23. Januar 2018
Dass die B 31 zwischen
Immenstaad und Meersburg ausgebaut wird, steht fest. Doch wo die Straße
verlaufen wird, ob es bei der bestehenden Trasse bleibt oder ob sie verlegt wird,
ist noch völlig offen. Das Regierungspräsidium Tübingen, das für den Bau der
Straße verantwortlich ist, will den Planungsprozess so transparent wie möglich
gestalten und hat dafür ein Dialogforum ins Leben gerufen. Der Dialog wird vom
Team Ewen begleitet, einem Darmstädter Büro, das auf
Konflikt- und Prozessmanagement spezialisiert ist. SZ-Redakteurin Barbara Baur
hat sich mit Christoph Ewen über das Projekt
unterhalten.
Herr Ewen, wie weit sind die Planungen und der Dialogprozess zum
Ausbau der B 31 fortgeschritten?
Wir sind mitten in einem guten
Dialog und in der Hoffnung, eine geeignete Trasse zu finden. Seit 40 Jahren
sind sich fast alle einig, dass die bisherige B 31 nicht mehr ausreicht.
Aber keiner will, dass eine neue Straße hinter seinem Haus vorbeiführt. Jetzt
versuchen wir, eine Trasse zu finden, die nach der Abwägung aller Fakten für
alle Beteiligten die bestmögliche Variante ist. Einen Konsens, mit dem jeder
absolut zufrieden ist, wird es wahrscheinlich nicht geben. Aber um ein
möglichst optimales Ergebnis zu erzielen, gibt es den Dialog, bei dem die
Sachfragen transparent dargelegt werden.
Wie wollen Sie das
erreichen?
Im Dialogforum werden Fragen,
Hinweise und Ideen von Bürgern, interessierten Akteuren und Institutionen
besprochen. Für das Dialogforum wurden zufällig ausgewählte Bürger eingeladen,
zu den interessierten Akteuren gehören Initiativen, Verbände und Kammern.
Außerdem beziehen wir in den beiden Facharbeitskreisen Fachleute aus der Region
ein, zum Beispiel die Polizei, Kreisverwaltung und Umweltverbände. Das
Regierungspräsidium hat zugesagt, die Hinweise aus der Region einzubeziehen,
soweit das möglich ist.
Wer beteiligt sich
noch an der Suche nach einer geeigneten Trasse?
Es gibt noch einen politischen
Begleitkreis, der aus den Bürgermeistern der betroffenen Gemeinden, dem Landrat
und dem Vorsitzenden des Regionalverbands besteht. Seine Aufgabe ist es, die
politischen Vorstellungen der Region in Planung und Dialog einfließen zu
lassen. Zusätzlich gibt es die beiden Facharbeitskreise Verkehr und Umwelt.
Ihre Aufgabe ist es, wichtige Themen wie Verkehr, Naturschutz und
Landwirtschaft zu klären. In den Fachkreisen stellen die Gutachter ihre
Vorgehensweise vor und holen sich Feedback. Für das Verkehrsgutachten etwa
musste überlegt werden, wo welche Fahrzeuge gezählt werden können, um eine
Prognose zu machen, mit wieviel Verkehr wir in den Jahren 2030/2035 rechnen
müssen. Erst auf dieser Grundlage kann erarbeitet werden, was für eine Straße
wir brauchen.
Woher kann man
jetzt schon wissen, wieviel Verkehr 2035 durch die Region fließt?
Man kann nur Annahmen treffen.
Aber was jetzt schon bekannt ist, ist die demographische Entwicklung und dass
wir uns in einer wirtschaftsstarken und wachsenden Region mit Urlaubern und
Messebesuchern befinden. Doch es zeichnet sich auch ab, dass die Zuwächse im
Verkehr nicht mehr so stark sein werden wie in den vergangen 20 Jahren.
Was wird noch
berücksichtigt?
Wichtig sind vor allem noch die
Umweltfragen. Zum einen sind Tiere und Pflanzen betroffen, zum anderen Wasser,
Boden, Luft, Klima und die bisherige Nutzung durch den Menschen. Es wird auch
untersucht, ob es Betriebe gibt, die durch den Flächenverbrauch der Straße in
ihrer Existenz bedroht werden würden. Schließlich wird abgewogen, welche
Faktoren wie wichtig sind.
Wie werden
mögliche Trassen dann näher eingegrenzt?
Ein technischer Planer schaut
sich die Varianten genauer an. Er beginnt dann mit einer groben Planung. Denn
die Trassen müssen genauer beschrieben werden, wenn man sie miteinander
vergleichen will. Dann sieht man zum Beispiel erst, wie viele lärmbetroffene
Menschen es gibt, wie der Eingriff in den Wasserhaushalt aussieht, was
grundsätzlich nicht geht oder was machbar ist.
Wie bekommt man
all das unter ein Dach?
Es ist ein Wechselspiel
zwischen Gutachterarbeit und dem Dialog. Man kann es sich vorstellen wie einen
Trichter, in den man immer tiefer eintaucht. Manche Varianten fallen durch
diesen Prozess weg. Uns ist es wichtig, dass die Akteure in der Region wissen,
warum manche Varianten wegfallen und das so transparent wie möglich gearbeitet
wird.
Können Sie
erläutern, wie eine Sitzung beim Dialogforum abläuft?
Zu den Treffen kommen etwa 30
Leute, die sich in einem Stuhlkreis zusammensetzen. Teilweise arbeiten wir auch
in Kleingruppen. Am Anfang haben wir die Interessensgruppen und die
Zufallsbürger zeitweise getrennt moderiert, um die Zufallsbürger zu stärken.
Denn wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Vertreter der Interessensgruppen
sehr eloquent sind. Inzwischen haben wir eine ganz erfrischende, gute Mischung
aus speziell Interessierten und normalen Bürgern. Wir sammeln die Kommentare
und hören uns an, was den Teilnehmern wichtig ist. Die Planer schauen, wie sich
die Ideen im Rahmen des Möglichen verwirklichen lassen könnten. Die Teilnehmer kommen
untereinander sowie mit dem Planungsteam und den Gutachtern ins Gespräch. Die
Kunst wird am Ende sein, so durchs Gelände zu kommen, dass man es nicht
vollkommen verunstaltet, wertvolle Flächen wie Rebflächen oder Obstplantagen
erhält und die Menschen vor Lärm schützt.
Wieviele Verkehrsinitiativen gibt es zwischen
Immenstaad und Meersburg und für welche Varianten setzen sich die Akteure ein?
Es gibt inzwischen in jedem Ort
eine Initiative, also insgesamt fünf. Inhaltlich gibt es drei große Richtungen.
Die einen wollen weg vom Ufer weil sie finden, dass
dort alles zu eng und zu dicht besiedelt ist. Andere wollen Meersburg und Ittendorf schützen und sind für die Ausbauvariante. Die
Umweltverbände finden, dass sowieso zu viele Straßen gebaut werden und sind für
die Verbesserung der bestehenden Straße.
Warum nimmt das
Regierungspräsidium mit dem Dialogforum so einen großen Aufwand auf sich?
Das langfristige Ziel ist, dass
am Ende das Planfeststellungsverfahren reibungsloser läuft. Das
Regierungspräsidium hofft, schon im Vorfeld alles abzuklären, was stichhaltig
gegen die Straße sprechen könnte. Gleichzeitig soll der Frieden in der Region
möglichst gesichert werden.