„So nicht, Herr Ramsauer!“

 

Weniger Geld aus Berlin für den Straßenbau – Politiker vom See kritisieren Kürzungen

 

Friedrichshafen / sz (flo/poi/af) - Was herrschte am See für eine Euphorie, nachdem die Landesregierung am 18. Juni die Prioritätenliste für baureife Straßenprojekte vorgelegt hatte. Von allen Straßenbauvorhaben in Baden-Württemberg, entschied das Verkehrsministerium, sei das Häfler Teilstück der B31 am dringlichsten. Es wurde sogar ein Spatenstich für 2014 in Aussicht gestellt. „Heute ist ein richtig guter Tag für die Region“, freute sich Martin Hahn, der Landtagsabgeordnete der Grünen. „Dafür haben wir jahrelang gekämpft“, betonte der CDU-Landtagsabgeordnete Ulrich Müller. „Stuttgart ist immer eine Reise wert“, frohlockte der Häfler Oberbürgermeister Andreas Brand, der zum Straßengipfel gereist war.

Zweieihalb Monate später ist die Champagnerlaune verflogen. Der Grund: Ein Brief von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer, in dem er seinem Stuttgarter Kollegen Winfried Hermann mitteilt, dass es künftig weniger Geld für den Straßenbau in Baden-Württemberg gibt. Einen Start der fünf wichtigsten Projekte im Jahr 2014 – darunter die B31-neu – könne er „bei der derzeitigen Finanzplanung nicht bestätigen“.

Winfried Hermann reagierte verblüfft und stellte in seiner Antwort klar, dass sich sein Haus bei der Bedarfsplanung an den Investitionssummen der vergangenen zehn Jahre orientiert habe – an zirka 230 Millionen Euro, die jeweils aus Berlin überwiesen worden seien. Nun, klagt Hermann, habe Berlin „eine drastische Verringerung der Mittel“ angekündigt: 2013 auf 108 Millionen Euro, 2014 auf 65 Millionen Euro, 2015 auf 56 Millionen Euro und 2016 auf 61 Millionen Euro. Hermann findet die Reduzierung „nicht vertretbar“.

 

Weniger zurückhaltend drückt sich sein Parteifreund Martin Hahn aus: „Ich empfinde es als einen Skandal, was da passiert.“ Der Landtagsabgeordnete vermutet ein parteipolitisches Manöver des CSU-Manns Ramsauer gegen das grün-rot regierte Baden-Württemberg.

Wenn der Bund die Straßenbaumittel für das Land tatsächlich kürzt, wäre das für den Häfler OB „ein Affront“. Wobei seine Betonung auf dem Wörtchen „wenn“ liegt. Denn jetzt gelte es erst einmal, die Faktenlage genau zu prüfen. Würde es am Ende dabei bleiben, was sich im Briefwechsel zwischen Ramsauer und Herrmann andeutet, ist Andreas Brands Urteil allerdings eindeutig: „Das wäre in höchstem Maße unverantwortlich. Der Bundesverkehrsminister würde ganz Baden-Württemberg am ausgestreckten Arm verhungern lassen. Das kann’s nicht sein. So nicht, Herr Ramsauer!“

(Erschienen: 31.08.2012 10:00)