14.01.2015 (Aktualisiert 17:27 Uhr)

Anton Fuchsloch

Bürgermeister gegen grüne Verkehrspolitik

Die Tunnel-Idee von Martin Hahn kommt nicht gut an – Startschuss für Weiterplanung der B 31 im März

Selbst wenn 2020 Fischbach umfahren wird, bleibt die B 31 im Bodenseekreis Verkehrsthema Nummer eins.

Mit seinem Vorschlag, eine Tunnellösung für die B31 in Hagnauin Erwägung zu ziehen (SZ vom 3. Januar), kommt Martin Hahn bei der Mehrheit seiner Kreistagskollegen, vor allem bei den Bürgermeistern, nicht gut an. Jürgen Beisswenger (FW) nahm die Idee des grünen Landtagsabgeordneten bei Immenstaader Neujahrsempfang am Sonntag (SZ vom 12. Januar) zum Anlass, vor einer Abkehr von der bisherigen Planung zu warnen. Auch seine Kollegen Simon Blümcke (FW), Hagnau, und Daniel Heß (CDU), Stetten, geben Hahn kontra.

Der Gescholtene sieht die Sache eher gelassen und fordert seine Kontrahenten auf, die Schützengräben zu verlassen. „I sag halt was i denk“, meinte Hahn. Bis dato sei ja alles offen, nicht einmal die Trasse wie die B31 zwischen Immenstaad-Ost und Überlingen-West geführt werde, stehe fest. Und wenn geplant werde, wozu Verkehrsminister Winfried Hermann im März persönlich den Startschuss geben werde, müsse ohnehin alles auf den Tisch. Siehe Meckenbeuren, wo für den Neubau der B 30 neben den Varianten „West“ und „Ost“ jetzt ein Korridor „Mitte“ untersucht werde. Dass eine Tunnellösung für Hagnau unter den Gesichtspunkten Umweltverträglichkeit, Landschaft und Landverbrauch günstiger und planerisch schneller zu realisieren wäre, liege für ihn auf der Hand. Für ihn sei das Ganze aber ein offener Prozess, an dessen Ende die beste Lösung stehen müsse.

„Schlechteste aller Lösungen“

Die Bürgermeister der betroffenen Gemeinden sehen das anders. Ein Tunnel bei Hagnau hätte nach Ansicht von Beisswenger die logische Konsequenz, „dass ein Ausbau der heutigen B 31 an der Peripherie unserer Gemeinden stattfinden würde, und das wäre die schlechteste aller Lösungen für die Menschen, für die städtebauliche Entwicklung, für die Erholungsorte und für den Obst- und Weinbau“. Zusammen mit den vom baden-württembergischen Verkehrsministerium ganz offiziell auf Eis gelegten Ortsumfahrungen von Salem-Neufrach, Bermatingen und Markdorf laufe Hahns Vorschlag auf eine Abkehr vom Planungsfall 7.5 hinaus.

Über diese Bündelungsidee von B31 und B 33 bestehe seit 20 Jahren weitgehender Konsens in der Region, sagte der Immenstaader Bürgermeister. Zugunsten des Planungsfalls 7 seien damals sämtliche Umfahrungen entlang der B 31 von Markdorf bis Ravensburg aus dem Bundesverkehrswegeplans gestrichen worden. Diese millionenteuren und landschaftsfressenden Straßenneubauten müssten aber allesamt gebaut werden, wenn Hagnau den Tunnel bekommen würde, sagtSimon Blümcke auf Nachfrage. Da könne er den geschätzten MdL Hahn nicht wirklich verstehen.

„Für unsere, von zwei Bundesstraßen (B 31 und B 33) belastete Gemeinde, würde eine Tunnellösung für Hagnau nur Nachteile mit sich bringen“, sagt sein Stettener Kollege Daniel Heß. Stetten würde auf der Südseite durch den Bau von mindestens drei Fahrbahnen und infolge dessen von einem gewaltigen Einschnitt in die Landschaft vom Bodensee abgetrennt. Sensible Rebflächen wären betroffen, und die im Planfall 7.5 geführte Umfahrung Stettens würde wegfallen.

