Erörterungsverhandlung zur Südumfahrung beginnt hitzig

Von Jens Lindenmüller

Markdorf Verkehrsprognosen sind eine knifflige Angelegenheit. Vor allem dann, wenn rund um die Straßen, um die es dabei geht, noch weitere Straßen geplant sind, die die Verkehrsströme beeinflussen würden, von denen aber niemand so genau weiß, wann, in welcher Reihenfolge oder ob sie überhaupt jemals gebaut werden. In seinem Verkehrsgutachten zur Südumfahrung Markdorf hat das Ingenieurbüro Modus Consult deshalb mehrere Szenarien durchgespielt und untersucht, wo in welchem Fall im Jahr 2025 wie viel Verkehr zu erwarten ist.

Schon allein um die Frage, welche unterschiedlichen Szenarien im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens zur Südumfahrung Markdorf untersucht werden müssen, entbrannte sich am Mittwoch zum Auftakt der Erörterungsverhandlung in der Stadthalle die erste hitzige Diskussion zwischen Planern einerseits und Gegnern der Straße andererseits.

Doch der Reihe nach: Szenario eins, das Helmut Siebrand, Geschäftsführer von Modus Consult, vorstellte, ist der sogenannte Nullfall: Wenn überhaupt keine neue Straße gebaut wird, geht das Ingenieurbüro davon aus, dass im Jahr 2025 täglich 26 000 Fahrzeuge durch die Markdorfer Kernstadt, 14 600 durch Ittendorf und 18 000 durch Leimbach und Hepbach rollen würden. Allein durch die Südumfahrung, ohne andere Maßnahmen, würde sich die Belastung in der Kernstadt auf die Hälfte reduzieren – was für die Planer Beleg genug ist, dass die neue Straße auch allein verkehrswirksam ist. In den Mittelpunkt der kontroversen Diskussion rückte rasch die Frage, was den „worst case“, also die schlimmstmögliche Mehrbelastung für Ittendorf und Stetten bedeuten würde. Aus der Sicht von Helmut Siebrand ist das eindeutig: Wenn neben der Markdorfer Umfahrung auch jene von Bermatingen und Kluftern fertiggestellt sind, außerdem die B30 neu zwischen Ravensburg und Friedrichshafen und die B 31 Friedrichshafen inklusive zweiter Röhre im Riedleparktunnel. Ohne B31-Teilstück zwischen Immenstaad und Überlingen gehen die Experten dann von zusätzlich 3900 Fahrzeugen pro Tag in Ittendorf und Stetten aus – weil sich ein Teil des B31-Verkehrs verlagern würde.

Fritz Käser von der Interessengemeinschaft Verkehrsneuplanung Ittendorf und Frieder Staerke vom BUND sind allerdings davon überzeugt, dass es für Ittendorf noch wesentlich schlimmer kommen könnte. Nämlich dann, wenn die zweite Röhre im Riedleparktunnel und die B 30 neu noch deutlich länger auf sich warten lassen – wovon nach heutigem Stand der Dinge auszugehen ist. „Wenn man sich die Prioritätenlisten anschaut, ist dieser Fall naheliegend“, so Staerke. Er wie auch Käser kritisierten, dass Modus Consult dieses Szenario nicht untersucht hat. „Nicht notwendig“ ist dies aus Sicht von Helmut Siebrand. Eine einleuchtende Begründung dafür blieb er allerdings schuldig. Nachvollziehbar war die Argumentation von Käser und Staerke zumindest für Petra Stark vom Regierungspräsidium Tübingen. Die Leiterin der Erörterungsverhandlung sagte zu, dass man nochmal prüfen werde, welche Planungsfälle zusätzlich dargestellt werden müssen.

Zu Beginn der Verhandlung hatten sowohl Markdorfs Bürgermeister Bernd Gerber als auch Landrat Lothar Wölfle noch einmal kräftig für die Südumfahrung geworben. „Das ist ein extrem wichtiges Projekt für die Stadt, die Region und die Anwohner der B33, das unbedingt realisiert werden muss“, konstatierte Gerber. Wölfle betonte, dass man die Einwendungen – insgesamt 2200 – sehr ernst genommen habe. „Wir haben diese Einwendungen sehr sorgfältig geprüft und abgewogen, haben in diesem Jahr nochmal zusätzliche Gutachten in Auftrag gegeben und können nun ein gutes Ergebnis vorlegen“, so der Landrat. Die Entlastung Markdorfs und die Verbesserung des Straßennetzes im Bodenseekreis würden das, was an Belastung neu entstehe, deutlich überwiegen. Ab 9 Uhr wird die öffentliche Verhandlung heute in der Stadthalle fortgesetzt.

(Erschienen: 07.12.2011 20:00)