Südumfahrung Markdorf: Anwalt legt die Begründung vor

Es geht weiter in Sachen Südumfahrung Markdorf: Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist nun mit der Begründung des Anwalts komplettiert. Die Klägerseite rechnet mit Wiederaufnahme des Verfahrens in der nächsten Instanz am Verwaltungsgerichtshof Mannheim.

Markdorf – Nun liegt der Ball beim Verwaltungsgerichtshof Mannheim: Rechtsanwalt Tobias Lieber, der die Klägerseite um den von Pro Kluftern unterstützten Klufterner Landwirt vertritt, hat die Begründung seines Antrags auf Zulassung der Berufung gegen das Südumfahrung-Urteil eingereicht. Damit hat der VGH nun "Stoff", um über den Antrag, den Lieber abgesandt hatte, zu befinden. Das Verwaltungsgericht Sigmaringen hatte bekanntlich Ende Januar die Klage des Klufterner Landwirts gegen die Planfeststellung der Südumfahrung Markdorf abgewiesen. Damit hatte sich die Klägerseite aber nicht abgefunden und recht bald danach bereits angekündigt, die Wiederaufnahme des Verfahrens anstreben zu wollen. Bereits in einer ersten Stellungnahme gegenüber dieser Zeitung nach dem Urteilsspruch hatte Lieber angedeutet, dass er eine Berufung ins Auge fassen würde. Lieber hatte seinerzeit gesagt, dass die ungewöhnliche Ausführlichkeit der Urteilsbegründung auf 70 Seiten für ihn ein Indiz dafür sei, dass auch das Gericht es sich nicht einfach gemacht habe, die Klagepunkte abzuwägen und dass der Streitfall insgesamt offenbar hoch komplex und alles andere als eindeutig sei.

Er sei "sehr zuversichtlich", dass es zu einer Berufungsverhandlung kommen werde, sagt der Freiburger Anwalt im Gespräch mit dem SÜDKURIER. Mit einer Erwiderung auf den Antrag rechnet er in sechs Wochen bis zwei Monaten. Würde seinem Antrag stattgegeben, gehe er von einem Verhandlungstermin in vier bis acht Monaten aus.

Seine Begründung stütze sich vor allem auf zwei Themenkomplexe und die Argumentationen dazu. Punkt eins sei die in den Augen der Klägerseite nach wie vor offene und nicht hinreichend berücksichtigte Frage nach der Klassifizierung der Südumfahrung. Das erstinstanzliche Gericht, so Lieber, habe fast ausschließlich mit Verkehrsprognosen argumentiert. Doch bereits hinsichtlich der herangezogenen Prognosen von Modus Consult habe er "erhebliche Zweifel, weil der Betrachtungsraum, der sich nur auf den Bodenseekreis erstreckt, zu eng gefasst ist", sagt der promovierte Anwalt. Dieses Kriterium, argumentiert er, könne aber alleine deswegen nicht Ausschlag gebend sein, da nahezu im gesamten Kreis und auch auf der B31 und der B33 die Verkehre aus der Region kämen und in der Region verblieben. "Und dennoch ist die B31 eine Bundesstraße", so Lieber. Demzufolge dürfe die Südumfahrung, die wesentlich auch die Verkehre der B33 aufnehme, nicht als Kreisstraße klassifiziert werden. Die Südumfahrung, so sieht es der Anwalt der Klägerseite, habe eindeutig die Aufgabe, diesen Verkehr zu übernehmen, also könne sie keine Kreisstraße sein.

 

Die zweite Argumentationslinie, auf die Lieber setzt, sei "eher rechtstechnischer Natur": "Ist die Planfeststellungsbehörde mit dem Segelfluggelände richtig umgegangen?", fragt er. Denn die vom Regierungspräsidium vorgenommene Verlegung des Geländes würde zum Nachteil von Dritten gehen, vor allem der Landwirte. "Wir sind ganz klar der Meinung, dass diese Verlegung rechtlich nicht durchsetzbar ist", sagt Lieber. Zumal es dafür keinen Antrag des Vereines selbst gebe und sich somit auch die Frage stelle, ob der Verein dadurch nicht eine unangemessen bevorzugende Behandlung erfahren würde.

Kommt es tatsächlich zu einer Berufungsverhandlung seien diese beiden Fragenkomplexe sicherlich wesentlich. Doch würden sie nicht die einzigen Punkte geben, die seine Seite ansprechen und einer erneuten Klärung zuführen wolle. "In der Berufung selbst können durchaus noch weitere Gründe und Argumente hinzukommen", führt der Anwalt aus. Dies hänge auch davon ab, wie die Verhandlung selbst verlaufe und welche Themen sich noch im Austausch der Standpunkte ergeben würden.

Auch die dem Klufterner Landwirt finanziell helfende Klägerunterstützungsgemeinschaft der Bürgerinitiative Pro Kluftern hatte von Anfang an deutlich gemacht, dass sie das Urteil zugunsten der Planfeststellung nicht hinnehmen werde. "Wir fühlen uns in unserem Gerechtigkeitsempfinden verletzt", hatte Vorstandsmitglied Walter Zacke zu Protokoll gegeben.
 

Die Hintergründe

Weitere Informationen

 

Der Anwalt: Dr. Tobias Lieber, geboren 1976 in Bremen, ist Mitglied der Freiburger Anwaltskanzlei Fridrich Bannasch und Partner. Lieber hat Rechts- und Politikwissenschaften in Freiburg und in Sydney/Australien studiert. Im Rechtsstreit um die Planfeststellung der Südumfahrung Markdorf vertritt er die Seite des von Pro Kluftern unterstützten Landwirts, der gegen die Planfeststellung des Straßenbauvorhabens geklagt hatte. Lieber hat an der Humbolt-Universität in Berlin promoviert, ist seit 2007 Rechtsanwalt in Freiburg und seit 2015 Fachanwalt für Verwaltungsrecht.


Das Urteil: Das Verwaltungsgericht (VG) Sigmaringen hat am 21. Januar das Urteil über die Klage des Klufterner Landwirts gegen die Planfeststellung der Südumfahrung Markdorf gefällt und die Klage in allen Punkten abgewiesen. Damit hat sich die Zweite Kammer des VG unter Vorsitz des VG-Präsidenten Franz-Christian Mattes auf die Seite des Regierungspräsidiums (RP) Tübingen gestellt, das als zuständige Behörde des Landes die Planfeststellung des Straßenbauvorhabens vorgenommen hatte. Auch für das Gericht hatte die Frage nach der Klassifizierung der Südumfahrung eine zentrale Rolle gespielt, ebenso wie für Lieber in seiner nun vorgelegten Begründung für eine Berufung. Das Gericht hatte aber gegenüber Lieber geradezu gegensätzlich argumentiert. Die Südumfahrung, hieß es in der Urteilsbegründung, sei keine Bundesstraße, sondern zurecht als Kreisstraße klassifiziert, da sie "vorwiegend dem überörtlichen Verkehr zwischen benachbarten Kreisen oder innerhalb des Kreises dienen" würde. Die Eingriffe ins Wegenetz sowie in die Grundstücke der Landwirte, die auf der Gemarkung des geplanten Straßenbauprojektes liegen, seien als "geringfügig" einzustufen. Die Belastungen für die Betroffenen seien "nicht gravierend". (gup)