Ex-Verkehrsminister äußert sich zur Ortsumfahrung

In der Dienstagsausgabe der Schwäbischen Zeitung berichten wir über eine Stellungnahme des Landtagsabgeordneten Ulrich Müller. Der Ex-Verkehrsminister bezieht sich auf den Leserbrief „Finanzierung wäre sicher geplatzt“ (SZ vom 25. Januar). Darin schrieb ein Leser, die Finanzierung der Südumfahrung Markdorf wäre sicher geplatzt, denn mit Zuschüssen für eine Kreisstraße dürfe man keine Ortsumgehung einer Bundesstraße (B33) finanzieren.

Hier die Stellungnahme im kompletten Wortlaut:

„Ich darf den Leserbriefschreiber beruhigen: Das Problem habe ich als Verkehrsminister natürlich gesehen, als es 2003/ 2004 um Bürgerentscheid und Finanzzuschuss für die Südumfahrung Markdorf ging. Wir haben es so gelöst, dass bis heute sämtliche beteiligte Behörden sich diese Lösung zu Eigen gemacht haben: Die Lösung bestand darin, dass wir einen durchgehenden Kreisstraßenzug aus dem Raum Kluftern südlich Markdorf zum Haslacher Hof führen und ab da die Ortsumfahrung Bermatingen (weiter westlich dann noch die Umfahrung Neufrach) als Landesstraße anschließen. Wir verlängern also zwei Straßen, eine Kreisstraße von Osten her und eine Landesstraße von Westen, zusammen entlasten sie drei Ortschaften (wobei schon damals klar war, dass noch eine verlängerte Kreisstraßenlösung für den Raum Kluftern gefunden werden muss, dies ist ja jetzt in Bearbeitung).

Hintergrund aller Überlegungen war nicht, eine Ortsumgehung der B33 zu bauen, sondern den sich in Markdorf überlagernden Verkehr von Bermatingen einerseits, und der B33 andererseits aus der Stadt herauszubringen und die wichtige Verkehrsachse zwischen dem Salemer Tal und dem Raum Friedrichshafen in einer bürgerfreundlichen Linienführung, also durch eine Reihe von Ortsumgehungen auszubauen.

Diese Querspange im Süden von Markdorf kann also auch einen Teil des Verkehrs von der B33 aufnehmen und diesen an Markdorfs Zentrum vorbei durchs Gewerbegebiet Riedwiesen ableiten. Damit sind verkehrlich nicht nur mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen, die Lösung ist auch rechtlich sauber und politisch sinnvoll: Der Kreis als Bauherr einer Kreisstraße hat die Dinge selbst in der Hand und das Land gibt einen Zuschuss aus dem relativ gut gefüllten Topf zur Förderung des kommunalen Straßenbaus. Das heißt, die Straße kann zügig gebaut werden.

Gut gefüllt war der Topf, weil ich einige Jahre zuvor den Fördermittelanteil für den Straßenbau auf 60% landesweit erhöht hatte, der andere Fördermittelanteil für den ÖPNV war ohnehin durch die Regionalisierungsmittel gut ausgestattet. Außerdem: fast 80% allen Verkehrs findet auf der Straße statt. Die grün-rote Regierung will das jetzt umdrehen: 60% ÖPNV – 40% Straßenbau. Dann klemmt´s natürlich finanziell, aber selbstverschuldet.

Sodann entschied ich im Frühjahr 2004, dass Markdorf, Nordanbindung Messe und Südumfahrung Kehlen in das Zuschussprogramm des Landes aufgenommen werden. Für die Nordanbindung Messe war vor einigen Jahren das Baurecht vorhanden – und siehe da: Das Geld floss natürlich aus Stuttgart. Genauso hatte es die schwarz-gelbe Regierung für Markdorf und Kehlen vorgesehen.

Noch ein Schmankerl, um zu zeigen, wie man Verkehrspolitik zusammen mit Bürgern und Gemeinden macht: Man hätte ja auch dran denken können, die Kreisstraße nicht am Haslacher Hof enden zu lassen, sondern auch die Ortsumgehung Bermatingen als Kreisstraße zu bauen. Dann wäre das aber den Kreis und die Gemeinde Bermatingen ganz schön teuer zu stehen gekommen. Deswegen wollten wir - und so wird bis heute geplant – die Ortsumfahrung Bermatingen als Landesstraße bauen und zu 100% aus dem Landeshaushalt finanzieren.

Die Bürger haben das alles in zwei Bürgerentscheiden bestätigt, der Kreistag hat seine Beschlüsse gefasst, das Land hat unter der alten Regierung die Landesstraßenfinanzierung im „Impulsprogramm Straßenbau“ zugesichert und die Verwaltungen planen seit über fünf Jahren.

Was lernen wir aus alledem? Zwei Dinge: 1. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. 2. Was so viele Hürden genommen hat, darf im Interesse zehntausender Bürger nicht durch einen grünen MdL kaputt gemacht werden.

PS. Jetzt könnte ich noch aufzählen, was damals alles Gutes auch für den ÖPNV im Bodenseekreis geschah – aber das ist eine andere (Erfolgs-) Geschichte“

(Erschienen: 01.02.2012 10:25)