Hahns Vorschlag, die B 31
neu in abgespeckter Form zu bauen, hält der OB für höchst zweifelhaft. Wie er
dazu gekommen ist, sei ihm ein Rätsel. „Wir haben einen rechtskräftigen
Planfeststellungsbeschluss, und jede Änderung daran würde ein neues Verfahren
und damit eine neue Debatte in Gang setzen, die uns wieder um Jahre zurückwirft“,
sage Brand. Das könne nicht im Interesse der Stadt sein. Ein Argument, den Bau
der Umgehung zu beschleunigen, sei Hahns Vorschlag jedenfalls nicht. „Ich
erwarte von ihm, dass er klar sagt, ob er zum regionalen Konsens steht oder
nicht“, so der OB.
Nach dieser neuen
Verunsicherung hält es Brand für höchste Zeit, dass sich auch der
Koalitionspartner zu dem Thema äußert. Regional bestehe ja Konsens mit der SPD,
dass B 30 und B 31 höchste Priorität haben. Auf Landesebene sei da wohl einiges
durcheinander geraten. Der stellvertretende Ministerpräsident Nils Schmid (SPD)
sollte sich in seiner Funktion als Finanz- und Wirtschaftsminister Gehör
verschaffen.
Müller: Ideologisch
motiviert
„Indiskutabel, absolut
schädlich für die Region und rein ideologisch motiviert“, seien die Vorschläge
seines Kollegen sagte Landtagsabgeordneter Ulrich Müller (CDU) und sprach von
einem „unglaublichen Schwenk“ in der Verkehrspolitik des Landes, einer Ignoranz
gegenüber dem Willen des Volkes und Ahnungslosigkeit. Ob diese Politik vom Koalitionspartner
SPD so mitgetragen werde, bezweifelt Müller schwer.
„Wer von vorn herein sage,
er wolle keine neuen Straßen bauen, sollte sich mit dem Argument, es ist ja
kein Geld da, zurückhalten“, sagte der CDU-Abgeordnete. Es sei eine politische
Entscheidung, jedes andere Argument sei nachgeschoben. Von Hahns Vorschlag, die
B 31 Friedrichshafen-Immenstaad in abgespeckter Form nur zweispurig zu bauen
hält der ehemalige Landesverkehrsminister nichts. „Das ist völliger Unsinn.“
Müller erinnerte daran, das die Planfeststellung für die Fortsetzung der B
31-Umfahrung nach Westen in der 80er Jahren unter anderem daran gescheitet sei,
dass nur zweispurig geplant wurde. Er sieht in dem neuen Vorschlag eine
„bemerkenswerte Parallelität zur grünen Basis“, die eine vierspurige Umfahrung
nie wollte.
Was sie Grünen von direkter
Demokratie halten, wenn’s drauf ankommt, könne man an der Absage für die
weiteren Umfahrungen ablesen. Die Bürgerentscheide in Markdorf und Bermatingen spielten für sie keine Rolle. „Für wen bauen
wir denn in Friedrichshafen, Überlingen, Markdorf, Bermatingen,
Neufrach und Kehlen“, fragt Müller. „Doch in erster
Linie für die Bürger.“ Für ihn sei es bitter, mitansehen
zu müssen, wie seine Bemühungen zunichte gemacht würden.
Wölfle: Falscher Weg
Landrat Lothar Wölfle bezeichnet die Aussagen von Martin Hahn zur B 31 als
„neue Form des Schwarzer-Peter-Spiels“. Von dem
Kompromissvorschlag einer abgespeckten Zwischenlösung für Friedrichshafen mit
nur zwei Spuren hält er überhaupt nichts. „Das ist nicht zielführend,
weil wir die Straße in der geplanten Dimensionierung brauchen. Wenn es daran
Zweifel gegeben hätte, hätte der Verwaltungsgerichtshof den
Planfeststellungsbeschluss nicht bestätigt“, so Wölfle.
Und: Nicht umsonst gebe es Überlegungen, die B 31 zwischen Lindau und
Friedrichshafen dreispurig auszubauen. „Wir brauchen die geplante
Größenordnung.“ Indem man ein Problem leugne, löse man es nicht. „Der ehemalige
Ministerpräsident Erwin Teufel hat mal gesagt: Politik fängt mit dem Betrachten
der Wirklichkeit an“, so der Landrat. Die Forderung von Martin Hahn, sich im
Bodenseekreis voll und ganz auf die B 31 zu konzentrieren, hält Lothar Wölfle ebenfalls für den falschen Weg, da der Planungsfall
7,5 als Ersatz für die seinerzeit abgelehnte Bodenseeautobahn eben nicht nur
die Bundesstraße enthalte, sondern auch Landes- und Kreisstraßen.
Zeller: Nicht
vertretbar
Nicht einverstanden mit den
Ausführungen Hahns ist auch der ehemalige SPD-Landtagsabgeordnet
und Vorsitzende der Kreistagsfraktion, Norbert Zeller. „Die B 31 nur zweispurig
zu bauen, wäre angesichts der Verkehrsmengen nicht vertretbar“, sagt Zeller. Ob
eine abgespeckte Variante überhaupt machbar wäre, ohne dass ein neues
Planfeststellungsverfahren notwendig würde, bezweifelt Zeller.
Für „unumgänglich“ hält er
im Gegensatz zu Hahn die Umfahrungen Bermatingen und
Markdorf. Bezüglich der ebenfalls umstrittenen Umfahrung Kluftern
verweist er auf das Mediationsverfahren. Wer diesem
zustimme, müsse am Ende auch das Ergebnis akzeptieren. Das Kernproblem des
Straßenbaus sieht Zeller aber nicht im Koalitionspartner in Stuttgart –„solche
Differenzen muss eine Koalition aushalten“ -, sondern in Berlin. „Von dort
kommen bis dato nur heiße Luft und faule Ausreden“, schimpft Zeller. Selbst die
Prüfung der privaten Vorfinanzierung kriege man dort nicht auf die Reihe.
(Erschienen: 18.01.2012 23:00)