„Die Entscheidung ist gefallen. Und diese demokratische
Entscheidung muss man akzeptieren“, sagt Ortsvorsteher Michael Nachbaur und macht
kein Hehl daraus, dass ihm ein anderes Ergebnis lieber gewesen wäre.
In der jüngsten Sitzung habe sich der Klufterner Ortschaftsrat noch einstimmig gegen die
Südumfahrung ausgesprochen. „Jetzt wird der Kreistag die Südumfahrung in der
Dezembersitzung thematisieren“, sagt Nachbaur.
Probleme nach dem St. Florians-Prinzip
gelöst
„Das war ein rabenschwarzer Sonntag für Kluftern. Diese
Entscheidung müssen wir erstmal verdauen“ sagt Walter Zacke als Sprecher der
Bürgerliste Pro Kluftern. „Eine Kommune löst ihre Probleme auf Kosten der
andern – ganz nach dem St. Floriansprinzip.“ Es gehe dabei nicht nur um die
Zerschneidung von wertvollen Ackerflächen oder Naherholungslandschaften, betont
er in seiner Stellungnahme.
„Der Verkehr wird schlicht und einfach vor Klufterns
Haustür gekippt“, befürchtet er und formuliert klare Ziele: Kluftern müsse für
durchfahrende Verkehrsteilnehmer unattraktiv werden, fordert er. Außerdem müsse
der Ausbau der Bodenseegürtelbahn mit einem zweiten Gleis mit Nachdruck
angegangen werden.
Lippenbekenntnisse des Kreistags
„Lippenbekenntnisse der Kreistagspolitik reichen nicht
mehr aus“, sagt Zacke. „Außerdem geht es jetzt darum, den Ausbau der B 31-neu
zwischen Immenstaad und Markdorf schneller voranzutreiben. Damit würden sich
alle Maßnahmen der Südumfahrung quasi erledigen.“
Genauso enttäuscht über den Wahlausgang in
Markdorf äußert sich Erwin Benz im Namen der Freien Wähler, auch er
geht von einer „enormen Mehrbelastung“ für Kluftern aus. „Ich hoffe aber, dass
das letzte Wort noch nicht gesprochen wird“, hofft Benz.
Vision, die gar nicht funktioniert
„Leider sind wir nicht gefragt worden. Und das obwohl rund
ein Drittel der Ortsumfahrung Markdorf über Friedrichshafen-Lipbacher
Gemarkung verläuft“, bläst Bernd Caesar (SPD) ins gleiche Horn. Man habe sich
von Anfang an gegen diese Straße ausgesprochen, habe aber aus bekannten
formalen Gründen nie über sie abstimmen können.
Dass die Befürworter des Straßenbaus in „ihrer Vision“ auch
noch eine Umfahrung von Kluftern einbauten – die laut
Gutachter der vom Landratsamt durchgeführten Verkehrsmediation nicht
verwirklichbar sei – und von neuen Straßen in und um Markdorf für insgesamt 200
Millionen Euro „albträumten“, zeuge von „ungebrochenem
Willen, Steuergelder zu verschleudern und einen möglichst großen Beitrag zur
Klimakatastrophe beizusteuern“, so Caesar. „Sie sollten sich schämen.“
Verkehr wird abgeladen
„Nein, wir sind wirklich nicht erfreut“, sagt auch Dietmar
Wurst (CDU). Auch er spricht davon, dass mit dem Bau der Südumfahrung der
Verkehr vor Kluftern und Lipbach „abgeladen“ werde.
„Was für Markdorfer gut sein mag, ist für uns Kluftinger eben nicht so gut“,
fasst er zusammen. „Es ist eine andere Sache, ob man eine Straße ab und zu
benutzt, oder ob man in dem Ort wohnt und den Verkehr Tag und Nacht aushalten
muss“, sagt Dietmar Wurst enttäuscht.
Entscheidung des Kreistags soll am 3. Dezember fallen
„Beim Bürgerentscheid ging es für die Markdorfer Bürger
und Bürgerinnen darum, sich zu positionieren“, sagte Landrat Lothar Wölfle am
Montag der „Schwäbischen Zeitung“. Im Kreistag habe es immer eine klare
Mehrheit für die Ortsumgehung gegeben, „ich gehe davon aus, dass diese Mehrheit
sich jetzt bestätigt fühlt durch das Ergebnis des Bürgerentscheids“.
Er gehe außerdem davon aus, dass die, die
bislang gegen die Südumfahrung waren im Kreistag, das Ergebnis bei ihrer
Entscheidung mit einfließen lassen. „Ich glaube, die Weichen sind gestellt für
die Sitzung am 3. Dezember“, sagte Wölfle.
An diesem Freitag, 3. Dezember, befasst sich der Kreistag
um 15.30 Uhr in mit der Südumfahrung. Dass dafür die Messehalle A2 reserviert
wurde, lässt vermuten, dass man mit viel Publikum rechnet. Normalerweise finden
die Kreistagssitzungen gerade in der Ludwig-Roos-Halle in Ettenkirch statt.
Entscheidungsgewalt beim Kreistag
Die Stadt Markdorf will bis dahin auf der Grundlage des
Bürgerentscheids eine Stellungnahme gegenüber dem Kreistag abgeben. Der
Gemeinderat der Stadt hatte das am 6. Oktober so beschlossen. Die Entscheidung
über den Bau der Südumfahrung liegt allein beim Kreistag.
Ein Baubeschluss könnte laut Kreisverwaltung
schon in dieser Kreistagssitzung am 3. Dezember gefasst werden. Möglicher
Baubeginn wäre demnach Herbst 2022 und eine mögliche Verkehrsfreigabe Ende
2025. Im Kreistag hat das Projekt Südumfahrung bislang immer die nötigen
Mehrheiten gefunden.
So wurden Anträge von SPD und Grünen zum
Stopp der Planungen im Wesentlichen mit Stimmen von Freien Wählern, FDP und CDU
abgelehnt. Gespannt sein darf man, wie Markdorfs Bürgermeister Georg Riedmann
abstimmt, der sich klar gegen die Südumfahrung positioniert hat, aber auch
Vorsitzender der Kreistags-CDU-Fraktion ist.