Etappensieg für Markdorfer Südumfahrung

Das Verwaltungsgericht Sigmaringen weist die Klage vom Klufterner Landwirt ab. Die schriftliche Urteilsbegründung soll voraussichtlich noch im Februar erfolgen. Die Klägerseite lässt sich derzeit die Frage nach einer möglichen Revision noch offen. Bestätigt durch das Urteil sieht sich hingegen das Regierungspräsidium Tübingen.

Die Zeppelinstraße zwischen Markdorf und Lipbach, von Lipbach aus gesehen.

Die seit zwei Jahren bestehende Hürde gegen die Baureife der Ortsumfahrung Markdorf ist beseitigt – fürs Erste jedenfalls: Das Verwaltungsgericht (VG) Sigmaringen hat die Klage des Klufterner Landwirts gegen den Planfeststellungsbeschluss für die Südumfahrung Markdorf abgewiesen. Wie VG-Sprecher Albrecht Mors gegenüber dieser Zeitung mitteilt, liegt die vollständige und schriftliche Begründung des Urteils noch nicht vor. Sie soll, so Mors, „in wenigen Wochen“ nachgereicht werden. Fürs Erste ist die Hürde der Klage genommen, weil die Frage nach einer möglichen Revision noch offen ist. Tobias Lieber, der Freiburger Rechtsanwalt des klagenden Landwirts, wollte noch keine Stellungnahme dazu und zu dem Urteil abgeben. Er will zunächst die Begründung des Gerichts abwarten und sich anschließend mit seinem Mandanten besprechen. Erst danach möchte er entscheiden, ob er einen Antrag auf Berufung stellen wird.

Alle Klagepunkte abgewiesen

Fünfeinhalb Stunden hatte das fünfköpfige Gericht am Donnerstag vergangener Woche die Klage des Landwirts gegen den Planfeststellungsbeschluss, der die faktische Baureife eines Projektes darstellt, verhandelt. Der Vorsitzende Richter, Verwaltungsgerichtspräsident Franz-Christian Mattes hatte sich dabei nicht in die Karten blicken lassen. „Das gilt es auf dem Weg zum Urteil noch zu prüfen“ oder „Das weiß ich heute noch nicht, wie ich es entscheiden werde“, waren Einlassungen während der Verhandlung, die er mehrfach äußerte.

 

In der Verhandlung war es um Belange des Eingriffs in privates Eigentum, um Fragen des landwirtschaftlichen Wegenetzes, aber auch um Fragen der Begünstigung privater Dritter durch das Land – im Falle der Markdorfer Segelflieger – gegangen. Auch Belange des Naturschutzes waren erörtert worden. Offenbar hat sich die richterliche Prüfung der Klagepunkte als weitgehend eindeutige Angelegenheit erwiesen. Denn alle Klagepunkte seien abgewiesen worden, so heißt es.

 


 

Meinungen

 

 

„Das sind gute Nachrichten“

Bürgermeister Georg Riedmann äußerte sich am gestrigen Freitag auf Anfrage des SÜDKURIER hocherfreut über das Urteil in Sachen Südumfahrung – und gibt sich vorsichtig optimistisch hinsichtlich der weiteren Perspektiven: „Das sind gute Nachrichten. Gute Nachrichten vor allem auch für die Planer, die durch diese Entscheidung für sich in Anspruch nehmen können, eine rechtskonforme Planung erarbeitet zu haben. Abzuwarten bleibt die Begründung und abzuwarten bleibt natürlich, ob eine weitere Instanz sich mit der Klage befassen muss. Aber jedenfalls kann festgehalten werden, dass die Südumfahrung heute wieder ein gutes Stück erreichbarer geworden ist, als dies vor dem Urteil der Fall war.“ Nun blickt Riedmann voraus und dabei auch auf das mit der Umfahrung zusammenhängende Projekt Planungsfall 7.5: „Ich wäre sehr dankbar, bald einen rechtskräftigen Planfeststellungsbeschluss in der Hand zu haben, da eine Realisierung der Südumfahrung wichtige Facetten zu unserer Haltung zu den Planungen der B31-neu zwischen Meersburg und Immenstaad beitragen würde.“ Aber auch die Nachbarschaft vergisst Riedmann dabei nicht: „Rückt die Südumfahrung in greifbare Nähe, muss aber auch die Verkehrszuführung aus dem Salemer Tal wieder auf die Tagesordnung kommen.“ (gup)

