Straßenbauprojekte: Ravensburg freut sich, Aalen jammert

Grün-Rot legt fest, in welcher Reihenfolge Straßen im Land gebaut werden – Berlin entscheidet, wann das Geld kommt

 

Von Stefanie Järkel

Stuttgart Freude in Oberschwaben, Enttäuschung im Ostalbkreis – die Entscheidung der baden-württembergischen Landesregierung über die Gewichtung der Bundesfernstraßenbauprojekte hat am Montag starke Emotionen ausgelöst. Für einige Städte und Landkreise scheint das Warten auf eine neue Straße ein Ende zu haben, für andere sieht es nach den Plänen von Grün-Rot eher düster aus. Die Landesregierung hat 20 fertig geplante Straßenprojekte in drei Kategorien eingeteilt: fünf Projekte sind in der ersten Kategorie und sollen ab 2014 angegangen werden, fünf sollen von 2015/2016 an starten und zehn erst später. Dies teilten am Montag Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Verkehrsminister Winfried Hermann (beide Grüne) in Stuttgart mit.

Entscheidend für den Zeitplan ist letztlich, wie viel Geld das Land vom Bund in den kommenden Jahren für Erhalt, Aus- und Neubau der Bundesstraßen und Autobahnen erhält. 2012 werden es beispielsweise voraussichtlich 470 Millionen Euro sein. Davon gibt das Land 240 Millionen Euro für den Erhalt der Straßen aus und 230 Millionen Euro für den Aus- und Neubau. In den vergangenen Jahren standen im Schnitt immer 220 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung. Allerdings will Grün-Rot mit diesem Betrag nicht fest kalkulieren. „Wenn uns der Bund und Herr Ramsauer mehr Geld geben, dann bauen wir natürlich auch in Zukunft Straßen aus, vor allem die wichtigen Hauptachsen“, sagte Kretschmann. „Bis dahin müssen wir unsere Straßenbaupolitik am objektiven Faden der aktuellen Haushaltslage ausrichten – und die ist nicht gerade rosig.“

Im Land gibt es derzeit 20 fertig geplante Straßenbauvorhaben, die sofort umgesetzt werden könnten. Insgesamt braucht es dafür aber über 800 Millionen Euro. Für derzeit laufende Straßenbauarbeiten sind es sogar rund 900 Millionen Euro. Verkehrsminister Hermann betonte noch einmal, dass „insgesamt zu wenig Geld für Verkehrsinfrastruktur zur Verfügung steht“.

Die Einteilung der 20 Projekte in die drei Kategorien erfolgte durch sechs Kriterien. Am wichtigsten waren dabei das Nutzen-Kosten-Verhältnis und die Verkehrssicherheit, weniger Gewicht wurde den Punkten Lärmentlastung, Umweltverträglichkeit, Verkehrsfluss und Netzfunktion beigemessen. Unter anderem die Landkreise mussten bis April zu den Aspekten Stellung beziehen.

So hat etwa die Ortsumgehung Ravensburg der Bundesstraße 30 beim Nutzen-Kosten-Verhältnis zwar nur drei von fünf Punkten erhalten, bei der Verkehrssicherheit allerdings fünf Punkte. Am besten schnitt insgesamt die Ortsumgehung der B 31 im Westen von Friedrichshafen ab. Besonders stark ist dort das Nutzen-Kosten-Verhältnis und die Lärmentlastung. Mit rund 106 Millionen Euro Gesamtkosten ist dies auch das zweitteuerste Projekt. Am teuersten ist mit rund 112 Millionen Euro der vierstreifige Neu- und Ausbau der B 33 von Allensbach/West bis Konstanz, der allerdings frühestens ab 2015 angegangen wird.

Mit am schlechtesten schnitten dagegen die beiden Projekte im Ostalbkreis ab: Der Ausbau der Bundesstraße 29 zwischen Essingen und Aalen sowie die Ortsumgehung Mögglingen (Ostalbkreis) der B 29 erhielten unter anderem schwache Werte beim Nutzen-Kosten-Verhältnis und werden so erst nach 2016 angegangen.

Kritik kommt von der CDU

Grün-Rot will nach eigenem Bekunden nachvollziehbar machen, welches Projekt aus welchen Gründen Geld erhält. Kretschmann sagte, dass die Landesregierung damit die Politik der Vorgängerregierung beende, eine Vielzahl nicht durchfinanzierter Maßnahmen anzustoßen. „Grün-Rot ersetzt diese Politik durch Transparenz sowohl hinsichtlich der finanziellen Rahmenbedingungen als auch hinsichtlich der Kriterien für die nun geplante Umsetzungsreihenfolge.“ Die CDU kritisierte die Liste. „Wir waren früher immer gegen eine solche Liste, weil der Bund die Verantwortung für die Bundesfernstraßen trägt und letztendlich für die Bauentscheidung und die Finanzierung verantwortlich ist“, sagte Nicole Razavi, verkehrspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, der SZ. Viel wichtiger sei, dass die Landesregierung „mit großem Nachdruck in Berlin vorstellig wird, um mehr Geld für den Bundesfernstraßenbau einzufordern“. Aus Berlin hieß es allerdings am Montag, dass sich der Bund bei der Vergabe der Mittel durchaus mit dem Land abspricht und somit die Festlegung von Grün-Rot durchaus Gewicht hat. Eine Sprecherin des Verkehrsministeriums in Stuttgart betonte: „Der Bund ist auf jeden Fall informiert.“

(Erschienen: 18.06.2012 16:45)