Kritik: Müller tadelt Koalitionsvertrag
CDU-Politiker nennt Bildungspläne „ideologische Experimente
auf dem Rücken der Kinder“
Lässt an Grün-Rot kein gutes Haar: Ulrich Müller (CDU).
Von
Martin Hennings
Friedrichshafen „Unsere schlimmsten Befürchtungen sind wahr geworden.“ Mit
diesen Worten hat Ulrich Müller, CDU-Landtagsabgeordneter des Bodenseekreises,
gestern bei einem Pressegespräch den grün-roten Koalitionsvertrag bewertet.
Zwar enthalte das Papier wenig Konkretes, trotzdem strotze es vor ideologisch
getriebenen Festlegungen.
Dies
zeige sich, so Müller, zum Beispiel im weiten Feld der Gesellschaftspolitik. So
plane die neue Regierung unter anderem Lockerungen im Drogenbereich, ein
Integrationsgesetz, das „alle uniformieren“ werde, und die Einrichtung eines
Integrationsministeriums, das er als „Gleichmachungsministerium“ bezeichnete.
Für die Verkehrspolitik im Land, die
Müller selbst als Minister lange Zeit maßgeblich mitbestimmt hat, sieht der
CDU-Politiker schwarz. Stuttgart 21 soll zu Fall gebracht werden, mutmaßt er,
und zwar durch das bewusste In-die-Höhe-Rechnen der Ausgaben. Die Südbahn sei
im Vertrag mit nur einem Wort erwähnt. Der jetzt gewährte Landeszuschuss von
fünf Millionen für den Flughafen Friedrichshafen werde der letzte dieser Art
sein, sagte er voraus.
Eine Prioritätenliste fehlt
Die vor allem von der SPD immer wieder
geforderte Prioritätenliste für die Straßenbauprojekte im Land habe er im
Koalitionsvertrag vergeblich gesucht, berichtete Müller. Dass sich die neue
Landesregierung mit Nachdruck für die B 31 einsetze, halte er für
unwahrscheinlich. Welche Folgen die geplante Zurückhaltung beim Bau neuer
Landesstraßen für die Ortsumfahrungen von Markdorf, Salem-Neufrach,
Meckenbeuren-Kehlen und Bermatingen habe, könne er nicht konkret voraussagen,
so Müller.
Im
Bildungsbereich rechnet der CDU-Politiker mit „gigantischen und
hochkontroversen Schuldiskussionen in den Kommunen“. Grün-Rot wolle nämlich die
Einführung einer „Einheitsschule“, überlasse die Umsetzung aber den Städten und
Gemeinden. „Das Ziel ist vorgegeben, man will sich die Hände aber nicht
schmutzig machen“, schimpfte Müller, der auch die Abschaffung der
Grundschulempfehlung und die flächendeckende Ganztagsschule als Regelschule
kritisierte. Letzteres sei zu teuer und bevormunde die Familien. „Hier werden
ideologische Experimente auf dem Rücken unserer Kinder ausgetragen.“
Beim
Thema Energie habe er in der Regierungsvereinbarung außer einer Verzehnfachung
der Windräder im Land nichts Konkretes entdeckt. Und im Bereich der
Haushaltspolitik bestätige sich das, was die CDU schon im Wahlkampf gesagt
habe: „Rot-Grün, das heißt mehr Schulden und mehr Steuern“. So werde das von
der Union geplante Ende der neuen Schulden um fast ein Jahrzehnt verschoben und
die Grunderwerbssteuer um fast ein Drittel angehoben. Vieles, was die neue
Regierung ankündige, koste eine ganze Menge Geld. „Wir haben uns Einiges davon
verkniffen, weil wir wussten, dass das neue Schulden mit sich bringt“.
Verantwortungsbewusste Politik, so Müller, sehe anders aus.
(Erschienen:
29.04.2011 16:40)