 

 

 

„Ich hoffe, das gibt Schub“

Bürgermeister Martin Rupp: Große Erleichterung und Freude auch in der direkten Markdorfer Nachbarschaft: Bermatingens Bürgermeister denkt dabei nicht nur an seinen Markdorfer Amtskollegen, sondern blickt auch über die direkte Nachbarschaft hinaus. „Das ist eine gute Entscheidung für die Stadt Markdorf, aber auch für den Straßenbau im Bodenseekreis insgesamt“, teilt Rupp gegenüber unserer Zeitung mit. Bermatingens Rathaus-Chef sieht dabei durchaus auch eine gewisse Signalwirkung. „Ich hoffe, das gibt zusätzlichen Schub für die Planungen der B31-neu auf Basis des Planfalls 7.5 und letztlich damit auch für die weiteren Maßnahmen im nachgeordneten Netz, der Ortsumfahrung Bermatingen und der Südumfahrung Neufrach.“ Hinsichtlich der letzteren beiden Straßenbauprojekte, von Grün-Rot derzeit auf Eis gelegt, hatte sich Rupp – ebenso wie seine beiden Amtskollegen – noch Ende Oktober vergangenen Jahres schwer enttäuscht gezeigt, als der Landtag die Petition gegen den Planungsstopp der Umfahrungen abgewiesen hatte. Rupp sprach damals gegenüber dem SÜDKURIER von „einer herben Enttäuschung“ für alle drei benachbarten Gemeinden. Anspruch und Wirklichkeit des „Gehörtwerdens“ würden bei der Landesregierung „meilenweit“ auseinanderklaffen, so der Bermatinger Bürgermeister damals. (gup)

 

 

 

„Der Weg ist frei, ich freue mich“

Bürgermeister Manfred Härle: Wie sehr ihm persönlich ein Stein vom Herzen gefallen ist, merkt man ihm an seiner Antwort an – sicherlich bedingt auch durch seine leidvollen Erfahrungen mit dem eigenen Umfahrungsprojekt Salem-Neufrach: „Der Weg ist frei, jetzt kann die Südumfahrung Markdorf kommen. Ich freue mich für die Stadt und für meinen Bürgermeisterkollegen Georg Riedmann. Die rechtlichen Voraussetzungen für den Bau der Südumfahrung liegen nun endlich vor. Dies ist ein gutes Signal für die Stadt und den westlichen Bodenseekreis“, freut sich Härle – und nimmt Stuttgart in die Pflicht: „Ich würde mir wünschen, dass die Landesregierung die Gerichtsentscheidung zum Anlass nimmt, ihre ablehnende Position zu den Umfahrungen Bermatingen und Neufrach nochmals zu überdenken. Denn Ziel und Aufgabe der Südumfahrung Markdorf muss doch die bestmögliche Entlastung der Ortsdurchfahrt sein. Und diese ist nur mit den Umfahrungen von Bermatingen und Neufrach zu erreichen. Aber wir alle wissen, beim Bau von neuen Straßen braucht man bekanntlich einen langen Atem.“ Härle bekennt, dass er auch den 13. März im Blick hat: „Ich gehe davon aus, dass nach den Landtagswahlen die Karten so oder so neu gemischt werden. Warten wir mal ab. Es bleibt spannend.“ (gup)

 

 

 

