Kluftinger sehen Bürgerentscheid als „rabenschwarzen Tag für Kluftern“

Der Markdorfer Bürgerentscheid, bei dem sich 54,5 Prozent der abgegebenen Stimmen für den Bau der Südumfahrung ausgesprochen haben, trifft bei den Mitgliedern des Klufterner Ortschaftsrats auf wenig Gegenliebe und sorgt für lange Gesichter.

„Die Entscheidung ist gefallen. Und diese demokratische Entscheidung muss man akzeptieren“, sagt Ortsvorsteher Michael Nachbaur  und macht kein Hehl daraus, dass ihm ein anderes Ergebnis lieber gewesen wäre.

In der jüngsten Sitzung habe sich der Klufterner Ortschaftsrat noch einstimmig gegen die Südumfahrung ausgesprochen. „Jetzt wird der Kreistag die Südumfahrung in der Dezembersitzung thematisieren“, sagt Nachbaur.

Probleme nach dem St. Florians-Prinzip gelöst

„Das war ein rabenschwarzer Sonntag für Kluftern. Diese Entscheidung müssen wir erstmal verdauen“ sagt Walter Zacke als Sprecher der Bürgerliste Pro Kluftern. „Eine Kommune löst ihre Probleme auf Kosten der andern – ganz nach dem St. Floriansprinzip.“ Es gehe dabei nicht nur um die Zerschneidung von wertvollen Ackerflächen oder Naherholungslandschaften, betont er in seiner Stellungnahme.

„Der Verkehr wird schlicht und einfach vor Klufterns Haustür gekippt“, befürchtet er und formuliert klare Ziele: Kluftern müsse für durchfahrende Verkehrsteilnehmer unattraktiv werden, fordert er. Außerdem müsse der Ausbau der Bodenseegürtelbahn mit einem zweiten Gleis mit Nachdruck angegangen werden.

Lippenbekenntnisse des Kreistags

„Lippenbekenntnisse der Kreistagspolitik reichen nicht mehr aus“, sagt Zacke. „Außerdem geht es jetzt darum, den Ausbau der B 31-neu zwischen Immenstaad und Markdorf schneller voranzutreiben. Damit würden sich alle Maßnahmen der Südumfahrung quasi erledigen.“

Genauso enttäuscht über den Wahlausgang in Markdorf äußert sich Erwin Benz  im Namen der Freien Wähler, auch er geht von einer „enormen Mehrbelastung“ für Kluftern aus. „Ich hoffe aber, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen wird“, hofft Benz.

Vision, die gar nicht funktioniert

„Leider sind wir nicht gefragt worden. Und das obwohl rund ein Drittel der Ortsumfahrung Markdorf über Friedrichshafen-Lipbacher Gemarkung verläuft“, bläst Bernd Caesar (SPD) ins gleiche Horn. Man habe sich von Anfang an gegen diese Straße ausgesprochen, habe aber aus bekannten formalen Gründen nie über sie abstimmen können.

Dass die Befürworter des Straßenbaus in „ihrer Vision“ auch noch eine Umfahrung von Kluftern einbauten – die laut Gutachter der vom Landratsamt durchgeführten Verkehrsmediation nicht verwirklichbar sei – und von neuen Straßen in und um Markdorf für insgesamt 200 Millionen Euro „albträumten“, zeuge von „ungebrochenem Willen, Steuergelder zu verschleudern und einen möglichst großen Beitrag zur Klimakatastrophe beizusteuern“, so Caesar. „Sie sollten sich schämen.“

Verkehr wird abgeladen

„Nein, wir sind wirklich nicht erfreut“, sagt auch Dietmar Wurst (CDU). Auch er spricht davon, dass mit dem Bau der Südumfahrung der Verkehr vor Kluftern und Lipbach „abgeladen“ werde. „Was für Markdorfer gut sein mag, ist für uns Kluftinger eben nicht so gut“, fasst er zusammen. „Es ist eine andere Sache, ob man eine Straße ab und zu benutzt, oder ob man in dem Ort wohnt und den Verkehr Tag und Nacht aushalten muss“, sagt Dietmar Wurst enttäuscht.

Entscheidung des Kreistags soll am 3. Dezember fallen

„Beim Bürgerentscheid ging es für die Markdorfer Bürger und Bürgerinnen darum, sich zu positionieren“, sagte Landrat Lothar Wölfle am Montag der „Schwäbischen Zeitung“. Im Kreistag habe es immer eine klare Mehrheit für die Ortsumgehung gegeben, „ich gehe davon aus, dass diese Mehrheit sich jetzt bestätigt fühlt durch das Ergebnis des Bürgerentscheids“.

Er gehe außerdem davon aus, dass die, die bislang gegen die Südumfahrung waren im Kreistag, das Ergebnis bei ihrer Entscheidung mit einfließen lassen. „Ich glaube, die Weichen sind gestellt für die Sitzung am 3. Dezember“, sagte Wölfle.

An diesem Freitag, 3. Dezember, befasst sich der Kreistag um 15.30 Uhr in mit der Südumfahrung. Dass dafür die Messehalle A2 reserviert wurde, lässt vermuten, dass man mit viel Publikum rechnet. Normalerweise finden die Kreistagssitzungen gerade in der Ludwig-Roos-Halle in Ettenkirch statt.

Entscheidungsgewalt beim Kreistag

Die Stadt Markdorf will bis dahin auf der Grundlage des Bürgerentscheids eine Stellungnahme gegenüber dem Kreistag abgeben. Der Gemeinderat der Stadt hatte das am 6. Oktober so beschlossen. Die Entscheidung über den Bau der Südumfahrung liegt allein beim Kreistag.

Ein Baubeschluss könnte laut Kreisverwaltung schon in dieser Kreistagssitzung am 3. Dezember gefasst werden. Möglicher Baubeginn wäre demnach Herbst 2022 und eine mögliche Verkehrsfreigabe Ende 2025. Im Kreistag hat das Projekt Südumfahrung bislang immer die nötigen Mehrheiten gefunden.

So wurden Anträge von SPD und Grünen zum Stopp der Planungen im Wesentlichen mit Stimmen von Freien Wählern, FDP und CDU abgelehnt. Gespannt sein darf man, wie Markdorfs Bürgermeister Georg Riedmann abstimmt, der sich klar gegen die Südumfahrung positioniert hat, aber auch Vorsitzender der Kreistags-CDU-Fraktion ist.