Der Verkehrsminister wehrt sich

Winfried Hermann will es mit seinem Straßenbauprogramm den Kritikern zeigen

 

700 Millionen Euro investiert das Land Baden-Württemberg 2014 in die Straßen im Südwesten. Foto: dpa

Von Herbert Beck

Stuttgart Er ist zwar die Zielscheibe beißender Kritik von CDU und FDP und auch Teilen des Oppositionspartners SPD. Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) konterte darauf am Freitag mit den für 2014 geplanten Bau- und Sanierungsprogrammen auf den Straßen des Südwestens. Rund 700 Millionen Euro kommen dabei zusammen. Zugleich forderte er aber vom Bund für die Zukunft verlässlichere Zahlen darüber, welche Mittel das Land tatsächlich erwarten kann. „Es ist doch paradox“, sagte Hermann und verwies auf die Finanzplanung des Bundes. 88 Millionen Euro sind darin für den Südwesten für Neubaumaßnahmen fest zugesagt. 95 weitere Millionen könnten hinzukommen – vielleicht. Hermann: „Diese Unsicherheit von Jahr zu Jahr muss aufhören.“

Baden-Württemberg konnte im vergangenen Jahr zum ersten Mal seit Langem nicht alle beim Bund für das Land eingeplanten Mittel verbauen. Mindestens 15 Millionen Euro flossen zurück. „Peinlich“ nannte das noch am Freitag der SPD-Verkehrsexperte Hans-Martin Haller. Denn 2011 (rund 70 Millionen) und 2012 (rund 74 Millionen) hatte das Land noch Zusatzmittel abgerufen und verbaut. Doch Hermann wies am Freitag alle Vorhaltungen zurück, sein Haus habe zum „Schaden des Landes“, so CDU-Verkehrsexpertin Nicole Razavi, gehandelt. „Wir haben 2013 in der gesamten Straßenbauverwaltung 815 Millionen Euro verarbeitet. Mehr geht nicht. Wir haben die Grenzen des Möglichen erreicht.“ Er will sich auch nicht vorwerfen lassen, nicht aufgepasst zu haben. 30 unbefristete Stellen für die Straßenbauverwaltung habe er im Nachtragshaushalt für 2014 noch durchsetzen können, „das ist nicht so einfach, wenn gleichzeitig über den Abbau von Lehrerstellen gestritten wird“. Denn in dem, so Hermann, von Schwarz-Gelb in der Vergangenheit betriebenen Personalabbau im Straßenwesen sieht er eine Hauptursache dafür, dass das Land gegen Ende des Jahres nicht mehr auf Zuruf habe reagieren können. Seit 2001 sank demnach der Personalbestand in der Straßenbauverwaltung um 750 auf noch knapp 1000 Stellen.

Deshalb stellte sich am Freitag auch SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel hinter den von ihm nicht immer gelobten Grünen. „In Teufels Küche“ komme eine über Jahre hinweg „ausgezehrte“ Verwaltung, wenn sich kurzfristig noch Investitionsmöglichkeiten böten. Auch Schmiedel hielt dem Bund vor, noch im November zunächst den Start von zu diesem Zeitpunkt noch möglichen Neubaumaßnahmen abgelehnt zu haben. Erst später sei mitgeteilt worden, es stünden doch noch Mittel bereit. Hermann hatte beteuert: „Wir wollen ja bauen, aber wir können das nicht ohne den Segen des Bundes.“

Für 2014 steht aus Bundesmitteln der Start von drei weiteren Neubaumaßnahmen an – wenn Berlin diese genehmigt. Hermann orientiert sich dabei an der von seinem Haus erarbeiteten Priorisierungsliste. Größter Brocken soll der auf etwa acht Jahre veranschlagte Neubau der B 31 zwischen Immenstaad und Friedrichshafen-Waggershausen sein. Rund 97Millionen Euro soll das Projekt insgesamt kosten. Zusammen mit den noch laufenden Projekten benötigt Hermann rund 200 Millionen Euro vom Bund. 338 Millionen Euro scheinen dagegen für die Sanierung von Straßen und insbesondere auch von Brücken gesichert.

Keine Neubauten plant das Land 2014 bei Landesstraßen. Erst müssten die laufenden Maßnahmen abgeschlossen werden. Dafür stehen laut Staatssekretärin Gisela Splett 39,5Millionen Euro zur Verfügung. Die Liste für später anstehende Neubaumaßnahmen werde im Laufe des Jahres aufgestellt. Weitere 100 Millionen Euro fließen aber auch hier in die Sanierung. In den kommenden Jahren soll dieser Betrag auf jeweils 140 Millionen Euro steigen. „Wir haben den Straßenbau von Anfang an sehr ernst genommen“, betonte Hermann. Eines schloss er aber auch für die Zukunft aus. „Wir werden nicht mit aller Gewalt Baustellen eröffnen, die nicht ausfinanziert sind.“

Als „peinlich“ bezeichneten Razavi und der Ravensburger CDU-Abgeordnete Rudolf Köberle Hermanns Erklärungen. Die FDP empfahl ihm, doch den Titel eines „Radverkehrsministers“ zu führen. Der so gescholtene Grüne empfindet das als „lächerlich“.

Zustand der Landesstraßen besonders schlecht

- Neubau: Drei neue Fernstraßenprojekte sollen 2014 neben den 16 laufenden Maßnahmen in Baden-Württemberg in Angriff genommen werden. Bauanträge hat das Land beim Bund in Berlin eingereicht für die B 31 Immenstaad – Friedrichshafen-Waggershausen, die Westtangente der B 463 bei Pforzheim und die Ortsumgehung Holzgerlingen auf der B 464. Erste Vorbereitungsarbeiten seien bei diesen drei Baustellen auch kurzfristig möglich. Zwei weitere Projekte wurden vorsorglich gemeldet.

- Sanierung: Wichtige Sanierungen stehen unter anderem an auf der A 81 bei Deißlingen und auf der A 7 bei Dettingen und zwischen Berkheim und Altenstadt. Neu geteert werden sollen unter anderem die B 30 zwischen Biberach/Süd und Laupheim/Süd, zwischen Weingarten und Egelsee sowie auf der Ostalb die B 29 zwischen Aufhausen und Bopfingen. In einer ersten Tranche sollen auch rund 50 Landesstraßenabschnitte in Schuss gebracht werden.

- Brücken: Bei den Sanierungen wird sich der Schwerpunkt künftig auf die Brücken verlagern. Diese müssten zum Teil auch für höhere Belastungen hergerichtet werden.

- Straßenzustand: Fast 50 Prozent der Landesstraßen werden derzeit als schlecht oder sehr schlecht eingestuft.

(Erschienen: 07.03.2014 19:00)