Stift statt Spaten: Region macht beim Straßenbau Druck

 

Oberbürgermeister aus Ravensburg und Friedrichshafen haben vor der Bundestagswahl klare Erwartungen an Berlin und Stuttgart in Sachen B30 und B31

Region Ein Dutzend Spaten sind bereits aufgestellt und überreicht worden, um für den Ausbau der Bundesstraßen 30 und 31 zu demonstrieren. Geholfen hat es nichts.

„Die Zeit der Spatenstiche ist vorbei“, glaubt Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne). Der Absage folgt jetzt eine Ansage aus Ravensburg und Friedrichshafen. „Die ganze Region wird den Straßenbau vor der Bundestagswahl zu ihrem Thema machen“, sagen die Oberbürgermeister Dr. Daniel Rapp und Andreas Brand. Die Hoffnung: Der Stift, der das Kreuz auf dem Wahlzettel macht, ist der schärfere Spaten.

Die beiden Rathauschefs fühlen sich derzeit wie „Teilnehmer an einem Schwarze-Peter-Spiel, bei dem am Ende immer die Region verliert“, sagen sie im Gespräch mit der Schwäbischen Zeitung. Die Karten neu verteilt hat – wieder einmal - Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) mit der Ankündigung, die Mittel für den Bau von Bundesstraßen zu kürzen. Vorbei war sie, die kurze Freude in Ravensburg und Friedrichshafen, als mit der Priorisierungsliste des Landes der gordische Knoten endlich durchschlagen und ein Start im Jahr 2014 für beide Projekte in greifbare Nähe gerückt schien. Seitdem schieben sich Grün-Rot in Stuttgart und Schwarz-Gelb in Berlin die Schuld gegenseitig zu. Das Spiel könnte auch heißen: Wer bewegt sich zuerst?

 

Wer muss sich zuerst bewegen? Für Rapp und Brand ist das zu diesem Zeitpunkt, da die Haushaltsberatungen laufen, keine Frage: „Das Land hat seine Hausaufgaben mit der Priorisierung ganz hervorragend gemacht. Jetzt ist im nächsten Zug eindeutig der Bund gefordert“, sagen die beiden Nachbarn, die beide Straßen zu ihrem gemeinsamen Thema gemacht haben. „Der Bund muss die Mittelzuweisung starten und die Baufreigabe erteilen“, sagt das CDU-Mitglied Daniel Rapp. Andreas Brand (parteilos) zitiert die Bundeskanzlerin: „Es kann doch nicht so schwer sein, 7,2 Kilometer Straße zu bauen“, hat sie bei ihrem letzten Besuch in Friedrichshafen gesagt. „Passiert ist seitdem nichts.“

Alleine gelassen

Das Land lassen beide Oberbürgermeister aber auch keineswegs aus der Verantwortung. „Es braucht einen weiteren konstruktiven Beitrag aus Stuttgart. Denn es wäre ja immer noch genug Geld da, wenn Grün-Rot nur bereit wäre, nicht nur in Straßensanierung sondern einen kleinen Teil auch in Neubauten zu investieren. Wer verkündet, die Zeit der Spatenstiche sei vorbei, macht es sich zu leicht“, sagt Rapp. Bund und Land müssen sich an einen Tisch setzen, fordert Brand. Alleine: Es sei schwierig derzeit, die Mauern zwischen den politischen Lagern seien zu hoch. „Wir fühlen uns alleine gelassen“, sagt der Ravensburger OB und hat doch die Hoffnung nicht aufgegeben, dass die Rathauschefs die Moderatoren spielen könnten.

Das geht auch an die Adresse der gewählten Vertreter. „Es könnte und sollte die Stunde der Abgeordneten werden“, sagt Rapp. Wie er mit deren Lobbyarbeit in Stuttgart und Berlin zufrieden ist? „Ich sehe es vom Ergebnis her. Und mit dem bin ich sehr unzufrieden.“ Die Region werde deshalb nicht müde werden, vor der Bundestagswahl ihre klare Erwartungshaltung Richtung Berlin deutlich zu machen, sagt Brand: „Liefern statt Lippenbekenntnis“. Für rein haushaltspolitische Argumente fehlen den Bürgern jedes Verständnis, so der Häfler OB. Rapp: „Wer Betreuungsgeld und Praxisgebühr regeln möchte, sollte vorher andere Dinge aufs Gleis setzen.“ Nochmal Andreas Brand: „Man wird sich die Frage stellen müssen, wo die Wahl entschieden wird.“

Auf gute Argumente setzen

„Politische Kärrnerarbeit“ wollen beide Oberbürgermeister bis dahin leisten, Druck machen, alle Kommunikationskanäle nutzen, die großen Wirtschaftsunternehmen als Mitstreiter weiter mobilisieren, die Potenz dieser Region herausstreichen. Von Sternmärschen über die B 30 und B 31 sehen sie vorerst ab. „Ist es das, wie Politik funktioniert? Ich setze auf unseren guten Argumente“, sagt Andreas Brand. Auf Stift statt Spaten.

(Erschienen: 26.10.2012 14:15)