Trautner erläuterte,
dass das bedeutende Vorkommen der Bachmuschel im Bereich bekannt ist, die
Größenordnung sich allerdings erst später herausstellte. „Aus fachlicher Sicht
drängt sich aber auch heute noch nicht die Einstufung als Schutzgebiet auf“,
sagte Trautner. Denn das vorhandene Gewässersystem von Mühlbach und Brunisach sei insgesamt relativ kurz. Optimale
Rahmenbedingungen seien nicht nur von der Bestandsgröße, sondern auch von einer
langfristigen Realisierbarkeit eines Bachmuschelsystems abhängig.
Landwirtschaftliches Wegenetz
Kläger: Aus Sicht des Klägers wäre es
existenzgefährdend für den landwirtschaftlichen Betrieb, wenn die Straße in
ihrer geplanten Form kommen würde. Denn durch Veränderungen im
landwirtschaftlichen Wegenetz müsste er deutlich größere Wege zurücklegen, um
zu seinen Äckern und Wiesen zu kommen. Laut Anwalt Lieber ist es für zahlreiche
Betriebe existenziell, dass es eine Brücke über die Südumfahrung gebe.
RP: Starks Stellvertreter Rainer Prußseit
wies darauf hin, dass bereits im Planfeststellungsbeschluss schriftlich
festgehalten ist, dem Eigentümer ein Angebot für Tauschflächen zu unterbreiten
und besondere Situation zu berücksichtigen.
Eingriff in das Eigentum
Im Planfeststellungsbeschluss ist berücksichtigt, dass
das gepachtete Gelände der Segelflieger aufgrund des Straßenneubaus um einige
Meter nach Nordwesten verschoben werden müsste. Da in dem Bereich auch eine
Grabenverlegung samt Gestaltung des Gewässerrandstreifens geplant ist, würde
der klagende Landwirt eine 15 Quadratmeter große Ecke seines insgesamt 15377
Quadratmeter großen Grundstücks verlieren.
Kläger: Aus Sicht des Klägers ist das Vorgehen
unzulässig. Denn das Anlegen eines Segelflugplatzes sei genehmigungspflichtig.
Ein entsprechender Antrag liege nicht vor, dessen Genehmigung würde aber im
Planfeststellungsbeschluss bereits vorweggenommen. Anwalt Lieber kritisierte,
dass die Interessen des Vereins, der in dem Bereich keine Flächen besitze,
höher eingestuft würden als die eines Eigentümers.
RP: Prußseit versicherte:
„Im Rahmen des Verfahrens wurde auf Grundlage der Planung mit dem
entsprechenden Referat im RP abgeklärt, ob die Verlegung des Platzes
genehmigungsfähig wäre. Das wurde bejaht.“ Sollte es keinen Antrag geben, würde
auch die Verlegung gar nicht erfolgen. Stark ergänzte: Es ist nur vom Kläger
Einwand zu dieser Angelegenheit gekommen. Es ist ein minimaler Eingriff in ein
Riesengrundstück.“ Sie zog aber aufgrund weiterer Kritik von Klägeranwalt Liebert ein Schriftstück hervor. Demzufolge würde auf die
Ausgleichsmaßnahme am Gewässerrandstreifen verzichtet.
In seinem Schlusswort wies Klägeranwalt Liebert auf die wechselhafte Vorgeschichte des
Straßenbauprojektes hin. Ursprünglich sollte es den Ost-West-Verkehr abwickeln,
sei aber schließlich zu einer Ortsumfahrung von Markdorf geworden. „Die Straße
macht nur Sinn im Kontext mit anderen Vorhaben und wir halten sie in ihrer
jetzigen Form nicht nur für unsinnig, sondern auch rechtswidrig“, sagte Liebert.
Petra Stark vom RP betonte: „Wir ziehen die
Betroffenheit nicht in Zweifel und haben Verständnis für die Sorgen und
Belange.“ Doch die landwirtschaftlichen Interessen seien nur ein Teil, den es
zu berücksichtigen gelte. Auch sei sie überzeugt, dass die Ortsumfahrung zu
Recht als eine Kreisstraße planfestgestellt worden sei.