Stadt sagt Nein zu ganztägigem Tempo 30

Die Stadt Markdorf hat ihre Stellungnahme zu dem Antrag von Anwohnern der Bundesstraße 33 eingereicht, die ein ganztägiges Tempo 30 in der Ortsdurchfahrt wünschen. Das Ergebnis: Die Verwaltung stellt sich hinter den Mehrheitsbeschluss des Gemeinderats zum Lärmaktionsplan, der Tempo 30 nur zwischen 22 und 6 Uhr wünscht. Nun hoffen die Initiatoren des Antrags, Juliane Nagyund Heinrich Riede, auf das Landratsamt. Vor allem, weil sie eine ganz andere rechtliche Grundlage anführen.

Die Ausgangslage: Die Stadt Markdorf hat die Umsetzung der im Gemeinderat beschlossenen Punkte beim Landratsamt beantragt. Dazu hatten das Regierungspräsidium Tübingen und das Landratsamt Bodenseekreis noch Rückfragen. Rückfragen hatte das Landratsamt auch zu dem Antrag von Juliane Nagy und Heinrich Riede.

Die Straßenverkehrsordnung

Die zweite Rückfrage war nötig, da sich dieser Antrag auf die Auslegung der Straßenverkehrsordnung und nicht auf die Punkte im Lärmaktionsplan beziehen. Darin legen sie das Augenmerk auf Paragraf 45: „Die Straßenverkehrsbehörden können die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten. Das gleiche Recht haben sie zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen.“

Das Verwaltungsgericht Oldenburg hat in einem Urteil vom 13. Juni 2014 einige Leitsätze dazu formuliert. Demnach hat ein Anwohner „gegenüber der Straßenverkehrsbehörde in Wohngebieten Anspruch auf Einschreiten bei Werten von mehr als 70 Dezibel(A) am Tag und 60 Dezibel(A) in der Nacht“. Aus der Lärmkartierung des Planungsbüros Rapp Trans geht hervor, dass das Gebäude von Heinrich und Jutta Riede tagsüber einer Lärmbelastung von 78 Dezibel(A) ausgesetzt ist.

Trotz dieser Ausgangssituation lehnt die Stadt Tempo 30 ganztags in Markdorf ab. „Wir fühlen uns an die Entscheidung des Gemeinderats gebunden“, sagt Stadtbauamts-Mitarbeiter Matthias Schäfer. Bürgermeister Georg Riedmann hätte sich durchaus mit Tempo 30 ganztags anfreunden können, doch CDU, Freie Wähler und vier der fünf anwesenden Umweltgruppen-Mitglieder stimmten im Gemeinderat Ende Juli mit Riedmann für die nächtliche Variante von Tempo 30.

„Wir sehen eine reelle Chance, da letztlich die Verkehrsbehörde entscheidet“, sagt Frieder Staerke. Das BUND-Mitglied unterstützt die Antragsteller in ihrem Vorhaben. Aus dem Leitsatz des Verwaltungsgerichts Oldenburg leiten sie einen Anspruch ab. Staerke ist davon überzeugt, dass Riede seit vielen Jahren die Einführung von Tempo 30 auf der Ravensburger Straße hätte einfordern können. „Durch die Kartierung für den Lärmaktionsplan kann jeder sehen, wie viel Lärmbelastung er ausgesetzt ist“, betont Staerke.

Eines sei klar: „Wir fordern nicht, dass der Lärmaktionsplan zurückgenommen wird“, sagt Juliane Nagy. Auch wenn es sich bei der Ortsdurchfahrt um ein Misch- und kein reines Wohngebiet handele, so wäre der Wert, der zum Handeln auffordert, laut Staerke zwei Dezibel(A) höher – also 72 Dezibel(A), was immer noch sechs Punkte unter der Belastung von Heinrich und Jutta Riede liege.

70 Anwohner hätten den Antrag unterzeichnet: „Ich habe nur zwei Menschen getroffen, die es anders sehen“, betont Juliane Nagy. Staerke erinnert daran, dass das Regierungspräsidium und das Landratsamt bei der Bewertung des Lärmaktionsplans signalisiert hätten, dass Tempo 30 gerechtfertigt sei. „Wenn nicht hier, wo dann?“, fragt Staerke. Durch die Geschwindigkeitsbegrenzung wäre den Anwohnern „kostengünstig und schnell“ geholfen.

Landratsamt am Zug

Nun ist also das Landratsamt am Zug. Es muss zu einer Entscheidung kommen, ob der Antrag aufgrund der Straßenverkehrsordnung gerechtfertigt ist und Tempo 30 angeordnet wird. Da das Schreiben der Stadt erst am Donnerstag das Rathaus verlassen hat, hat sich das Landratsamt mit diesem Thema noch nicht befassen können. „Wir bekommen keine paradiesischen Zustände“, dennoch will Juliane Nagy dafür kämpfen, dass die Lärmbelästigung geringer ausfällt.

Eines sei klar: „Es wäre der einfachere Weg gewesen, wenn der Gemeinderat dem Vorschlag von Rapp Trans zum Lärmaktionsplan zugestimmt hätte“, meint Staerke. Der Entwurf sah ein ganztägiges Tempo 30 in der Ortsdurchfahrt vor – so wie es die Antragsteller fordern.