Dass das heutige baden-württembergische Verkehrsministerium den unter der großen Koalition ab 1992 beschlossenen Planfall 7.5 nicht mehr als das Maß aller Dinge sieht, deutete sich Mitte 2014 an. Die Planung der Ortsumfahrungen Bermatingen und Salem-Neufrach wurden auf Eis gelegt. Ebenso werde die Umfahrung Markdorf im Zuge der B 33 hängengelassen. Als Begründung wurde angeführt, man wolle die Planungsaktivitäten auf die B 31 konzentrieren. Das sei nur vorgeschoben. „Sie wollen die Straßen nicht“, konstatierte Landtagsabgeordneter Ulrich Müller (CDU).

„Hintergangen und betrogen“

Nicht nur enttäuscht und verbittert, sondern „in dieser Sache hintergangen und betrogen“ fühlt sich Salems Bürgermeister Manfred Härle (CDU). Als Tiefpunkt des Jahres 2014 stellte Härle den durch das Stuttgarter Verkehrsministerium verfügten Planungsstopp für die Neufracher Südumfahrung an den Pranger. Für Bermatingens Bürgermeister Martin Rupp (FW) kommt der Planungsstopp einem Wortbruch gleich. „Das ist ein Schlag ins Gesicht der Bermatinger Bürger“.

Der Kreistag des Bodenseekreises hatte schließlich in seiner letzten Sitzung des vergangenen Jahres eine Resolution zu den Ortsumfahrungen Markdorf, Bermatingen und Salem-Neufrach verabschiedet. Gegen die Stimmen der Grünen, aber mit denen der SPD, die bekanntlich in Stuttgart mitregiert.

Nicht akzeptabel sei, dass die Region auf Umfahrungen verzichten solle, weil nun eine Bundesstraße ausgebaut werde, erklärte Dieter Stauber für die SPD und forderte: „Vorfahrt für die B 31, aber kein Stoppschild für die Umfahrungen.“

 

 

 

 

KOMMENTARE (1)

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15.01.2015, 21:35 Uhr

 

Der P7.5 bewirkt mehr Landschaftszerstörung als der Ausbau der bestehenden B31 mit einem Tunnel bei Hagnau ! Die Argumentation von Bürgermeister Blümcke ist nicht nachvollziehbar. Zitat aus obigem Artikel:: "Zugunsten des Planungsfalls 7 seien damals sämtliche Umfahrungen entlang der B 31 von Markdorf bis Ravensburg aus dem Bundesverkehrswegeplans gestrichen worden. Diese millionenteuren und landschaftsfressenden Straßenneubauten müssten aber allesamt gebaut werden, wenn Hagnau den Tunnel bekommen würde, sagt Simon Blümcke." Im Raumordnungsverfahren zur B31 neu zwischen Überlingen und Immenstaad wurde sowohl die 7.5-Trasse untersucht, als auch ein Ausbau auf der bestehenden B31-Trasse. In beiden Fällen wurden die B33-Ortsdurchfahrten zwischen Markdorf und Ravensburg in ganz ähnlicher Weise entlastet. Es ist daher überhaupt nicht erkennbar, wieso im Falle eines B31-Ausbaus mit einer Tunnellösung für Hagnau zusätzliche B33-Ortsumgehungen Richtung Ravensburg erforderlich sein sollen. Die von Blümcke favorisierte 7.5-Variante für die B31 neu bedeutet hingegen (im Vergleich zur Ausbauvariante) viele km Neutrassierung im bodenseenahen Hinterland. Sie weist daher eindeutig einen deutlich höheren Landschaftsverbrauch auf. Abgesehen davon muss die Frage gestellt werden, ob die Realisierung der gesamten "Bündelungstrasse" zwischen Überlingen und Ravensburg mit Gesamtkosten von über 600 Millionen Euro schon unter finanziellen Gesichtspunkten überhaupt je realisierbar ist. Zudem erfordert der Klimawandel eine grundlegende Wende in der Verkehrspolitik. Um Kfz-Verkehr auf sparsamere Verkehrsmittel zu verlagern, müssen künftig möglichst alle Neuinvestitionen in den Ausbau von Bahn, Bus sowie Fahrrad- und Fußverkehr fließen. Eine 4+2-spurige autobahnähnliche Trasse zwischen ÜB und FN würde hingegen viel zusätzlichen Kfz-Verkehr erzeugen und auch großräumige Verkehrsströme in die Bodenseeregion verlagern. Beides wird bisher in allen Prognosen ignoriert.