Harte Verhandlung um Südumfahrung
Das Verwaltungsgericht Sigmaringen beschäftigte sich am Donnerstag mit der
Klage eines Klufterner Landwirts gegen den
Planfeststellungsbeschluss der Ortsumfahrung Markdorf. Das Urteil soll am 22.
Januar verkündet werden.
Fünfeinhalb Stunden
hat die zweite Kammer des Verwaltungsgerichtes Sigmaringen gestern die Klage
eines Klufterner Landwirts gegen den Planfeststellungsbeschluss
der Südumfahrung Markdorf verhandelt. Das Gericht wird sich nun bis Ende
kommender Woche beraten, das Urteil soll am Freitag, 22. Januar, bekanntgegeben
werden. Die Urteilsverkündung erfolgt in schriftlicher Form.
Viele strittige Punkte müssen noch geklärt werden
Ausführlich erörterten
die Parteien die zur Verhandlung stehenden Punkte, die den Landwirt direkt
betreffen, darunter Grundstücksfragen, Lärmschutz, landwirtschaftliches
Wegenetz, aber auch naturschützerische Belange wie
die Themen Bachmuschel und Fauna-Flora-Habitat (FFH). Abseits davon ging es
aber zentral auch um die grundsätzliche Frage, ob die OU Markdorf vom Land
zurecht als Kreisstraße (K 7743 neu) klassifiziert wurde oder ob sie aufgrund
ihrer Netzfunktion nicht als Bundesstraße hätte klassifiziert werden müssen.
Klägeranwalt Tobias Lieber führte an, dass das Bauvorhaben ursprünglich ganz
andere Ziele verfolgt habe, nämlich im Rahmen des Planungsfall 7.5, gemeinsam
mit den geplanten anderen Umfahrungen, eine Netzfunktion für die B 33 und die B
31. Erst später sei sie zur geplanten Ortsumfahrung für Markdorf und so zu
einer Kreisstraße mutiert. Dies sei sie aber keineswegs. RP-Referatsleiterin
Petra Stark und ihr Stellvertreter Rainer Prusseit
hielten entgegen, dass die Verkehrsprognose des Ulmer Büros Modus Consult klar aufzeige, dass auf einer Südumfahrung
wesentlich regionale Verkehre zu erwarten seien. Dies, so entgegnete wiederum
Lieber, sei auch bei der B 31 heute schon der Fall, und doch sei sie als
Bundesstraße klassifiziert, weil sie eine Netzfunktion für die übergeordneten
Straßen, die A 81 im Westen und die A 96 im Osten erfülle. Die Umfahrung sei
jedenfalls keine Kreisstraße und die Planfeststellung aus diesem Grunde bereits
rechtswidrig.
Unter der souveränen
und straffen Führung des Vorsitzenden Richters Franz-Christian Mattes
entwickelte sich eine harte, aber sachliche und detaillierte Verhandlung. Auch
Mattes bekannte, dass sich für ihn nun die Frage stelle, welche Funktion die OU
Markdorf nach dem Stopp der Planungen für die Umfahrungen Bermatingen
und Salem-Neufrach eigentlich noch habe. Auch dies
gelte es auf dem Weg zum Urteil zu prüfen. Zu prüfen gibt es für das Gericht
aber auch etliche andere strittige Punkte. So etwa die für die Umfahrung
vorgesehene Verlegung der Landebahn der Segelflieger nach Norden. Damit würde
sie auf 15 qm über ein 1,5 Hektar großes Grundstück des Landwirts führen. Stark
signalisierte zwar, dass das Land auf diese 15 qm verzichten könne. Doch Lieber
stellte die Rechtmäßigkeit der Landebahnverlegung grundsätzlich in Frage, weil
das Land einen privaten Dritten, die Segelflieger, die ihr Grundstück nur
gepachtet haben, gegenüber dem Landwirt begünstige. Stark argumentierte, dass
die Beeinträchtigung zumutbar sei, da die Verlegung niemand anderen außer dem
Landwirt tangiere. Die Verlegung, assistierte Prusseit,
sei rechtens, da sie „die notwendige Folgemaßnahme einer Straßenbaumaßnahme
ist, die dem Allgemeinwohl dient“. Zwei weitere Grundstücke im Besitz des
Landwirts liegen direkt an oder auf der geplanten Trasse. Durch eine Enteignung
sei der Landwirt durchaus in seiner Existenz bedroht, auch wenn ihm anderes
Land zur Kompensation zur Verfügung gestellt werde. Auch dies gilt es nun zu
prüfen.
Die Verhandlung und die Historie
Die Verhandlung: Die Verhandlung führte als Vorsitzender Richter des
fünfköpfigen Gerichts Verwaltungsgerichtspräsident Franz-Christian Mattes.
Berichterstatterin war Richterin Julia Baudis. Auf
der Klägerseite vertreten waren das Landwirtsehepaar mit seinem Anwalt Tobias
Lieber und dem Sachverständigen Frieder Staerke. Das
Land als Beklagter war vertreten durch Petra Stark, Referatsleiterin
Planfeststellung beim Regierungspräsidium Tübingen, und ihren stellvertretenden
Referatsleiter Rainer Prusseit. Ihnen zur Seite
standen als Beigeladene des Landkreises Rechts- und Ordnungsamtsleiter Michael Bussek, Straßenbauamtsleiter Tobias Gähr
und Kreisstraßen-Sachgebietsleiterin Katrin Lenz-Schlögel.
Die Historie: In einem Bürgerentscheid im Jahre 2003 hatte sich die Mehrheit
für eine Südumfahrung Markdorf ausgesprochen, die ursprünglich als L 205 neu,
also als Landesstraße, geplant war. Nach mehrjährigem
Planfeststellungsverfahren, unter anderem mit einem dreitägigen
Erörterungstermin in der Markdorfer Stadthalle im Dezember 2011, wurde die OU
Markdorf als K 7743 neu im November 2013 planfestgestellt. Dagegen hatte der Klufterner Landwirt mit Unterstützung der Initiative Pro Kluftern im März 2014 Klage eingereicht. Pro Kluftern hatte rund 10 000 Euro an Spenden gesammelt, um
dem betroffenen Landwirt das Beschreiten des Rechtsweges zu ermöglichen.