Südkurier
vom 22.11.01
Kluftern im Würgegriff von drei
neuen Straßen?
SPD-Abend macht Ängste deutlich -
Kohler: „Keine Alternative“
von Günther Schulze
Gibt es für Kluftern,
Lipach und Efrizweiler nur die Entscheidung zwischen einem Verkehrskollaps innerorts
oder einer erträglichen Beeinflussung der Ortschaft durch die Straßenneubauten?
Die erste Informationsveranstaltung zur aktuellen Straßenplanung um Kluftern,
veranstaltet von der Klufterner SPD, nutzten etwa 250 Interessierte im
Bürgerhaus. Fragen konnten an Oberbürgermeister Josef Büchelmeier und Hartmut
Kohler, Leiter des Straßenplanungsamts Überlingen gestellt werden. Die
Moderation hatte Südkurier-Redakteur Wolfgang Boller.
Kluftern trifft es hart. Drei Straßen könnten künftig die
dreigeteilte Ortschaft umschlingen: Im Norden plant Markdorf seine Süd-Umgehung
bis in unmittelbare Reichweite der Wohnhäuser von Lipach. Östlich der Bahnlinie
soll die neue Landesstraße L 207 von Lipach bis Spaltenstein eine Entlastung
von Markdorf zur neuen B 31 realisieren. Im Süden würde Immenstaad gerne die
neue B 31 weiter nach Kluftern schieben.
Sorge und Unmut
machen sich breit in allen drei Ortsteilen. Aufgeschreckt durch die
Planungsvorschläge und Diskussionen der Nachbargemeinde Markdorf, machen
Lipacher Bürger seit einigen Wochen mobil gegen die umschlingenden
Straßenplanungen. Eine Unterschriftensammlung wurde bereits an Ortsvorsteher
Benz und an Oberbürgermeister Büchelmeier übergeben. Die SPD-Ortsgruppe
initiierte diese Veranstaltung, um in großer Breite das brisante Thema der
Verkehrsplanung in die Öffentlichkeit zu rücken.
Beeindruckt von der
großen Zahl der Zuhörer appellierte Oberbürgermeister Büchelmeier zum
Kompromiss. Die großen Verkehrsprobleme im Bodenseekreis seien nur durch eine
gemeinsame Verkehrspolitik zu lösen. Faire Diskussion, Sachlichkeit und
Offenheit über die Gemeindegrenzen hinweg sollten erträgliche Lösungen möglich
machen. Eine Fortsetzung des Sankt-Florian-Prinzips sei keine Alternative.
Straßenbauamtsleiter
Kohler erläuterte die künftige Verkehrsentwicklung im Bodenseeraum. Eine Lösung
sehen die Planer nur in einer komplexen Gesamtlösung für den Großraum
Friedrichshafen. Die Achillessehne ist dabei der weitere Ausbau der B 31
zwischen Immenstaad und Friedrichshafen. Verkehrstechnisch unumgänglich sei
weiterhin der Neubau der Landesstraße L 207 neu entlang der Bahnlinie von
Markdorf durch Lipach bis Spaltenstein. Käme diese Straße nicht, so Kohler,
würde der Verkehr durch Kluftern von derzeit etwa 15 000 Fahrzeuge pro Tag bis
zum Ende des Jahrzehnts auf etwa 20 000 Fahrzeuge pro Tag steigen. In
Urlaubsspitzen werde diese Zahl noch weit darüber liegen. Die Südumfahrung
Markdorfs beeinflusse diese Entwicklung für Kluftern nur unwesentlich. Sie
diene weitgehend nur der Entlastung Markdorfs.
Die breite Diskussion
gab Raum für die vielfältigen Sorgen, Zweifel und Ängste der betroffenen
Anwohner. Sorgen vor allem durch die unmittelbare Nähe der Südumfahrung
Markdorf bis auf 200 m an die Wohnhäuser Lipachs. Die Markdorfer Wohnhäuser
liegen dagegen etwa 1000 m von der Trasse entfernt. Zweifel gab es, ob alle
Planungsansätze zur Nutzung vorhandener Straßen, alternativer Trassenführungen
und Einflüsse eines verbesserten Nahverkehrs ausgeschöpft wurden.
Ängste haben die
Kluftinger Bürger davor, dass der Würgegriff der neuen Straßen die Ortschaft
zerreißen und den Erholungsraum der gesamten Region negativ beeinflussen
könnte. Teilweise stark unter Beschuß, vertrat Kohler fest die Ansicht, dass
die künftige Verkehrszunahme nur durch das Gesamtverkehrskonzept inklusive
Südumfahrung und neuer L 207 zu beherrschen sei, Detailabstimmungen jedoch noch
viel Gestaltungsraum lassen. „Wir werden ihre Belange und Interessen bei den
Planungen hoch gewichten!“, versprach Kohler und versicherte alle Möglichkeiten
des Lärmschutzes zu nutzen.
Büchelmeier sicherte seine Bereitschaft zu, das konstruktive Gespräch
mit den Nachbargemeinden zu führen und einen tragbaren Kompromiss zu
erarbeiten. In den nächsten Monaten sollen deshalb weitere Bürgerinformationen
zu diesem Thema erfolgen, bevor die Beschlüsse gefällt werden.