Stadtnachrichten Markdorf

Bürgerbeteiligung wird zur One-Man-Show

Von Jens Lindenmüller

Markdorf Ob Verkehrsprognose oder Lärmgutachten, ob Landschaftsbild oder Artenschutz: Rund um das Thema Südumfahrung gibt es praktisch keinen Themenkomplex, zu dem Frieder Staerke vom BUND nicht mindestens eine Handvoll Fragen oder Einwendungen parat hat. Und so gerät der zweite Tag der Erörterungsverhandlung – wie schon der erste – in weiten Teilen zur One-Man-Show. Zumal außer Staerke und ein paar weiteren Vertretern verschiedener Organisationen und Initiativen erneut kaum jemand in die Stadthalle gekommen ist. Auf den Zuhörerplätzen herrscht gähnende Leere.

Dass Staerke mit seinem permanenten Nachbohren bis ins allerletzte, klitzekleinste Detail der Planung und seiner fast schon provokant ruhigen und emotionsfreien Art des Vortrags dem einen oder anderen Behördenvertreter ganz gewaltig auf den Keks geht, ist nicht zu übersehen. Vor allem Rechtsanwalt Klaus-Peter Dolde, der das Landratsamt vertritt, reagiert auf fast jedes Nachhaken ziemlich gereizt. Dennoch bleibt ihm und den anderen Vertretern des Landratsamtes und der verschiedenen Fachbüros nichts anderes übrig, als Staerke fragen und reden, reden und fragen zu lassen. Es ist sein gutes Recht, und er nutzt es weidlich aus.

Beim Thema Lärm platzt einem einzelnen Zuhörer irgendwann der Kragen. Er ist Anwohner der B 33. „Ihr sprecht hier immer von Dingen, die Euch selbst gar nicht betreffen. Um uns kümmert Ihr Euch überhaupt nicht“, schimpft er in Richtung Frieder Staerke und der anderen Kritiker der Südumfahrung. Laut Berechnung des Ingenieurbüros Modus Consult würde die Südumfahrung die für das Jahr 2025 berechnete Lärmbelastung in der Kernstadt Markdorfs um zwei bis vier Dezibel (dB(A)) reduzieren. Über der Grenze zur Gesundheitsgefährdung, die tagsüber bei 70 dB(A) liegt, läge die Belastung dann allerdings immer noch, weshalb Claus Kiener von Modus Consult betonte, dass zur weiteren Beruhigung Maßnahmen im Rahmen des Lärmaktionsplans erforderlich seien. Weil die Südumfahrung als alleinige Maßnahme das Verkehrsaufkommen in Ittendorf und Stetten leicht erhöhen und dadurch auch hier die Grenze von 70 dB(A) überschritten wird, besteht laut neuem Lärmgutachten für eine ganze Reihe von Wohnhäusern in den beiden Orten Anspruch auf passiven Lärmschutz.

Am Nachmittag stehen Belange des Natur- und Landschaftsschutzes im Mittelpunkt der Verhandlung. Allein die Diskussion über die Bachmuschel dauert weit länger als eine Stunde. Für Franz Beer vom BUND ist das possierliche Tierchen eine „Perle der Stadt Markdorf“. Die geplante vorübergehende Umsiedlung von etwa 3000 Exemplaren innerhalb des Lipbachs sieht er kritisch. Wenn diese in einen anderen Teilabschnitt des Bachs eingesetzt würden, in dem die Dichte an Bachmuscheln wesentlich geringer ist, sieht Beer die Gefahr eines schleichenden Aussterbens. Daran kann auch die Einschätzung von Jürgen Trautner von der Arbeitsgruppe für Tierökologie und Planung J. Trautner - „Die Wahrscheinlichkeit des Erfolgs ist sehr hoch“ – nichts ändern. Laut Beer ist die Bachmuschel für eine solche Einschätzung noch nicht ausreichend erforscht. „Die Aufgabe eines Fachgutachters kann nicht sein, wissenschaftliche Grundlagenforschung zu betreiben“, entgegnet schließlich Norbert Schültke, Leiter des Dezernats Umwelt & Technik im Landratsamt.

Und was ist nun das Ergebnis der Erörterungsverhandlung, die gestern Abend zu Ende ging? Schwer zu sagen. Frieder Staerke, Franz Beer und ihre Mitstreiter haben dem Regierungspräsidium Tübingen jedenfalls ein ganze Reihe weiterer Hausaufgaben mitgegeben. Die eine oder andere Frage gilt es noch zu klären. Ob das letztendlich dazu führen wird, dass der Planentwurf noch ein drittes Mal öffentlich ausgelegt werden muss, bleibt abzuwarten.

(Erschienen: 08.12.2011 23:00)