Winfried Hermann will es mit seinem Straßenbauprogramm
den Kritikern zeigen
700 Millionen Euro investiert das Land Baden-Württemberg
2014 in die Straßen im Südwesten. Foto: dpa
Baden-Württemberg konnte im
vergangenen Jahr zum ersten Mal seit Langem nicht alle beim Bund für das Land
eingeplanten Mittel verbauen. Mindestens 15 Millionen Euro flossen zurück.
„Peinlich“ nannte das noch am Freitag der SPD-Verkehrsexperte Hans-Martin
Haller. Denn 2011 (rund 70 Millionen) und 2012 (rund 74 Millionen) hatte das
Land noch Zusatzmittel abgerufen und verbaut. Doch Hermann wies am Freitag alle
Vorhaltungen zurück, sein Haus habe zum „Schaden des Landes“, so CDU-Verkehrsexpertin
Nicole Razavi, gehandelt. „Wir haben 2013 in der
gesamten Straßenbauverwaltung 815 Millionen Euro verarbeitet. Mehr geht nicht.
Wir haben die Grenzen des Möglichen erreicht.“ Er will sich auch nicht
vorwerfen lassen, nicht aufgepasst zu haben. 30 unbefristete Stellen für die
Straßenbauverwaltung habe er im Nachtragshaushalt für 2014 noch durchsetzen
können, „das ist nicht so einfach, wenn gleichzeitig über den Abbau von
Lehrerstellen gestritten wird“. Denn in dem, so Hermann, von Schwarz-Gelb in
der Vergangenheit betriebenen Personalabbau im Straßenwesen sieht er eine
Hauptursache dafür, dass das Land gegen Ende des Jahres nicht mehr auf Zuruf
habe reagieren können. Seit 2001 sank demnach der Personalbestand in der
Straßenbauverwaltung um 750 auf noch knapp 1000 Stellen.
Deshalb stellte sich am
Freitag auch SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel hinter den von ihm nicht immer
gelobten Grünen. „In Teufels Küche“ komme eine über Jahre hinweg „ausgezehrte“
Verwaltung, wenn sich kurzfristig noch Investitionsmöglichkeiten böten. Auch
Schmiedel hielt dem Bund vor, noch im November zunächst den Start von zu diesem
Zeitpunkt noch möglichen Neubaumaßnahmen abgelehnt zu haben. Erst später sei
mitgeteilt worden, es stünden doch noch Mittel bereit. Hermann hatte beteuert:
„Wir wollen ja bauen, aber wir können das nicht ohne den Segen des Bundes.“
Für 2014 steht aus
Bundesmitteln der Start von drei weiteren Neubaumaßnahmen an – wenn Berlin
diese genehmigt. Hermann orientiert sich dabei an der von seinem Haus
erarbeiteten Priorisierungsliste. Größter Brocken soll der auf etwa acht Jahre
veranschlagte Neubau der B 31 zwischen Immenstaad und
Friedrichshafen-Waggershausen sein. Rund 97Millionen
Euro soll das Projekt insgesamt kosten. Zusammen mit den noch laufenden
Projekten benötigt Hermann rund 200 Millionen Euro vom Bund. 338 Millionen Euro
scheinen dagegen für die Sanierung von Straßen und insbesondere auch von
Brücken gesichert.
Keine Neubauten plant das
Land 2014 bei Landesstraßen. Erst müssten die laufenden Maßnahmen abgeschlossen
werden. Dafür stehen laut Staatssekretärin Gisela Splett 39,5Millionen Euro zur
Verfügung. Die Liste für später anstehende Neubaumaßnahmen werde im Laufe des
Jahres aufgestellt. Weitere 100 Millionen Euro fließen aber auch hier in die
Sanierung. In den kommenden Jahren soll dieser Betrag auf jeweils 140 Millionen
Euro steigen. „Wir haben den Straßenbau von Anfang an sehr ernst genommen“,
betonte Hermann. Eines schloss er aber auch für die Zukunft aus. „Wir werden
nicht mit aller Gewalt Baustellen eröffnen, die nicht ausfinanziert sind.“
Als „peinlich“ bezeichneten Razavi und der Ravensburger CDU-Abgeordnete Rudolf Köberle
Hermanns Erklärungen. Die FDP empfahl ihm, doch den Titel eines
„Radverkehrsministers“ zu führen. Der so gescholtene Grüne empfindet das als
„lächerlich“.
Zustand
der Landesstraßen besonders schlecht
- Neubau: Drei neue Fernstraßenprojekte sollen
2014 neben den 16 laufenden Maßnahmen in Baden-Württemberg in Angriff genommen
werden. Bauanträge hat das Land beim Bund in Berlin eingereicht für die B 31 Immenstaad – Friedrichshafen-Waggershausen,
die Westtangente der B 463 bei Pforzheim und die Ortsumgehung Holzgerlingen auf
der B 464. Erste Vorbereitungsarbeiten seien bei diesen drei Baustellen auch
kurzfristig möglich. Zwei weitere Projekte wurden vorsorglich gemeldet.
- Sanierung: Wichtige Sanierungen stehen unter
anderem an auf der A 81 bei Deißlingen und auf der A 7 bei Dettingen und
zwischen Berkheim und Altenstadt. Neu geteert werden sollen unter anderem die B
30 zwischen Biberach/Süd und Laupheim/Süd, zwischen Weingarten und Egelsee sowie auf der Ostalb die B 29 zwischen Aufhausen und Bopfingen. In einer
ersten Tranche sollen auch rund 50 Landesstraßenabschnitte in Schuss gebracht
werden.
- Brücken: Bei den Sanierungen wird sich der
Schwerpunkt künftig auf die Brücken verlagern. Diese müssten zum Teil auch für
höhere Belastungen hergerichtet werden.
- Straßenzustand: Fast 50 Prozent der Landesstraßen
werden derzeit als schlecht oder sehr schlecht eingestuft.
(Erschienen: 07.03.2014
19:00)