Noch nicht
endgültig vom Tisch. Tempo 30 in Bermatingen. (Foto: sz)
Räte reagieren aufgebracht
Die Wogen schlugen hoch in
der Sitzung am Dienstagabend. Bürgermeister Martin Rupp
hatte alle Mühe, die aufgeheizte Stimmung zu besänftigen. Sowohl Herbert Grau
(SPD) als auch Carola Mahler (LBU) reagierten aufgebracht auf die erneute
Abfuhr. Grau und den meisten Gemeinderäten stieß auf, dass Kluftern
– ebenfalls Landesstraße – Tempo 30 in der Ortsdurchfahrt habe. Herbert Grau:
„Das ist nicht einsehbar. Ich möchte das gleiche Recht haben, es ist ja
schließlich derselbe Landkreis.“ Decker wollte das nicht kommentieren. Kluftern gehöre zum Zuständigkeitsbereich der
Straßenbehörde der Stadt Friedrichshafen. Er kenne die Begründung deshalb
nicht. Kontext im Gemeinderat war, sich den Fall Kluftern
nochmal genau anzuschauen und die Umstände dieser
Entscheidung zu erfragen. Bürgermeister Martin Rupp
sagte das zu.
„Der Lärmaktionsplan ist
eine Hoffnung, dass es mit diesem Instrument funktioniert“, sagte Rupp. Das Büro TransRapp wird nun
die notwendigen Detailzahlen liefern – ein umfassender Katalog, der neben den
Fahrzeugbewegungen auch Dezibelmessungen des Lärmpegels und die Zahl der
unmittelbar betroffenen Anwohnern etc. umfasst, um dann Vorschläge zur
Minderung der Lärmbelastung zu machen. Das können Maßnahmen wie Flüsterasphalt
oder andere bauliche Veränderungen sein. Zudem hätte die Gemeinde mit diesem
Zahlenmaterial die Chance, erneut einen Antrag auf Temporeduzierung zu stellen.
Dann mit dem Hinweis auf den Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen.
„Derzeit haben wir keine Anhaltspunkte, inwieweit sie belastet sind“, sagte
Decker. Abhängig von diesem Lärmgutachten wird das Landratsamt dann nochmal prüfen, was möglich ist. Frank Decker: „Das kann
Tempo 30 sein, das kann 40 sein, das kann Tag sein, oder Nacht, oder beides.“
Oder auch nichts von alledem, wies Rupp darauf hin.
Elisabeth Gutemann (SPD) hatte sich an den einführenden Worten das Verkehrsmannes gestört, der eine Temporeduzierung als „Nice to have“ bezeichnete und
anführte, er würde es sich gerne einfacher machen, als es die Gesetzeslage
zulasse. Gutemann: „Das ist für uns nicht einfach ,nice to have’, sondern weil es für die Bevölkerung notwendig ist.“
Dr. Gerhard Barisch (LBU) sagte, er habe den
Eindruck, dem Landratsamt sei der durchlaufende Verkehr oberstes Gebot und
nicht die Sicherheit von Fußgängern und Anwohnern.
Auch der Antrag auf einen
weiteren Fußgängerüberweg beim Adler/Sparkasse lehnt das Landratsamt ab. An
dieser Stelle kollidierten Rangierfahrten, Suchverkehr und der
Kreuzungsbereich. Deshalb sei der Zebrastreifen in Höhe Volksbank und nicht
hier eingerichtet. Decker sagte, er werde niemals an
einer Stelle mit diesen örtlichen Begebenheiten einer verkehrsrechtlichen
Voraussetzung zustimmen, die kleinen Kindern beim Queren nicht gerecht würde.
Zudem habe Bermatingen innerhalb weniger als einem
Kilometer drei sichere Querungshilfen. „Damit ist dem Recht des Fußgängers
genüge getan.“
(Erschienen: 23.05.2012
22:30)
Kommentare
Autor: BlackCrowe
Dem werten
Gremium kann ob seiner Unkenntnis abgeholfen werden.
Der Zustimmung zur 30er Zone in der Klufterner
Ortsdurchfahrt (L207) ging ein Kuhhandel zwischen der Gemeinde Kluftern und der Stadt Friedrichshafen voraus.
Wie ja allseits bekannt, suchte die Stadt Friedrichshafen nach dem negativen
Bürgerentscheid in Salem zur Ansiedlung des Materialwirtschaftszentrums der MTU
händeringend nach einem neuen Standort. Passende Flächen am Flughafen wollte
der damalige OB dafür aber nicht rausrücken (zu viel Verkehr, zu wenige
Arbeitsplätze/Gewerbesteuer, Freihalten für innovativere Nutzung, eventuelle
Flughafen-/Messerweiterungen,..), wobei die "Wahl" dann nach einem
absurden Standortsuchverfahren, undurchsichtigen und äußerst dehnbaren
Kriterien und der bewussten Ausserachtlassung weit geeigneterer Standorte (RV Süd,..) auf Kluftern
fiel (weil als gut 3000 Einwohner zählender Stadtteil von FN keinerlei Chance
auf einen ablehnenden Bürgerentscheid besitzend). Die Klufterner
liessen sich ihre "Zustimmung" zum eh
Unabänderlichen aber teuer bezahlen. Wie mir ein reputabler
und absolut glaubwürdiger, befreundeter Kreisrat und FN-Stadtrat
versicherte, verhandelte Kluftern für sein
"JA" zum MWZ auf seiner Gemarkung u.a. das nigelnagelneue Feuerwehrhaus, die Hochstufung in der
Sportstättenliste (Ettenkirch und Ailingen
wären mit einem neuen Sportrasenplatz eigentlich dran gewesen), der
Renovierung/Anbau der/an die Sporthalle (Fischbach rutschte hier nach hinten
und muß sich nun gedulden) sowie eben die auf 30 km/h
reduzierte Geschwindigkeit in der Ortsdurchfahrt samt der noch immer nicht
abgeschlossenen Straßenarbeiten (neuer Straßenbelag, Fahrbahnteiler,..) raus...
Sich nun hinter unterschiedlichen Zuständigkeiten (Stadt FN/LRA) zu verschanzen
ist schäbig und unglaubwürdig. Was in Kluftern auf
einer Landstrasse (anscheinend unmöglich) doch möglich gemacht wurde, darf 4
Kilometer weiter Bürgern an einer direkt daran anschliessenden
Landstrasse nicht mit fadenscheinigen Argumenten verwehrt werden.
Ich bitte den Gemeinderat der Gemeinde Bermatingen
und Herrn Bürgermeister Rupp hier nicht locker zu
lassen und ihrer Fürsorgepflicht der hiesigen Bevölkerung gegenüber mit
Nachdruck gerecht zu werden.
Autor: Silenzium
danke @ BlackCrowe für diese absolut glaubwürdigen Hintergründe.
Diese Schilderung mag auch als Beispiel dienen, was alles noch so hinter
vordergründig vollkommen unverständlichen Ratsentscheidungen stecken kann.
Mir ist ja heute - nach mehr als 20 Jahren Verkehrsflughafen FN - immernoch schleierhaft, wie das alles so genehmigt werden konnte,
ohne dass in der gesamten Flughafengeschichte, (die entgegen Wikipedia amtlich erst 1929 beginnt) es weder eine
Planfeststellung noch eine einzige Umweltverträglichkeitsprüfung gab.