Der politische Kampf um die B 31 beginnt

Kreistag wählt am 24. Februar 2015 den Landrat – Amtsinhaber Lothar Wölfle lässt offen, ob er für weitere acht Jahre antritt

Landrat Lothar Wölfle sitzt seit sieben Jahren fest im Sattel.

Anton fuchsloch

Friedrichshafen sz Die erste Amtsperiode von Lothar Wölfle (CDU) geht 2015 zu Ende. Ob sich der Landrat des Bodenseekreises für weitere acht Jahre um den Spitzenposten bewirbt, hat er uns im Sommerinterview nicht verraten. Dass ihm das Amt aber nach wie vor Freude mache und er für die Zukunft des Landkreises noch eine Menge Ideen hätte, versicherte er im Gespräch mit Anton Fuchsloch.

Im Mai 2007 haben Sie Ihr Amt angetreten. Sie sitzen fest im Sattel und können sich der Unterstützung der meisten Fraktionen im Kreistag ür weitere acht Jahre sicher sein. Treten Sie noch einmal an?

Das kann ich Ihnen leider noch nicht verraten. Ich werde zuerst das Gespräch mit den Fraktionsvorsitzenden des Kreistags suchen und danach entscheiden, ob ich mich erneut bewerbe. Im Übrigen will ich mich nach dem vorgegebenen Prozedere richten und die Spielregeln einhalten.

Und wie lauten diese?

Die Stelle wird voraussichtlich im November ausgeschrieben, dann läuft die Bewerbungsfrist. Ein Wahlausschuss gibt die Liste der gültigen Bewerber an das Innenministerium weiter, wobei dieses einen Dreiervorschlag dem Kreistag zur Wahl vorlegt. Der Landrat ist einerseits Wahlbeamter des Landkreises. Da er aber auch Leiter der staatlichen unteren Verwaltungsbehörde ist, hat sich das Land bei der Wahl gewisse Mitwirkungsrechte vorbehalten. Die Wahl im Kreistag wird am 24. Februar 2015 stattfinden.

Können Sie uns wenigstens Ihre Ideen verraten, die Sie im Hinblick auf die Zukunft des Bodenseekreises haben?

Mit Hochdruck arbeiten wir zur Zeit an dem Maßnahmenpaket für unser Demografiepapier. Dabei geht es um Zukunftsthemen angefangen von der beruflichen Bildung über Sozialsysteme bis hin zum Tourismus. Wir müssen uns weiter intensiv um die Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur und die Finanzen kümmern. Wir haben in den vergangenen sieben Jahren zwar unsere Verschuldung von 60 auf 30 Millionen Euro halbiert, aber die Aufgaben werden nicht weniger. Ein großes Thema wird auf jeden Fall die soziale Sicherung sein.

Fangen wir beim Verkehr an. Die B 31 zwischen Friedrichshafen-West und Immenstaad-Ost wird ab 2015 gebaut und könnte 2020 fertig sein. Wie es dann weiter geht, steht in den Sternen?

Ich hoffe nicht. Seit drei Jahren sage ich, dass wir weiterdenken und planen sollten. Denn eins ist klar: Wenn die Umfahrungen Friedrichshafen 2020 und Überlingen ein paar Jahre später fertig sind, wird Hagnau die einzige Ortsdurchfahrt auf der ganzen B 31 von Lindau bis Freiburg sein. Man braucht nicht Verkehrsexperte zu sein, um zu ahnen, was dann passiert. Wir werden dann nicht mehr gelegentliche Staus von ein bis zwei Kilometer Länge vor Hagnau sehen, sondern stehende beziehungsweise schleichende Autoschlangen von fünf und mehr Kilometer. Das können wir sehenden Auges nicht hinnehmen.

Aber mit einer isolierten Lösung für Hagnau ist es nicht getan, wie jüngst Immenstaads Bürgermeister Beisswenger sagte. Wie könnte eine Gesamtlösung zwischen Immenstaad und Überlingen aussehen?

Das muss ein Planungsprozess ergeben, der möglichst bald beginnen sollte. Der Ball liegt momentan beim Land, das Planungsmittel und Planungskapazitäten dafür zur Verfügung stellen muss. Erst vor zwei Monaten habe ich darüber mit Ministerpräsident Kretschmann gesprochen, und ich hatte den Eindruck, dass er das verstanden hat.

Schwierig und voraussichtlich langwierig wird dieser Planungsprozess allemal. Wo liegen die Knackpunkte?

Da gibt es eine ganze Menge. Das fängt bei Immenstaad an, das auf eine Trasse im Bereich der Steigwiesen setzt. Dann geht es in Ittendorf weiter, wo nach dem Planfall 7.5 der Weingärtner Wald umfahren werden soll. Markdorf hat sich aber für eine südlichere Variante ausgesprochen, was wiederum Kippenhausen tangiert. Meersburg möchte offenbar den Status quo erhalten und möglichst wenig Veränderung vor der eigenen Haustür. Die Gemengelage ist kompliziert, wenngleich sich die meisten von uns darüber im Klaren sind, dass zwischen Meersburg und Immenstaad etwas geschehen muss.

Wie wollen Sie bei dieser diffusen Interessenslage alle unter einen Hut bekommen?

