Die Straße sei nicht
finanzierbar, da es für diese Strecke keine Landesmittel geben werde und sie
der Bodenseekreis selbst nicht finanzieren könne. Von Hahns Einschränkung
gegenüber schwäbische.de, das Land könne „auf Sicht“
keine Landesmittel für die Südumfahrung zur Verfügung
stellen, weil nicht genügend vorhanden seien (die SZ hat darüber berichtet),
war in der Mitteilung keine Rede mehr. Die Relativierung übernahm nun auf
Anfrage stattdessen Edgar Neumann, der Sprecher des Verkehrsministeriums. „Eine
solche Globalaussage kann man zum jetzigen Zeitpunkt nicht treffen“, sagt
Neumann zum angeblichen „Nein“ der Landesregierung zur Co-Finanzierung der Südumfahrung.
Fakt sei, dass die Quote
zur Verteilung der GVFG-Fördermittel umgedreht werden soll. Statt 60 Prozent in
den kommunalen Straßenbau und 40 Prozent in den Radwegebau zu investieren, will
die Landesregierung 60 Prozent für Radwege und 40 Prozent für Straßen ausgeben.
„Für die Jahre 2012 und 2013 wird es deshalb einen Bewilligungsstopp für neue
Straßenbaumaßnehmen geben“, erklärt Neumann. Danach müsse man schauen, wie viel
Geld für welche Straßen vorhanden sei. Was die Südumfahrung
Markdorf betrifft, müsse man ohnehin erst mal die Baureife abwarten. Vorher sei
die Bewilligung von Mitteln gar nicht möglich. „Die Haushaltslage ist
angespannt. Deshalb ist es nicht auszuschließen, dass es darauf hinauslaufen
wird, dass für die Südumfahrung Markdorf keine Mittel
vorhanden sind. Zum jetzigen Zeitpunkt lässt sich das aber seriös nicht
beurteilen“, sagt der Pressesprecher.
Ähnliches gelte für die
Umfahrungen von Bermatingen und Neufrach. „Für beide Straßen gibt es eine
Zusage der alten Landesregierung für das Impulsprogramm“, erklärt Edgar
Neumann. Dieses Programm habe man von der alten Regierung zwar mit einer
Unterfinanzierung übernommen. Dass in den nächsten zehn Jahren keine Mittel für
die Umfahrungen Bermatingen und Neufrach
zur Verfügung stehen werden, könne man jetzt aber noch nicht abschätzen. Auch
für diese Straßen gelte, dass zunächst die Baureife abgewartet werden müsse.
Unabhängig von den
Erläuterungen des Verkehrsministeriums riefen die Aussagen von Martin Hahn
gestern teils heftige Reaktionen hervor. Als „Hammer“ bezeichnete Landrat
Lothar Wölfle das angebliche „Nein“ zur
Co-Finanzierung. „Da stelle ich mir schon die Frage, wie ernst man es mit der
Basisdemokratie nimmt, wenn das Ergebnis eines Bürgerentscheids völlig wurscht ist“, so der Landrat. Ob es möglich wäre, die Südumfahrung auch ohne Landesmittel zu finanzieren, wagt er
zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu beurteilen. „Dazu müssten wir uns im Kreistag
intensiv Gedanken machen“, so Wölfle.
Skeptisch ist in dieser
Hinsicht Bürgermeister Bernd Gerber: „Ohne Landesmittel wird das kaum zu
stemmen sein.“ Falls der Zuschuss von 60 bis 70 Prozent der Gesamtkosten
einfach so gestrichen werde, sei das „ein Unding“. „Einen Bürgerentscheid
einfach so abzubügeln – mein lieber Schwan“, so Gerber. Richtig sauer war der
Bürgermeister zudem, weil er die Neuigkeiten aus Stuttgart nicht direkt,
sondern durch die Presse erfahren hat: „Das ist ein ganz neuer Politikstil, der
nichts Gutes erahnen lässt.“
Als „stillos“ bezeichnet
dieses Vorgehen CDU-Landtagsabgeordneter Ulrich Müller. Ein „Nein“ zur Südumfahrung Markdorf wäre aus seiner Sicht gar
„menschenverachtend“. „Wer sich gegen diese Ortsumfahrung ausspricht,
versündigt sich an den Menschen, die hier leben“, sagt Müller und bezieht das
auch auf die Umfahrungen Bermatingen und Neufrach. Eine Zusage der Landesmittel für die Südumfahrung Markdorf habe es entgegen der Darstellung von
Martin Hahn sehr wohl gegeben. Er selbst habe die Straße im Jahr 2004 in des GVFG-Programm nachrichtlich aufgenommen.
Das Argument, dass zu wenig
Geld vorhanden sei, lässt Ulrich Müller nicht gelten. „Es ist die eigene
politische Entscheidung der Landesregierung, wie viel Geld sie für den
Straßenbau zur Verfügung stellen möchte“, so der Christdemokrat. Die
Entscheidung gegen den Straßenbau sei „hochgradig ideologisch“. Er hoffe, dass
es in der Bevölkerung einen Sturm des Protests gegen diese „Wahnsinnspolitik“
geben werde.
Der Vorsitzende der
SPD-Kreistagsfraktion, Norbert Zeller, hält die Umfahrungen Markdorf und Bermatingen für „unumgänglich“. Auch in Kluftern
müsse klar sein: Wer zu dem Mediationsverfahren Ja
sage, müsse auch das Ergebnis mittragen. Er stellt diese Vorhaben aber in einen
Zusammenhang mit der B 31-Umfahrung Friedrichshafen. Je länger diese
hinausgezögert werde, desto schwieriger werde es in Markdorf, Kluftern und Bermatingen.
(Erschienen: 18.01.2012 23:00)