Ohne Moos bleibt auf Hagnaus Straßen was los
Rund 400
Menschen wollen im Hagnauer Gwandhaus
von Landesverkehrsminister Winfried Hermann erfahren, wie es weitergeht mit dem
Straßenbau am Bodensee.
Michael Scheyer
Hagnau sz Viel Applaus hat Winfried Hermann im Hagnauer
Gwandhaus nicht geerntet. Aber das war ihm wohl schon
im Vorfeld klar: „Ich wusste schon, Sie sind nicht begeistert“, sagte er in
einem stillen Moment ins Mikrofon, „aber Sie wollten es ja so.“ Was wollten die
Hagnauer? Sie wollten wissen, wie das ist mit Hagnau und dem Rest der Welt, der durch Hagnau
durch und um Hagnau herumfährt, Lärm verursacht und
eigentlich überall hingehört, aber nicht nach Hagnau.
Aber das, was Hermann – der Verkehrsminister, der in
Stuttgart mit dem E-Bike zum Landtag strampelt – in der gemeinsamen
Diskussionsrunde der hiesigen grünen Orts- und Kreisverbände zu sagen hatte,
klang eher noch entschuldigend als verteidigend. „Ich bin ja nicht seit 58
Jahren Verkehrsminister“, sagte vor der großen Zuhörerschaft. Seine Vorhänger
hätten im Land ein regelrechtes Straßenstückwerk hinterlassen. Und dieses müsse
er nun wieder aufräumen.
Derweil: „Wir als Land sind das Ausführungsorgan des Bundesverkehrsminsteriums“, erklärte Hermann. Über Ausbau
und Neubau von Bundesstraßen entscheide allein der Bund. Baden-Württemberg habe
in Berlin Straßen für etwa 11 Milliarden Euro angemeldet, erhalte gegenwärtig
aber nur zwischen 120 und 180 Millionen Euro jährlich zugewiesen. „Da kann man
davon ausgehen“, sagte der Minister lapidar, „dass einige Straßen nicht gebaut
werden.“
Gleichzeitig habe die Vorgängerregierung das Personal
der Straßenbauverwaltung halbiert, von 2000 auf 1000 Mitarbeiter. Nun müsse er
wieder aufstocken, da seine Behörde sonst gar nicht in der Lage wäre,
Großprojekte in absehbarer Zeit abzuarbeiten. „Drei Großprojekte gleichzeitig
am Bodensee sind völlig unvorstellbar“, meinte Hermann. Dass Hagnau sich zwischen dem Ausbau in Friedrichshafen und
Überlingen zu einem Nadelöhr entwickele, sei ihm bewusst. Doch seine
Vorstellung sei es, dass die Planungen für die Hagnauer
Umgehungsstraße bis in fünf Jahren abgeschlossen sein sollen – zeitgleich mit
dem Abschluss der Bauarbeiten in Friedrichshafen und Überlingen –, damit dann
das Planfeststellungsverfahren auf den Weg gebracht werden und in sieben
Jahren, ab heute gesehen, der Bau beginnen könne. „In sieben Jahren können wir
frühestens loslegen“, damit begrub Hermann alle Hoffnung, dass die
Umgehungsstraße früher kommen könnte.
Zu viele Laster unterwegs
Noch weniger als für die Straßen selber, könne das
Verkehrsministerium allerdings etwas dagegen tun, was auf den Straßen rollt.
„Den Lasterverkehr kann man aus Landessicht wenig steuern“, sagte Hermann.
Lärmbelastung ließe sich deshalb nicht ohne weiteres reduzieren. Auch deshalb
nicht, weil die EU es versäumt habe, Grenzwerte festzulegen, nach denen sich
eine Landesbehörde richten könne. Angedacht sei jedenfalls die Förderung von
Lasterterminals in Baden-Württemberg, die den Schwerlastverkehr auf sich konzentrieren
sollen und damit entfernte Strecken entlasten. In Pfullendorf könne sich ein
solches Terminal befinden.
Im Einklang mit seinen Verkehrsministerkollegen sei
Hermann außerdem der Ansicht, dass die LKW-Maut verschärft werden müsse, um
Laster von Bundesstraßen und Landesstraßen wegzubekommen. Sie solle bereits für
3,5-Tonner gelten. Da die „Sprinter“-Größen müssten keine Maut zahlen müssten,
habe sich deren Anzahl auf Straßen vergrößert. „Aber der Bundesverkehrsminister
hat das Gegenteil von dem gemacht, was die Verkehrsministerkonferenz gewünscht
hat“, sagte Hermann verärgert. „Er hat die Mautkosten für LKW gesenkt.“
„Hier sind Dinge unterwegs“, beschwerte sich ein
Zuhörer laut übers Mikrofon, „die gehören hier nicht her.“ Aber das sah der
Minister anders. „Wenn da ein rumänisches Kennzeichen auf einem LKW ist, heißt
das noch lange nicht, dass es eine ausländische Spedition ist.“ Deutsche
Transportunternehmen beschäftigten Laster im Ausland, um Kosten zu sparen.
„Machen Sie sich doch nichts vor“, sagte Hermann. Kleider und elektronische
Geräte, die hier verkauft würden, würden von diesen Lastern hergebracht. Der
Transport von Lastkraftwagen sei zu billig, meint Hermann, „und er darf nicht
billiger werden.“