"Dann ist hier nichts mehr so, wie es früher einmal
war"
MARKDORF - "Ein Bauer, der eine Straße braucht, ist ein schlechter
Bauer", sagt Berthold
Wieser, Landwirt aus Bürgberg. Letzte Woche haben zwei
Befürworter der Südumfahrung
gesprochen, heute haben zwei Kritiker das Wort. Beide Parteien sitzen am
Donnerstag um 20
Uhr auf dem Podium in der Stadthalle. Dann fragt die "Schwäbische
Zeitung": Braucht
Markdorf
die Südumfahrung?
Von unserer Mitarbeiterin Kerstin Brauers
75 Hektar bewirtschaftet Berthold Wieser. Bald
könnten es ein paar weniger sein. Nach dem
neuesten Stand der Planung würde die Umgehungsstraße zwei seiner Felder
kreuzen. Bei einer
Fläche fiele eine Ecke weg, bei der anderen gleich die Hälfte. "Das
ist die Wunschplanung der
Stadt Markdorf", sagt der 52-Jährige, der Ackerbau und
Schweinezucht betreibt. Bei der
ursprünglich geplanten Trasse würde so viel Anbaufläche zerstört,
"dass es für mich
existenzgefährdend wäre".
So oder so, Wieser will die Straße nicht.
Selbst wenn die Landwirte für den Verlust ihrer
Flächen entschädigt werden - "die Straße zerschneidet die
Landschaft", sagt er. Und die
Straße verliefe möglicherweise nur ein paar hundert Meter vom Hof der Wiesers entfernt.
"Dann ist hier nichts mehr so wie vorher." Was den Landwirt
besonders ärgert: "Auf der
stadtnahen Fläche zwischen Markdorf und Stüblehof
will die Stadt die Straße nicht haben. Da
ist ihr das Gelände zu schade. Stattdessen haben sie uns den Schwarzen
Peter zugeschoben.
Es trifft unsere Sonderkulturen. Aber mein Gelände ist mir eben auch zu
schade."
Wieser
zweifelt die Prognosen der Verkehrszähler an: "Nimmt man den
Bevölkerungsrückgang
und den immer teurer werdenden Sprit, ist es doch Unsinn, noch solch
utopische Straßenpläne
umzusetzen." Lieber wollen die Landwirte die Umsetzung des viel
diskutierten Planfall 7
abwarten. Er soll Entlastung ohne Neubau bei Markdorf bringen. Wieser: "Das könnte
zumindest die Lastwagen umleiten. Damit wäre den Anwohnern der
Bundesstraße schon viel
geholfen."
Für die Gegenseite haben die Landwirte ohnehin Verständnis. Der
Obstbauer Franz-Josef
Sprißler zum Beispiel. Sein Hof liegt in Wirrensegel,
direkt an der B 33. Gerade war die Straße
zwischen Markdorf und Ittendorf gesperrt, da
hat der 35-Jährige gemerkt, "wie ruhig das hier
auf einmal ist". Trotzdem: "Rund 20 Hektar Anbaufläche gingen
durch die Straße insgesamt
verloren. Das ist bei uns
im Obstbau schon ein ganzer Betrieb." Zumal die Flächen hier für bis
zu 18 Jahre bepflanzt werden, meint Sprißler.
Und das kostet bis zu 50 000 Mark pro Hektar.
Mit der Fläche ginge auch die Investition verloren.
Auch Sprißler hofft auf den Planfall 7:
"Die Ergebnisse des Raumordnungsverfahrens sollten
seit einem Jahr bekannt gegeben werden." Warum das bisher nicht
passiert ist, mag Kollege
Wieser nur vermuten: "Vielleicht halten die das
zurück, bis die Bürgerbefragung über die
Bühne ist."
Sprißler bringt das Dilemma auf den Punkt: "Wir fahren
alle Autos und wollen gute Straßen.
Aber jeder meint, diese eine Straße sollte vor der Haustür des anderen sein."