Das wird schwierig. Die Veränderung der Rechtslage im europäischen Artenschutz kommt uns etwas entgegen. Früher gab es eine Linienbestimmung, und aufgrund dieser Festlegung hat man eine bestimmte Trasse geplant. Jetzt müssen alle denkbaren Varianten in gleicher Intensität untersucht werden. Das heißt, der Planungseinstieg bedeutet noch keine Festlegung auf eine bestimmte Trasse. Das sollte allen den Einstieg erleichtern. Am Ende dieses Prozesses sollten aber alle das Ergebnis akzeptieren.

Das ist in Kluftern schon schwierig... Wie sollte der kommunale Konsens bei einem solchen Teilnehmerfeld gelingen?

Ich habe vor zwei Jahren schon die Bürgermeister der betroffenen Gemeinden eingeladen, um unsere Vorgehensweise gegenüber dem Land abzustimmen. Wichtig ist nun, dass die Planung ergebnisoffen möglichst bald beginnt. Wir reden hier ja über Zeiträume von zehn Jahren plus. Insofern ist jeder Tag, an dem nichts geschieht, ein verlorener Tag. Das ist mein eigentlicher politischer Kampf bei dem Thema.

Nicht nur auf der Straße, auch auf der Schiene ist der Bodenseekreis nicht up to date. Wer am Schweizer Bodenseeufer mit dem Zug unterwegs ist, weiß, dass es anders und besser geht. Die Bahnen fahren dort alle elektrisch, sind technisch top, komfortabel, die Bahnhöfe sauber, das Tarifsystem Ostwind vorbildlich. Warum kriegen wir das auf deutscher Seite nicht hin?

In der Schweiz, aber auch in Österreich sind die Menschen bereit, dafür mehr Geld in die Hand zu nehmen. Nicht nur, was die einzelne Fahrkarte, sondern auch was öffentliche Zuschüsse angeht. Dort fließt erheblich mehr in das System hinein. Dann kommt hinzu: In der Schweiz entscheiden die Kantone, in Vorarlberg das Land, bei uns reden mehrere politische Ebenen mit, was die Sache zäher macht. Sie sehen es an der Südbahn. Wenn die kommunale Seite keine eigenen Planungsmittel in die Hand genommen hätte, würden wir heute noch nicht über die Elektrifizierung reden. Ein Beispiel, wie es funktioniert, ist die BOB. Hier haben wir die Dinge in die Hand genommen.

Das Thema Unterbringung von Asylbewerbern brennt Ländern, Kreisen und Kommunen auf den Nägeln. Im August musste der Landkreis die Zuweisung von 50 Personen ablehnen. Anderswo wird zwangszugewiesen, werden Gebäude beschlagnahmt, Turnhallen belegt. Wie sieht es im Bodenseekreis aus?

Die Lage hat sich im Laufe des August bei uns etwas entspannt. Unterm Strich konnten wir nur 15 von den rund 70 zugewiesenen Personen nicht aufnehmen. 40 Personen sind im Laufe des Monats aus unseren eigenen Unterkünften ausgezogen, was uns Spielraum verschaffte. Dabei spielten die Ehrenamtlichen eine ganz wichtige Rolle. Sie helfen den Flüchtlingen nicht nur, sich im Alltag zurecht zu finden, sondern unterstützen sie auch in der Suche nach Wohnraum. Das finde ich toll, und das zeigt, dass die Stimmung in der Bevölkerung komplett anders ist als Ende der 80er Jahre.

Der Zustrom an Flüchtlingen wird allen Prognosen zufolge aber weiter zunehmen. Rein ehrenamtlich wird sich das Problem der Betreuung und Wohnraumbeschaffung nicht lösen lassen. Welche Perspektiven sehen Sie im Kreis?

Im September erwarten wir 70 bis 80 Asylbewerber. Da wir immer noch Menschen aufnehmen können, hat uns das Land bis dato noch keine Zwangszuweisungen angedroht. Das kann aber jederzeit passieren. Die zentrale Aufnahmestelle in Karlsruhe ist überlastet, die Kaserne in Meßstetten ist noch nicht einsatzbereit. Wir haben hier aber weder leer stehende Kasernen, noch still gelegte Firmengebäude und unsere Unterkünfte sind alle belegt. Wie schwer im Bodenseekreis Wohnungen zu bekommen sind, weiß jeder, der nach einer sucht. Wir haben natürlich einen Plan B - sprich Belegung von Turnhallen - schon in der Tasche, aber den ziehen wir nur, wenn nichts anderes geht. Wir sind in Verbindung mit Gemeinden, Bauträgern, Wohnungsbaugesellschaften und allen, die uns hier weiter helfen können. Aktuell sind wir dabei, in einer Gemeinde ein Zwölf-Familien-Haus zu kaufen. Wir versuchen auch, an Grundstücke heranzukommen, wo wir bauen können, wie wir das ja auch in Überlingen und Markdorf getan haben. Generell sehe ich aber nicht nur Probleme, sondern auch Chancen, vor allem was die Beschäftigung angeht. Wir müssen diesen Menschen den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern. Angesichts unserer demografischen Entwicklung brauchen wir Verstärkung.