Markdorf 

19.01.2012  .

Südumfahrung: Definitiv kein Geld vor 2014

 

Viel Wirbel brachte die Aussage des Grünen-Landtagsabgeordneten Martin Hahn mit sich: Bis 2014 werde es keine Bewilligung von Fördermitteln geben. Der ehemalige Landesverkehrsminister Ulrich Müller warf den Grünen vor, sie seien unehrlich und nehmen die fehlende Finanzierung als Vorwand.

Überhaupt keine Chance für die Südumfahrung Markdorf und in den nächsten zehn Jahren kein Baubeginn für die Umfahrungen Bermatingen und Neufrach: Mit diesen Aussagen hatte der Grünen-Landtagsabgeordnete Martin Hahn am Dienstag in Markdorf eine verkehrspolitische Bombe platzen lassen. Gestern ruderte das von Hahns Parteikollege Winfried Hermann geführte Verkehrsministerium wieder ein wenig zurück.

Sprecher Edgar Neumann zeigte sich auf Anfrage des SÜDKURIER sichtlich bemüht, Hahns Aussagen die Schärfe zu nehmen. Fakt sei, dass seit dem Regierungswechsel mehr Fördermittel aus dem Entflechtungsgesetz (vormals GVFG) in den ÖPNV sowie in Maßnahmen für Radfahrer und Fußgänger gingen. Denn Grün-Rot hatte die Aufteilung geändert, von bislang 60 Prozent für Straßenbau und 40 Prozent für ÖPNV/Rad/Fußgänger auf nun 40 zu 60, womit die Fördermittel für den Straßenbau um ein Drittel geschrumpft sind. Für 2012 und 2013 werde es daher keine Bewilligung von Mitteln für die Südumfahrung geben, egal wie es in Sachen Planungsstand steht.

Ob es danach eine Zuschuss-Chance gibt, bislang sollte das Land 60 Prozent der Kosten in Höhe von rund 18 Millionen Euro übernehmen, müsse man in der Verteilungsrunde 2013/2014 prüfen, sagte Neumann. Diese Einschätzung wiederum deckt sich mit einem Schreiben Hermanns an Landräte und Bürgermeister von Weihnachten, in dem er mitteilt, dass es für neue Straßen in den nächsten zwei Jahren keine GVFG-Mittel geben werde.

„Massive“ Gegenwehr hat Markdorfs Bürgermeister Bernd Gerber, der am Dienstagabend vom SÜDKURIER über Hahns Aussagen erfahren hatte, angekündigt. Auch Bermatingens Bürgermeister Martin Rupp äußerte sich „geschockt“ über die Absage an die OU Bermatingen, sollte sie sich bewahrheiten. Er hätte erwartet, dass die Gemeinden im Vorfeld und direkt informiert geworden wären, kritisierte Rupp. Zumal seine Informationen aus dem Regierungspräsidium andere seien. Dort, so habe man ihm gestern mitgeteilt, werde nach wie vor „mit Hochdruck“ an den Unterlagen zur Planfeststellung gearbeitet.

Noch im Sommer habe der Minister die Notwendigkeit der OU Bermatingen hervorgehoben. Er verlasse sich auf die Aussagen Hermanns, so Rupp, auch vor dem Hintergrund des positiven Bürgerentscheids aus dem Jahr 2003.

Diese Hoffnung dämpfte gestern aber Ministeriums-Sprecher Neumann: Inwieweit das Impulsprogramm realisiert werde, könne man derzeit nicht sagen. Denn der „Kassensturz“ habe ergeben, dass auch dieses Programm nicht „vollständig durchfinanziert“ sei. Zudem sei die OU Bermatingen das planerisch am wenigsten fortgeschrittene der vier Vorhaben im Programm. Die Frage nach dem Geld lasse sich jetzt nicht beantworten. Man müsse „nochmals drüberschauen“, wenn die Umfahrung baureif sei.

„Menschenverachtend“ und „unehrlich“: Harte Geschütze gegen Hahn fährt dessen CDU-Kollege Ulrich Müller auf. Müller, von 1998 bis 2004 selbst Landesverkehrsminister gewesen, sagt, Hahns Aussage, dass es eine verbindliche Zusage der Förderung der Südumfahrung auch zu Zeiten von Schwarz-Gelb nicht gegeben habe, sei schlicht falsch.

Er selbst habe als Minister im Frühjahr 2004 den Beschluss getragen, sie ins GVFG-Programm aufzunehmen. Dort sei sie seither enthalten. Der Zuschuss wäre unter Schwarz-Gelb definitiv geleistet worden, sobald die Baureife vorgelegen hätte. „So wie wir das auch im Falle der Nordanbindung der Messe Friedrichshafen gemacht haben."

„Menschenverachtend“ sei die grüne Linie, weil sie die Bürger im Kreis, die durch die Umfahrungen hätten entlastet werden sollen, weiter leiden ließen. Die Wahrheit sei, so Müller, dass es nicht am Geld fehle: „Die Grünen sollen sagen, wir wollen die Umfahrungen nicht. Alles andere ist falsch und unehrlich.“ Abgesehen davon hätte die Regierung sich den Geldhahn selbst abgedreht, mit der Umkehrung der Mittel-Gewichtung im GVFG-Topf. Müllers letzten Vorwurf hatte Hahn am Dienstag indes selbst bereits entkräftet: „Wir Grünen im Kreis haben die Südumfahrung von Anfang an bekämpft, weil sie zum einen ein Torso und zum anderen eigentlich eine Bundesstraße ist.“

 

 

 

KOMMENTARE

szmtag

Menschenverachtend...

 

von power-Meinung (25 Beiträge) 19.01.2012 08:54


... ist die Politik von Bürgermeister Gerber, der das Thema "Lärmaktionsplanung" jahrelang vernachlässigte, weil er nur einseitig auf die Ortsumfahrung setzt. In anderen Kommunen wie Hagnau ist bereits ein Tempo-30-Limit zur Verkehrsberuhigung umgesetzt !

... ist, wie die Stadt Markdorf nun auch das nächste Thema der Luftreinhaltepläne verschläft.

... ist, wenn man die Hauptbetroffenen einer neuen Straße, nämlich die Bürger Klufterns, an einer "Bürgerentscheidung" gar nicht beteiligt.

... ist, wenn man Straßenbau als Lösung für das Verkehrsproblem verkaufen will, obwohl dadurch in der Summe der Kfz-Verkehr mit seinen Belastungen weiter angeheizt wird. Und wenn man gleichzeitig kritisiert, dass die Mittel ein wenig Richtung ÖPNV und Fahrradverkehr umgeschichtet werden, obwohl diese Verkehrsträger zu einer echten Entlastung führen könnten.

Und nochwas, Herr Müller: Man kann viele Projekte in Programme aufnehmen - finanziert sind sie dadurch noch lange nicht !