Der Knackpunkt sind die 30 Prozent

 

                     MARKDORF - Knackpunkt 30 Prozent: So viele Wahlberechtigte müssen im April oder Mai

                     2002 für oder gegen die Südumfahrung stimmen, damit der jüngst vom Gemeinderat

                     beschlossene Bürgerentscheid gültig ist. Kritiker halten diese Hürde für zu hoch.

 

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                     Von unserem Redakteur Martin Hennings

 

                     Ein paar Rechenbeispiele: Etwa 8500 Wahlberechtigte gibt es in Markdorf. 30 Prozent davon

                     sind 2550. Diese 30 Prozent müssen sich mindestens für oder gegen die Südumfahrung

                     aussprechen, damit der Bürgerentscheid gültig ist. Also: 2600 stimmen gegen die Straße,

                     2500 dafür - sie wird nicht gebaut. 2700 Markdorfer sprechen sich für die Südumfahrung aus,

                     2600 dagegen - die Straße wird gebaut (wenn Land und Kreis bei ihren finanziellen Zusagen

                     bleiben und die Grundstückseigentümer mitspielen).

 

                     Ratsmehrheit für Straße

 

                     Rechenbeispiel Nummer drei: 2400 Bürger votieren gegen die Umfahrung, 1800 dafür. Die

                     Straßenkritiker hätten zwar deutlich die Mehrheit erreicht, aber nicht das

                     30-Prozent-Quorum. Folge: Der Gemeinderat entscheidet über die Haltung der Stadt

                     Markdorf zur Südumfahrung. Und in der vergangenen Woche hat sich das Gremium mit großer

                     Mehrheit für den Bau der Straße ausgesprochen.

 

                     Es werden also beide Seiten daran interessiert sein, möglichst viele Markdorfer in die

                     Wahlkabinen zu bringen. Diesem Ziel werden auch die drei Bürgerversammlungen im Vorfeld

                     des Entscheids dienen - in der Stadthalle, im Bürgerhaus Ittendorf, in der Mehrzweckhalle

                     Leimbach. Die Versammlungen wird "selbstverständlich der Bürgermeister" leiten, so

                     Rathauschef Bernd Gerber. Vertreter der Ratsfraktionen haben aber auch die Möglichkeit,

                     Stellung zum Straßenbauprojekt zu beziehen. Gerber geht außerdem davon aus, dass sich der

                     Gemeinderat auf eine gemeinsame schriftliche Bürgerinformation zum Thema Südumfahrung

                     einigt. "Vorgeschrieben ist das aber nicht", sagt Gerber.

 

                     Wann genau der Bürgerentscheid, der die Stadt um die 30 000 Mark kosten wird, stattfinden

                     wird, ist laut Bürgermeister noch nicht klar. "Sicher nach Ostern, wohl im April", so Gerber.

                     Bis dahin müssen der Trassenverlauf festgezurrt sein und eine zumindest grobe

                     Kostenschätzung vorliegen. Bis jetzt steht unwidersprochen eine Summe von 40 Millionen

                     Mark im Raum, für die Umfahrung von Markdorf und Bermatingen. 70 Prozent - also 28

                     Millionen - davon soll das Land übernehmen, sechs Millionen der Kreis, je drei die beiden

                     Kommunen.

 

                     Ablauf wie bei einer Wahl

 

                     Jeder Wahlberechtigte wird zum Bürgerentscheid schriftlich eingeladen - wie bei einer Wahl.

                     Auch der Ablauf des Entscheids wird wie bei einer Wahl vonstatten gehen.

 

                     Ob er das 30-Prozent-Quorum für richtig hält, will Gerber zurzeit nicht sagen. "Das wäre

                     angesichts des laufenden Entscheidungsprozesses nicht sinnvoll." Andere werden da

                     deutlicher, zum Beispiel die Bürgerinitiative "Mehr Demokratie". Baden-Württemberg sei

                     "demokratisches Absurdistan", heißt es in einer Pressemitteilung. Das Quorum sei

                     undemokratisch und müsse gestrichen oder zumindest gesenkt werden. Auch die Landes-SPD

                     fordert die Absenkung des Quorums auf 20 Prozent der Wahlberechtigten. Ein entsprechender

                     Gesetzentwurf war im Jahr 2000 von CDU und FDP im Landtag abgelehnt worden. Als

                     Argument für das Quorum wird ins Feld geführt, dass nur so zu verhindern sei, dass wichtige

                     Fragen von kleinen Minderheiten entschieden werden.