Aufregung: Südbahn-Elektrifizierung vor dem Aus

 

Friedrichshafen / sz (vin/tük)- Hiobsbotschaft für die Region: Für die Elektrifizierung der Südbahn zwischen Ulm und Lindau ist in den nächsten fünf Jahren kein Geld da. Das berichtet die Süddeutsche Zeitung unter Berufung auf den Entwurf zum Investitionsrahmenplan, den Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) bald vorlegen will. Zahlreiche Schienen- und Straßenprojekte sind demnach aus Geldmangel gestrichen worden. Nach Informationen der Schwäbischen Zeitung sind jedoch die B31 Friedrichshafen sowie die Ravensburger Ortsumfahrung B30 Süd weiter im Fünf-Jahres-Plan enthalten. Allerdings wird mit beiden Projekten wohl nicht im kommenden Jahr begonnen. Im Entwurf für den Bundeshaushalt 2012 (Einzelplan 12) sind sie jedenfalls nicht vorgesehen.

Die Elektrifizierung der Südbahn, im letzten Fünf-Jahres-Plan noch enthalten, wurde nach SZ-Informationen mit zahlreichen anderen Projekten dezidiert herausgestrichen. „Gründe hierfür sind unter anderem sehr frühe Planungsstände und erforderliche Neuplanungen“, heißt es dazu nur lapidar.

Schockiert äußerte sich der Regionalverbandsvorsitzende Hermann Vogler (CDU). „Das wäre ein Affront erster Klasse“, meint er. Vogler erinnert an ein Treffen aller oberschwäbischen Landräte und Oberbürgermeister zwischen Ulm und Lindau im Bundesverkehrsministerium vor zehn Monaten. „Damals wurde die 50/50-Finanzierung ausgehandelt und es hieß, wenn das Land erst mal die ersten 70 Millionen Euro finanzieren würde, würde der Bund schon die andere Hälfte nachlegen.“

„Ich bin entsetzt“, sagt Bundestagsabgeordneter Lothar Riebsamen (CDU), der ebenfalls auf das Treffen in Berlin verweist. Damals habe es im Ministerium die Zusage gegeben, dass mit den Elektrifizierungsplänen begonnen werden könne. Seinen Informationen zufolge handele es sich bei dem Entwurf um ein vorläufiges nicht abgestimmtes Konzept, eine Streichliste gebe es nicht. Erst im Mai habe Eckart Fricke, Konzernbevollmächtigter der Deutschen Bahn für Baden-Württemberg, ihm und seinen Kollegen Andreas Schockenhoff (Ravensburg) und Josef Rief (Biberach) vor Ort erklärt, welche baulichen Maßnahmen mit dem Ausbau einhergehen. Ab Herbst sollten die Planfeststellungsverfahren eingeleitet werden: „Diesen Termin hätte die Bahn sicher nicht gemacht, wenn die Elektrifizierung jetzt gestrichen würde“, beruhigt Riebsamen.

„Das will und kann ich nicht glauben“, sagt Landtagsabgeordneter Ulrich Müller (CDU) fassungslos. Wer die Streichung entschieden habe, müsse ohne Kenntnis der Vorgeschichte, der politischen Zusagen und ohne die Region entschieden haben. Denn bei der geplanten Elektrifizierung der Südbahn komme so ziemlich alles zusammen, was für das Projekt spreche: „Es ist ein uraltes Anliegen, die Region ist engagiert, es gibt finanzielle Zusagen – wenn das wirklich passiert, muss das korrigiert werden“, sagt Müller.

Für Martin Hahn (Grüne) bestätigt sich nun „leider das, was in der Stuttgart-21-Auseinandersetzung immer wieder Thema war“. Das Geld sei zwar da, doch die Konkurrenz zu den kleineren Projekten eben auch: „An dem Punkt habe ich nicht gerne recht“, so der Landtagsabgeordnete. Doch nun gebe es offenbar den Vorzug eines problematischen Projekts vor einem völlig unumstrittenen, „von dem alle politischen Gruppen sagen, wir brauchen es.“ Wenn sich die Nachricht bewahrheite, gebe es ein massives Problem für die Region. „Die Elektrifizierung der Südbahn ist schließlich die Grundlage, um mit unserer Verkehrsmisere weiterzukommen“, so Hahn.

„Wenn so ein Papier im Bundesverkehrsministerium existiert, wäre das aus meiner Sicht ein eklatanter Wortbruch“, sagt Friedrichshafens Oberbürgermeister Andreas Brand . Schließlich habe es bei dem Treffen in Berlin die Zusage gegeben, dass die Elektrifizierung notwendig, sinnvoll und wegen der neuen Schweizer Eisenbahn-Alpentransversale Neat Teil internationaler Verpflichtungen sei, so Brand.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Martin Gerster aus Biberach bezeichnet die Nachricht als „Armutszeugnis für Schwarz-Gelb“: „Wenn die Meldungen zutreffen, droht sich der Ausbau um mindestens fünf Jahre zu verzögern.“ Auch bei B 30 und B 31 sieht Gerster kein Vorankommen: „Die Anlieger und Autofahrer werden von Jahr zu Jahr vertröstet und mit teilweise unrealistischen Überlegungen einer privaten Vorfinanzierung hingehalten.“ Tatsächlich herrsche Stillstand.

(Erschienen: 09.09.2011 18:35)