„Bin enttäuscht“

Frieder Staerke: „Von der Abweisung der Klage bin ich enttäuscht, da die Klägerseite ihre Position sehr fundiert begründet hatte. Das Gericht hatte ja in der Verhandlung immerhin durchblicken lassen, dass es zumindest kein einfacher Fall ist. Deshalb bin ich auf die Urteilsbegründung sehr gespannt“, äußert sich auf Anfrage des SÜDKURIER der Verkehrsexperte des BUND, der in der Verhandlung in Sigmaringen als Sachverständiger für die Klägerseite zugegen war. Er betone aber ausdrücklich, dass dies seine persönliche Position sei und nicht die des BUND Markdorf. „Unabhängig davon, wie sich die weitere juristische Auseinandersetzung zur Ortsumfahrung Markdorf entwickelt, stellt sich jedoch mehr denn je die Frage nach der Sinnhaftigkeit des Baus einer Ortsumfahrung: Nachdem aktuell der Bau der Bündelungstrasse Meersburg-Ravensburg vorangetrieben wird, wäre die Ortsumfahrung Markdorf eine zweite Straße für denselben Zweck der B-33-Entlastung. Ihr zusätzlicher Entlastungsnutzen wäre dementsprechend geringer. Erst in Verbindung mit einer OU Bermatingen könnte sie überhaupt den zweiten großen Verkehrsstrom Friedrichshafen-Salem aufnehmen. Nachdem das Planfeststellungsverfahren zur OU Bermatingen aber abgebrochen wurde, steht dieses Straßenprojekt derzeit in den Sternen.“ (gup)

 

 

 

Genugtuung im Präsidium

Geklagt hatte der Landwirt gegen das Land, vertreten durch das Regierungspräsidium (RP) Tübingen. In der Verhandlung hatten die Vertreter des RP um deren Planfeststellungsreferatsleiterin Petra Stark und unterstützt von Amtsleitern des Landratsamtes Bodenseekreis die Klagepunkte bereits detailliert zurückgewiesen. In den beanstandeten naturschützerischen Belangen – unter anderem der Frage nach der versäumten Prüfung eines möglichen FFH-Gebietes und eines Schutzgebietes für die Bachmuschel – hatten eigens geladene Gutachter die Position des RP respektive des Landes gestützt.

Auch der Verkehrssachverständige Claus Kiener vom Ulmer Ingenieurbüro Modus Consult, das die Verkehrsprognosen für die Südumfahrung-Planung geliefert hatte, hatte die Argumentation des Klägeranwaltes, dass die Südumfahrung als geplante Kreisstraße K 7743 neu eine verkappte Bundesstraße sei, zurückgewiesen, ebenso wie Klägeranwalt Liebers Ausführungen, dass die zu erwartenden Verkehre auf einer Südumfahrung deutlich geringer ausfallen würden als in den Prognosen angenommen. Beim RP blickte man am Freitag jedenfalls mit Genugtuung auf den Urteilsspruch: „Wir sehen uns damit natürlich in unserer Rechtsauffassung bestätigt“, so RP-Sprecher Steffen Fink auf Anfrage. Er wolle es bei dieser Stellungnahme belassen, bis seiner Behörde die schriftliche Begründung vorliege, sagte er. Markdorfs Bürgermeister Georg Riedmann freute sich: Für ihn sei die Südumfahrung nun „wieder ein gutes Stück erreichbarer geworden“, sagte er (siehe Stellungnahmen unten).

 

 

Als ein „gutes und wichtiges Signal für Markdorf“ bezeichnete auch die CDU-Landtagskandidatin Susanne Schwaderer den Urteilsspruch. Die Politikerin, die selbst in Markdorf wohnt, war eine der Mitinitiatorinnen der zwischenzeitlich abgewiesenen Petition gegen den Planungsstopp der drei Umfahrungen Markdorf, Bermatingen und Salem-Neufrach. Die Region ersticke im Verkehr, aber bei aller „berechtigter Sorge um Land- und Naturschutz“ dürfe man den Menschen nicht vergessen. Sie hoffe nun, dass es im Verfahren zügig weitergehe, auch beim „verantwortungsbewussten Ausbau des Verkehrsnetzes im ganzen Kreis“.