Die Elektrifizierung der Südbahn, im letzten Fünf-Jahres-Plan noch
enthalten, wurde nach SZ-Informationen mit zahlreichen anderen Projekten
dezidiert herausgestrichen. „Gründe hierfür sind unter anderem sehr frühe
Planungsstände und erforderliche Neuplanungen“, heißt es dazu nur lapidar.
Schockiert äußerte sich der Regionalverbandsvorsitzende Hermann Vogler (CDU). „Das wäre ein
Affront erster Klasse“, meint er. Vogler erinnert an ein Treffen aller
oberschwäbischen Landräte und Oberbürgermeister zwischen Ulm und Lindau im
Bundesverkehrsministerium vor zehn Monaten. „Damals wurde die
50/50-Finanzierung ausgehandelt und es hieß, wenn das Land erst mal die ersten
70 Millionen Euro finanzieren würde, würde der Bund schon die andere Hälfte
nachlegen.“
„Ich bin entsetzt“, sagt Bundestagsabgeordneter Lothar Riebsamen
(CDU), der ebenfalls auf das Treffen in Berlin verweist. Damals habe es im
Ministerium die Zusage gegeben, dass mit den Elektrifizierungsplänen begonnen
werden könne. Seinen Informationen zufolge handele es sich bei dem Entwurf um
ein vorläufiges nicht abgestimmtes Konzept, eine Streichliste gebe es nicht. Erst
im Mai habe Eckart Fricke, Konzernbevollmächtigter der Deutschen Bahn für
Baden-Württemberg, ihm und seinen Kollegen Andreas Schockenhoff
(Ravensburg) und Josef Rief (Biberach) vor Ort erklärt, welche baulichen
Maßnahmen mit dem Ausbau einhergehen. Ab Herbst sollten die
Planfeststellungsverfahren eingeleitet werden: „Diesen Termin hätte die Bahn
sicher nicht gemacht, wenn die Elektrifizierung jetzt gestrichen würde“,
beruhigt Riebsamen.
„Das will und kann ich nicht glauben“, sagt Landtagsabgeordneter Ulrich Müller (CDU) fassungslos. Wer
die Streichung entschieden habe, müsse ohne Kenntnis der Vorgeschichte, der
politischen Zusagen und ohne die Region entschieden haben. Denn bei der
geplanten Elektrifizierung der Südbahn komme so ziemlich alles zusammen, was
für das Projekt spreche: „Es ist ein uraltes Anliegen, die Region ist
engagiert, es gibt finanzielle Zusagen – wenn das wirklich passiert, muss das
korrigiert werden“, sagt Müller.
Für Martin Hahn (Grüne)
bestätigt sich nun „leider das, was in der Stuttgart-21-Auseinandersetzung
immer wieder Thema war“. Das Geld sei zwar da, doch die Konkurrenz zu den
kleineren Projekten eben auch: „An dem Punkt habe ich nicht gerne recht“, so
der Landtagsabgeordnete. Doch nun gebe es offenbar den Vorzug eines
problematischen Projekts vor einem völlig unumstrittenen, „von dem alle
politischen Gruppen sagen, wir brauchen es.“ Wenn sich die Nachricht
bewahrheite, gebe es ein massives Problem für die Region. „Die Elektrifizierung
der Südbahn ist schließlich die Grundlage, um mit unserer Verkehrsmisere
weiterzukommen“, so Hahn.
„Wenn so ein Papier im Bundesverkehrsministerium existiert, wäre das aus
meiner Sicht ein eklatanter Wortbruch“, sagt Friedrichshafens Oberbürgermeister
Andreas Brand . Schließlich habe es
bei dem Treffen in Berlin die Zusage gegeben, dass die Elektrifizierung
notwendig, sinnvoll und wegen der neuen Schweizer Eisenbahn-Alpentransversale Neat Teil internationaler Verpflichtungen sei, so Brand.
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Martin
Gerster aus Biberach bezeichnet die Nachricht als
„Armutszeugnis für Schwarz-Gelb“: „Wenn die Meldungen zutreffen, droht sich der
Ausbau um mindestens fünf Jahre zu verzögern.“ Auch bei B 30 und B 31 sieht
Gerster kein Vorankommen: „Die Anlieger und Autofahrer werden von Jahr zu Jahr
vertröstet und mit teilweise unrealistischen Überlegungen einer privaten
Vorfinanzierung hingehalten.“ Tatsächlich herrsche Stillstand.
(Erschienen:
09.09.2011 18:35)