Sowohl Bürgermeister Bernd Gerber als auch Landrat Lothar Wölfe reagierten
am Abend geschockt auf die Ankündigung von Martin Hahn, von der beide erst
durch die Schwäbische Zeitung erfuhren. „Ich bin völlig konsterniert. Ich kann
das fast nicht glauben“, so Gerber. Die Reaktion des Landrats: „Wenn das
wirklich stimmt, ist das der Hammer.“ Stimmt es denn wirklich? Auf erneute
Nachfrage der SZ relativierte ein verunsicherter Martin Hahn am Abend seine am
Nachmittag mehrfach wiederholten, eigentlich unmissverständlichen Aussagen. Ob
das Land sich an den Kosten generell nicht beteiligen werde, könne er zum
jetzigen Zeitpunkt nicht beurteilen, hieß es plötzlich. Fakt sei, dass nach
aktuellem Stand der Dinge „auf Sicht“ keine Mittel vorgesehen seien.
Das wiederum entspricht der Ankündigung von Winfried Hermann in einem Brief
an Landräte und Bürgermeister, in dem der Verkehrsminister kurz vor Weihnachten
mitgeteilt hatte, dass es in den nächsten zwei Jahren keine GVFG-Mittel für neue
Straßen geben werde. Ob die Landesregierung darüber hinaus plant, die Mittel
für die Südumfahrung tatsächlich komplett zu
streichen, ließ sich am Dienstag nicht mehr verifizieren.
Zumindest in weite Ferne gerückt sind laut Martin Hahn die Umfahrungen Bermatingen und Neufrach. Nachdem
die Landesregierung angekündigt hat, noch in diesem Jahr eine Prioritätenliste
nicht nur für Bundes-, sondern auch für Landesstraßen zu erstellen, geht der
Überlinger Abgeordnete davon aus, dass die beiden Straßen so weit nach hinten
rücken werden, dass mit einem Baubeginn innerhalb der nächsten zehn Jahre nicht
zu rechnen ist. Grund: ein im Vergleich zu anderen Landesstraßen zu geringes
Verkehrsaufkommen. Die Belastung in Bermatingen und Neufrach könnte man nach Einschätzung von Martin Hahn auch
mit Maßnahmen wie Tempo 30 und Flüsterasphalt in den Griff bekommen.
Zumal, wenn in ein paar Jahren die B31-Abschnitte Überlingen und
Friedrichshafen gebaut sind. In dieser Hinsicht gab sich Hahn vergleichsweise
zuversichtlich. Schneller voran gehen soll’s mit der B 31 dank Priorisierung der Straßenbauprojekte. Hahn sieht gute
Chancen, dass die B 31 ganz weit oben in der Liste stehen wird, weil neben
Verkehrsaufkommen und Belastung der Anwohner auch berücksichtigt werden soll,
dass der Bodenseekreis ein Zuzugsgebiet ist und künftig bleibt – was mehr Verkehr
zur Folge hat und die Dringlichkeit der neuen Bundesstraße erhöht.
Hahns relativer Optimismus hat allerdings auch einen Haken: „Wenn wir
schnell zum Zug kommen wollen, müssen wir innerhalb der Planfeststellung
abspecken.“ Aus der Sicht von Hahn könnte das zum Beispiel bedeuten, dass die B
31 westlich des Riedleparktunnels erst mal nur zweispurig weitergebaut und der
Bau der Knoten zunächst zurückgestellt wird. „Wir brauchen möglichst schnell
eine Entlastung, keine Fantasien“, so Hahn. Seine Hoffnung geht dahin, dass in
drei Jahren in Überlingen der Spatenstich erfolgen kann und spätestens zu
Beginn der nächsten Legislaturperiode in Friedrichshafen. Dafür sei es aber
erforderlich, dass alle Beteiligten sich auf den beschriebenen Kompromiss
verständigen, sprich: eine abgespeckte Zwischenlösung. Eines scheint jetzt
schon sicher: Für Jubelstürme wird dieser „Kompromiss“ in Friedrichshafen eher
nicht sorgen. Der Besuch von Verkehrsminister Winfried Hermann bei
Oberbürgermeister Andreas Brand steht ja noch aus – und ist laut Hahn nach wie
vor geplant. Einen Termin gibt‘s aber noch nicht.
(Erschienen:
17.01.2012 23:00)