Der Gemeinderat beschließt in seiner Sitzung am
Dienstagabend einstimmig einen Aktionsplan
Der
Analyse zur Folge sind fast 3500 Markdorfer im
Tagesverlauf Lärmbelastungen ausgesetzt. Für 1280 von ihnen fällt diese hoch
bis sehr hoch aus – das sind immerhin zehn Prozent der Markdorfer
Bevölkerung. Nachts sind die Zahlen noch gravierender: Da für den Schlaf die
Grenzwerte in der Zeit von 22 bis 6 Uhr für eine hohe und sehr hohe Belastung
abgesenkt sind, haben fast 1500 Markdorfer in dieser
Zeit mit dem Straßenverkehrslärm zu kämpfen.
Bis
Juli 2013 soll der Lärmaktionsplan, der innerhalb einer interkommunalen
Arbeitsgruppe abgestimmt wird, stehen, berichtete Wahl den Gemeinderäten.
Demnach dürften die eingeleiteten Maßnahmen zur Reduzierung des Lärms nicht auf
die anderen Städte und Gemeinden verlagert werden. „Mit der interkommunalen
Arbeitsgruppe sind wir führend in Baden-Württemberg“, betonte Markdorfs
Bauamtsleiter Thomas Kuntosch bei einem vor der
Gemeinderatssitzung anberaumten Pressegespräch.
22
000 Autos fahren nach Berechnung der Modus Consult
Ulm aus dem vergangenen Jahr pro Tag zwischen dem Bischofsschloss und der
Abzweigung Richtung Friedrichshafen. Das ist der absolute Spitzenwert in der Gehrenbergstadt. Nach der Kartierung von Gabriele Schulze
liegen die Schwerpunkte der Lärmbelästigung in Markdorf, Leimbach und Hepbach. Für diese Bereiche sowie für Ittendorf
sollen nun Maßnahmen zur Beruhigung konzipiert werden.
Mehrere
Maßnahmen sind möglich
Mögliche
Maßnahmen sind etwa eine lärmmindernde Straßendecke
und eine Verkehrsberuhigung sowie eine Reduzierung der Geschwindigkeit und eine
Steigerung des Verkehrsflusses. Ein Lkw-Durchfahrtsverbot ist wegen der
fehlenden Südumfahrung nicht möglich. „Eine
Geschwindigkeit von 40 Kilometern in der Stunde wäre ein guter Kompromiss“,
sagte Wahl für Ittendorf, Markdorf, Leimbach und Hepbach. Auf den Verbindungsstraßen könnte eine Reduzierung
auf 70 Kilometer in der Stunde helfen, den Lärm zu reduzieren. Einer
Tempo-30-Zone wie in Hagnau erteilte er eine Absage:
„Das bleibt eine Ausnahme-Erscheinung.“ Ein lärmmindernder Asphalt brächte eine Reduzierung des Lärms
um drei Dezibel (A) mit sich – das wäre gleichbedeutend mit der Verringerung
des Verkehrs um die Hälfte. Von einer hohen Belastung spricht man laut der
Diplomingenieure ab 65 Dezibel (A), von einer sehr hohen ab 70 Dezibel (A).
Die
Aufstellung des Lärmaktionsplans ist vergleichbar mit der eines Bebauungsplans.
Nun steht eine erste Beteiligung der Öffentlichkeit und der Träger öffentlicher
Belange (TöB) wie Regierungspräsidium, Landratsamt
oder Polizei an. Dann geht es an den Planentwurf, bevor es eine weitere
Beteiligung der Bevölkerung und der TöB gibt. Ist
dies alles geschehen, dann kann der Gemeinderat über den Lärmaktionsplan
beschließen.
(Erschienen:
22.05.2012 21:50)
Kommentar:
Seit 10 Jahren gibt es die EU-Richtlinie zur
Lärmaktionsplanung. Bereits damals versuchte unsere Aktionsgemeinschaft, diese
in den Markdorfer Stadtrat einzubringen – leider ohne
Erfolg. Und als die gesetzliche Umsetzungsfrist näher rückte, ließ sich die
Stadt Markdorf sogar von ihrer Pflicht zur Umsetzung eines Lärmaktionsplanes
befreien, mit der Begründung, es werde ja eine Ortsumfahrung geplant. Doch
schon damals war klar, dass auch mit Ortsumfahrung eine zu hohe Lärmbelastung
an der B33 verbleiben würde und daher in jedem Falle weitere Maßnahmen zur
Lärmminderung erforderlich sind.
Hätte Markdorf frühzeitig einen Lärmminderungsplan aufgestellt (Kosten ca.
25.000 Euro), dann hätte man bereits bei der Erneuerung des Fahrbahnbelags der
B33 im Jahr 2008 Flüsterasphalt einbauen lassen können. Die Mehrkosten für den
Flüsterasphalt auf der B33 hätte der Bund als Baulastträger übernehmen müssen.
Die Stadt behauptete damals, Flüsterasphalt sei technisch auf Innerortsstraßen
nicht möglich. Der Lärmgutachter Wahl hat jedoch genau dies als machbare und
sinnvolle Maßnahme dargestellt, als er kürzlich im Stadtrat die ersten Schritte
der Lärmaktions-planung vorstellte. In Hagnau soll in wenigen Wochen ein derartiger Flüsterasphalt
auf der B31 eingebaut werden.
Mit Flüsterasphalt könnte laut Gutachter eine Lärmminderung von ca. 3 dB
erreicht werden – das ist nicht gerade viel. Doch auch mit einer Ortsumfahrung
kann der Lärm an der B33 im Ortskern von Markdorf nur um 3 dB reduziert werden
(in den Randbereichen Richtung Meersburg bzw. Richtung Leimbach ca. 4 dB). Und
das zum Preis von 18,4 Millionen Euro, bei einem Eigenanteil der Stadt Markdorf
von ca. 3 Millionen Euro. In diesen Preisen noch nicht enthalten sind die
gravierenden Eingriffe in die Erholungslandschaft und den Lebensraum streng
geschützter Arten sowie die Mehrbelastung von Nachbarorten und 2 dB mehr Lärm
am BZM, um nur einige „Nebenwirkungen“ zu nennen.
Fazit: Weil sich die Stadtverwaltung einseitig auf eine teure Ortsumfahrung
fixierte, wurde den lärmgeplagten B33-Anwohnern Flüsterasphalt und Tempo 30
jahrelang vorenthalten, obwohl diese viel billigeren Maßnahmen annähernd
genauso wirksam sind und keine vergleichbaren Konflikte mit sich bringen.