Symbolischer Spatenstich steht am Anfang von
vier Jahren Bauphase – Kritik des Landrats zu Zuschussregelung
Kehlen - Die Fahnen von Gemeinde,
Bodenseekreis und Land haben gestern einmütig überm Podium im Wind geweht. Ganz
so einmütig ging es darunter aber doch nicht zu beim offiziellen Spatenstich
für die Südumfahrung Kehlen – was am Geld lag. In den Reden von Landrat und
Ministerialdirektor taten sich unterschiedliche Einordnungen auf – und
Landtagsabgeordneter Manfred Lucha grummelte
vernehmbar dazu.
Mehr als 100 Interessierte und
Betroffene haben auf der Baustraße eine stattliche Kulisse gebildet – unter
ihnen viele Kehlener, aber auch Weggefährten des nun
36 Jahre dauernden Verfahrens, wie Siegfried Tann, Roland Karl Weiß oder auch
Peter Foss, der vormalige Leiter des Straßenbauamtes.
Bis ins Jahr 1979 blickte
Landrat Lothar Wölfle zurück – an den Kreistagsbeschluss als Erstimpuls. Mitte
der 80er Jahre habe das Verfahren gestockt – was sich erst 2001 änderte, als
die technische Planung einsetzte. „Es ist ja nicht so, dass man einfach einen
Strich auf einer Karte setzt“, verdeutlichte Wölfle.
Anwohnerbrief: „kein
Freudentag“
Und dass die gefundene Trasse
nicht nur Anhänger hat, war bis 2012 steter Begleiter (angesichts von Klagen) –
und auch jetzt seien ihm Briefe von Anwohnern zugegangen, dass der Tag des
Spatenstichs „kein Freudentag“ sei. In der Abwägung „Entlastung hier/möglichst
geringer Eingriff dort“ stellten sich aber Kreistag wie Gemeinderat hinter die
Trasse.
Eine maßgebliche
Verbindungsfunktion zur Messe und für den Norden Friedrichshafens sprach ihr
der Landrat zu. Und: „Wir entlasten die Ortslage von Kehlen vom Verkehr und
erhöhen in der Ortsdurchfahrt die Verkehrssicherheit.“ Wenn die K 7725 nach 2019
zur Gemeindestraße abgestuft werde, könnte dies weitere Vorteile für Kehlens Bürger bringen.
Neben Dankesworten flocht
Wölfle Kritisches aus Kreis-Sicht zu den Zuschüssen ein. 20,4 Millionen Euro
lautet die Kostenberechnung, auf 6,6 Millionen beläuft sich nach langen
Verhandlungen der Landeszuschuss. Der Kreis hat somit 13,8 Millionen Euro zu
stemmen. Dem stellte Wölfle die Berechnung von 2004 gegenüber, als der
Förderantrag erstmals gestellt wurde: 60 Prozent hätte da der Fördersatz
betragen, sodass beim Kreis acht Millionen hängen geblieben wären.
Dass heute – wie es die
Landesregierung will – mehr Geld in den Umweltverbund und weniger in den
Straßenbau fließt, sorgt Wölfle: „Das geht zu Lasten des ländlichen Raumes“,
diese Befürchtung rief Widerworte des zuhörenden MdL Manfred Lucha hervor.
Und doch fiel Wölfles Fazit
positiv aus: „Es ist ein guter Tag“, schloss er – werde doch dem Problem der
Verkehrsinfrastruktur im Kreis zu Leibe gerückt.
1,5 Kilometer Kreisstraße für
20 Millionen Euro, „das ist ein erheblicher Brocken“, ging auch
Ministerialdirektor Gerd Klaiber aufs liebe Geld ein. Die Grüße des
verhinderten Verkehrsministers überbringend stufte er die Südumfahrung als
eines der förderteuersten GvfG-Projekte im
Regierungspräsidium ein. Zumal: „6,6 Millionen sind kein Pappenstiel.“
Beitragen will das Land damit zur Nordanbindung Friedrichshafens und dass die
im Jahr 2019 für Kehlen prognostizierten 18 000 Fahrzeuge pro Tag erträglich
fließen.
Die Anwohner rückte
Bürgermeister Andreas Schmid in den Fokus. Zum einen die Kehlener,
die mit dieser Verkehrsmenge auf „einer völlig unzureichend ausgebauten
Kreisstraße“ eine unzumutbare Belastung erlebten. Auch für die Gerbertshauser – allen voran denen in der Brückenstraße –
soll die Umfahrung Entlastung bringen. Daher löse der heutige Spatenstich
Freude aus.
Zum anderen ging ein Hinweis an
„die direkten Anwohner der neuen Trasse“: Um sie so weit als möglich zu
entlasten, finanzieren Gemeinde und Kreis je hälftig Lärmschutzmaßnahmen, die
über das gesetzlich Notwenige hinausgehen. Ausführlich ging Schmid zudem auf
die B 30-neu ein, bei der großer Handlungsbedarf bestehe.
Zu Musik (wie schon zuvor: die
Jubiläumskapelle aus Kehlen) und Imbiss lud die Gemeinde abschließend zum
angrenzender Landwirt Martin Schlachter ein. Was nicht das letzte Fest an der
Baustelle gewesen sein muss – stehen doch noch 100 Liter Bier vom abwesenden
Landtagsabgeordneten Ulrich Müller aus. Manne Lucha
erinnerte daran, dass er mit Müller diese Wette zum Bau der Umfahrung im April
2012 auf dem Podium bei der Bürgerinformation in Kehlen eingegangen sei.