Finanzierung der Südumfahrung wackelt

von Jens Lindenmüller

Markdorf Steht die Südumfahrung Markdorf vor dem Aus? Diesen Eindruck hat am Dienstagnachmittag in einem Pressegespräch der Landtagsabgeordnete Martin Hahn (Bündnis 90 / Die Grünen) vermittelt. Eine Co-Finanzierung mit GVFG-Mitteln des Landes werde es für die Südumfahrung Markdorf nicht geben, sagte Hahn. Oder anders ausgedrückt: Das Land wird sich an den Kosten für die Südumfahrung, die aktuell auf 18 Millionen Euro geschätzt werden, nicht beteiligen. Eine verbindliche Zusage habe es laut Verkehrsministerium auch zu Zeiten von Schwarz-Gelb nie gegeben. „Wir Grünen im Kreis haben die Südumfahrung Markdorf von Anfang an hart bekämpft, weil sie zum einen ein Torso, zum anderen eigentlich eine Bundesstraße ist und den Kreishaushalt in einer Art und Weise belasten würde, die nicht darstellbar ist“, so Hahn.

Sowohl Bürgermeister Bernd Gerber als auch Landrat Lothar Wölfe reagierten am Abend geschockt auf die Ankündigung von Martin Hahn, von der beide erst durch die Schwäbische Zeitung erfuhren. „Ich bin völlig konsterniert. Ich kann das fast nicht glauben“, so Gerber. Die Reaktion des Landrats: „Wenn das wirklich stimmt, ist das der Hammer.“ Stimmt es denn wirklich? Auf erneute Nachfrage der SZ relativierte ein verunsicherter Martin Hahn am Abend seine am Nachmittag mehrfach wiederholten, eigentlich unmissverständlichen Aussagen. Ob das Land sich an den Kosten generell nicht beteiligen werde, könne er zum jetzigen Zeitpunkt nicht beurteilen, hieß es plötzlich. Fakt sei, dass nach aktuellem Stand der Dinge „auf Sicht“ keine Mittel vorgesehen seien.

Das wiederum entspricht der Ankündigung von Winfried Hermann in einem Brief an Landräte und Bürgermeister, in dem der Verkehrsminister kurz vor Weihnachten mitgeteilt hatte, dass es in den nächsten zwei Jahren keine GVFG-Mittel für neue Straßen geben werde. Ob die Landesregierung darüber hinaus plant, die Mittel für die Südumfahrung tatsächlich komplett zu streichen, ließ sich am Dienstag nicht mehr verifizieren.

Zumindest in weite Ferne gerückt sind laut Martin Hahn die Umfahrungen Bermatingen und Neufrach. Nachdem die Landesregierung angekündigt hat, noch in diesem Jahr eine Prioritätenliste nicht nur für Bundes-, sondern auch für Landesstraßen zu erstellen, geht der Überlinger Abgeordnete davon aus, dass die beiden Straßen so weit nach hinten rücken werden, dass mit einem Baubeginn innerhalb der nächsten zehn Jahre nicht zu rechnen ist. Grund: ein im Vergleich zu anderen Landesstraßen zu geringes Verkehrsaufkommen. Die Belastung in Bermatingen und Neufrach könnte man nach Einschätzung von Martin Hahn auch mit Maßnahmen wie Tempo 30 und Flüsterasphalt in den Griff bekommen.

Zumal, wenn in ein paar Jahren die B31-Abschnitte Überlingen und Friedrichshafen gebaut sind. In dieser Hinsicht gab sich Hahn vergleichsweise zuversichtlich. Schneller voran gehen soll’s mit der B 31 dank Priorisierung der Straßenbauprojekte. Hahn sieht gute Chancen, dass die B 31 ganz weit oben in der Liste stehen wird, weil neben Verkehrsaufkommen und Belastung der Anwohner auch berücksichtigt werden soll, dass der Bodenseekreis ein Zuzugsgebiet ist und künftig bleibt – was mehr Verkehr zur Folge hat und die Dringlichkeit der neuen Bundesstraße erhöht.

Hahns relativer Optimismus hat allerdings auch einen Haken: „Wenn wir schnell zum Zug kommen wollen, müssen wir innerhalb der Planfeststellung abspecken.“ Aus der Sicht von Hahn könnte das zum Beispiel bedeuten, dass die B 31 westlich des Riedleparktunnels erst mal nur zweispurig weitergebaut und der Bau der Knoten zunächst zurückgestellt wird. „Wir brauchen möglichst schnell eine Entlastung, keine Fantasien“, so Hahn. Seine Hoffnung geht dahin, dass in drei Jahren in Überlingen der Spatenstich erfolgen kann und spätestens zu Beginn der nächsten Legislaturperiode in Friedrichshafen. Dafür sei es aber erforderlich, dass alle Beteiligten sich auf den beschriebenen Kompromiss verständigen, sprich: eine abgespeckte Zwischenlösung. Eines scheint jetzt schon sicher: Für Jubelstürme wird dieser „Kompromiss“ in Friedrichshafen eher nicht sorgen. Der Besuch von Verkehrsminister Winfried Hermann bei Oberbürgermeister Andreas Brand steht ja noch aus – und ist laut Hahn nach wie vor geplant. Einen Termin gibt‘s aber noch nicht.

(Erschienen: 17.01.2012 23:00)