Lärmaktionsplan wird zunächst auf der Straße umgesetzt –
Friedrichshafen ist nicht allein
Hier gilt Tempo 30. Mittels Blitzer wird die
Geschwindigkeit auch kontrolliert. (Foto: ras)
„Die Stadt Friedrichshafen und ihre Stadtteile sind in erheblichem Umfang
von Umgebungslärm betroffen, da das Gemeindegebiet von zwei Bundesstraßen B 31
und B 30 sowie mehreren Landes- und Kreisstraßen durchschnitten wird und
einzelne städtische Straßenabschnitte wie die Abschnitte der sogenannten
inneren Umgehung von sehr hohen Verkehrsbelastungen betroffen sind“, heißt es –
sprachlich etwas verunglückt – in dem mehr als 172 Seiten starken Papier zur
Begründung der ganzen Aktion. Die Reduzierung der Geschwindigkeit soll eine
deutliche Verminderung des Verkehrslärms bringen. Berechnungen gehen davon aus,
dass der nächtliche Grenzwert von 60 dB(A) auf den jeweiligen
Streckenabschnitten nicht mehr überschritten wird. Tags liegt der Grenzwert bei
70 dB(A).
Zur Überwachung des Tempolimits hat die Stadt drei neue Blitzer
aufgestellt: beim Elektrogeschäft Bäzner, bei der
Abzweigung nach Steinäcker und beim Gasthaus Graf Zeppelin, außerdem bleibt der
Blitzer an der westlichen Ortseinfahrt von Fischbach stehen. Die Starenkästen
sind teilweise schwenkbar, sodass das Tempo der Fahrzeuge in beide Richtungen
gemessen werden kann. Acht neue 30er-Schilder weisen
die Fahrer darauf hin, wo sie abbremsen müssen. Wie Andreas Gärtner, die
Pressesprecherin der Stadt, auf Anfrage sagte, werde es eine gewisse
Eingewöhnungsphase geben, in der die Blitzer noch nicht scharf sind. Damit aber
kein Verkehrsteilnehmer die Schilder übersieht, werden auffällige LED-Leuchten
aufgestellt. Im Gemeinderat war die Verordnung höchst umstritten. Als Mitte Mai
die Entscheidung fiel, votierten 22 Räte dafür, 15 waren dagegen. Letztere
befürchten, dass Auto- wie Lastwagenfahrer die „30er-Zonen“ auf der
Bundesstraße meiden und sich Alternativrouten suchen. Da jedes Navi heute die Tempolimits intus hat und die Fahrer in der
Regel die schnellste Route bevorzugen, könnten die Geräte andere Strecken
anzeigen. Insbesondere nachts, wenn die Straßen frei sind, dürften gerade auch
Lkw-Fahrer Strecken bevorzugen, die nicht so scharf überwacht sind.
EU-Richtlinie zwingt zum Handeln
Obwohl dem Beschluss umfangreiche Messungen und Berechnungen vorausgingen,
bezweifeln Kritiker, dass der Verkehrslärm abnimmt. Allein die Beschleunigungs-
und Bremsvorgänge dürften die Lärmminderung durch Tempo 30 kompensieren, heißt
es. Außerdem werden sich viele – trotz der scharfen Überwachung – nicht daran
halten. Gegner und Befürworter sind sich nur in einem einig: Die beste Aktion,
den überhandnehmenden Verkehrslärm in Friedrichshafen zu reduzieren, wäre der
Neubau der B 31-Umgehung. Da diese Lösung des Problems auf sich warten lässt
und man den Anwohnern die Belastung nicht mehr länger zumuten kann, bleibt nach
Ansicht von OB Andreas Brand nichts anderes übrig. Laut EU-Richtlinie müsse die
Stadt reagieren.
Freiburg hat schon vor mehr als einem Jahr ein nächtliches Tempo 30 auf der
innerstädtischen B 31 verordnet. Ravensburg will es auf der B 32 Richtung
Wangen einführen, Hagnau, Überlingen und
Oberteuringen (B 33) sind auch dabei. In Oberschwaben koordiniert der
Regionalverband die Aufstellung von Lärmaktionsplänen. Dennoch gibt es in
vielen Gemeinden und Ortschaften die Befürchtung, dass sich durch Tempolimits
die Verkehrsströme neu orientieren und bisher eher unbelastete Bereiche die
Verlierer sind. In der Lärmaktionsplanung sind bisher nur Straßen berücksichtigt.
Bahn-, Flug-, Gewerbe- und Industrielärm wurden noch ausgespart.
(Erschienen:
14.09.2011 07:30)