19.08.2014

Auch Heckrinder freuen sich auf die B 31

Marius Becker

Friedrichshafen sz Die rund sieben Kilometer lange B 31-Neubaustrecke zwischen Friedrichshafen und Immenstaad frisst und verbraucht Natur. Dass dieser mehr oder weniger tiefe Eingriff in Flora und Fauna ausgeglichen wird, dafür sorgt das Bundesnaturschutzgesetz. Eine der ganz großen Ausgleichsmaßnahmen findet sich dabei in der „Fischbacher Senke“: Rund 13 Hektar heute noch größtenteils von der Landwirtschaft intensiv genutztes Land soll extensiviert werden. Ziel ist die „sanfte“ Bewirtschaftung der Fläche mit Heckrindern nach dem Vorbild des Hepbacher-Leimbacher Rieds.

Intensivlandwirtschaft ade, sanfte Nutzung der rund zehn Fußballfelder großen und zusammenhängenden Landschaft zwischen Fischbach und Kluftern heißt also die Devise. Was für den Naturschutz recht und billig ist, stößt bei den Bauern nicht unbedingt auf offene Ohren. Rainer Arnold, Chef des Ortsbauernverbandes Friedrichshafen, spricht „von Ausgleichsmaßnahmen, die uns schmerzen“. Deshalb, weil Fläche, die jetzt noch landwirtschaftlich nutzbar sei, künftig für die bäuerliche Produktion wegfalle. Und das in einer Region, wo der Druck auf Produktionsflächen eh sehr groß sei. Ins selbe Horn stößt auch Kreisbauernchef Dieter Mainberger. „Uns Landwirte freut es natürlich nicht, wenn Fläche, die urbar gemacht worden ist, im Sinne der Landwirtschaft wieder unbrauchbar gemacht wird.“ Und wenn es denn sein müsse, dann sollten es wenigstens die landwirtschaftlich uninteressanteren Flächen sein, meint der Bauernvertreter aus Kressbronn.

Umgestaltung im Jahr 2016

Wo künftig Rinder weiden sollen, wird heute Ackerbau- und Obstbau betrieben. Genutzt wird das künftige Ausgleichsgelände auch durch intensive Grünlandbewirtschaftung. Ein Großteil der Fläche hat die Stiftung Liebenau unter ihren Fittichen. Thomas Kaldenbach, Justitiar der Stiftung, bestätigt zwar, dass die Stiftung dort Flächen gepachtet habe. Man habe einen Vertrag über die Zwischennutzung unter Vorbehalt. „Wir haben gewusst, dass wir auf künftigen B 31-Ausgleichsflächen wirtschaften.“ Da gebe es klare Aussagen der Stadt Friedrichshafen (die hat die Verkaufsverhandlungen mit den Eigentümern geführt und die Flächen für den Bund erworben – Anmerkung der Redaktion).

Gibt es von der Stadtverwaltung keine offizielle Aussage über erworbenen Flächen, kommen Details von anderer Seite. „Die Stadt hat im Vorgriff des Straßenbaus einen Großteil der Flächen erworben“, sagt Wolfgang Schettler. Er ist im Auftrag des Regierungspräsidiums der leitende Landschaftsplaner der B 31-neu zwischen Friedrichshafen und Immen-staad. Mit Blick auf die „Fischbacher Senke“ meint der Konstanzer Landschaftsarchitekt, dass die zur Disposition stehende Ausgleichsfläche bei Fischbach „aus naturschutzrechtlicher Sicht entwicklungsfähig ist“, sprich aufwertbar sei. „Ziel ist die Nutzung zu extensivieren, eine Wiesennutzung mit teilweiser Verwässerung zu erreichen.“ Die Umgestaltung soll 2016 über die Bühne gehen.

Die 13 Hektar große Fläche soll allerdings nicht brach liegen bleiben, sondern weiter bewirtschaftet werden. Mit der besagten Rinderhaltung. Beweidung von Robustrindern wie dem Heckrind erfüllt auch Naturschutzziele, da sie offene Flächen erhält, die Lebensraum für viele Kleintierarten sind. In diesem Zusammenhang, so Schettler, gelte es, einen Landwirt zu finden, der die Tiere betreut und deren Fleisch vermarktet. Darüber hinaus soll in der Fischbacher Senke „neuer dauerhafter Lebensraum für seltene Insekten und Vögel entstehen“.

Weitere naturschutzrechtliche Maßnahmen im Zuge des B 31-Straßenbaus sind neben der Bachmuschelumsiedlung am Mühlbach (wir berichteten), die Schaffung einer Grünbrücke bei Buchschach, die Renaturierung des Manzeller Bachs mit Pufferstreifen (Schettler: „Ziel ist dort auch, eine seit den 90er Jahren dort verschwundene Libellenart wieder anzusiedeln“) sowie die naturnahe Umgestaltung der Brunnisach, insbesondere die Gewässeraue südlich von Efrizweiler.