Verkehrsplaner: nur
überregionale Hinterlandtrasse verhindert Autobahn
Bermatingen (sam) Die
Bürgerinitiative für ein besseres Verkehrskonzept Bermatingen Ahausen hat zum
Informationsabend mit dem Stadt- und Verkehrsplaner Gerhard Heusch geladen und
den Andrang konnte die Ahauser Apfelscheuer kaum aufnehmen. Einzige Lösung zur
Verhinderung einer, nach Heuschs Auffassung von den "Straßenbauern"
immer noch angestrebten "Hinterlandautobahn" sei eine leistungsfähige
Verkehrsspange, bestehend aus einer See- und einer Hinterlandtrasse.
"Machen Sie sich da nichts vor, die Umfahrung ist als reine Ortsumfahrung gar
nicht tauglich. Die Augen vor den Notwendigkeiten verschließen, bedeutet nur,
nicht mitgestalten zu können", argumentierte Stadt- und Verkehrsplaner
Gerhard Heusch. Dies wollten die Mitglieder der Bürgerinitiative so nicht
stehen lassen und setzen eine eigene Verkehrszählung entgegen, die den Bedarf
eines Straßenneubaus oder auch einer Ortsumfahrung grundsätzlich in Frage
stellt: "Es ist eine grausame Vorstellung, dass die südlichste Trasse
nördlich der Alpen mitten durch unsere Landschaft Lissabon mit Wladiwostok
vebinden soll," war aus den Reihen der Gäste zu hören.
Gerhard Heusch begründet seine These einer angestrebten Ost-West-Autobahn im
Hinterland neben verkehrsplanerischen Notwendigkeiten mit den Stellungnahmen
der zuständigen Behörden. So habe der Landtag Baden-Württembergs lange schon
den Bedarf nach einer Ost-Westverbindung festgestellt. Der Straßenbauamtsleiter
Jürgen Kohler weise zudem darauf hin, dass die alte Autobahntrasse frei
gehalten werden müsse, er habe laut Heusch in Meersburg sogar davon gesprochen,
dass sich die derzeit verworfene Hinterlandtrasse nur dann bauen lasse, wenn
sie als Autobahn ausgelegt werde: "Das lässt nur einen Schluss zu: Womit
wir es hier zu tun haben, ist in Wirklichkeit die logische Verbindung Stuttgart
- München." Den "Etikettenschwindel Planfall 7" interpretiert
der Verkehrsplaner als neuesten Anlauf, die alte Trasse durchzusetzen: "In
Stuttgart lacht man sich doch über die Anträge der Gemeinden ins
Fäustchen". Was die Ortsumfahrung betreffe, so bringe sie von dem seiner
Ansicht nach hier vorwiegenden Ziel- und Quellverkehr kaum Entlastung:
"Bermatingen wird sich von einer großen Lösung nicht abkoppeln können.
Über kurz oder lang kommt die Autobahn wieder ins Gespräch. Der Bedarf lässt
sich nicht von der Hand weisen, der Verkehrsdruck wächst." Einziger Ausweg
sei eine frühzeitige Akzeptanz einer dreispurigen Hinterlandtrasse, deren
Brückenlänge soweit eingeschränkt werden müsse, dass ein Autobahnausbau
unmöglich gemacht werde und die sich gemeinsam mit der Seetrasse das
Verkehrsaufkommen teile: "Ich biete die Doppelspange statt einer Autobahn.
Denken Sie darüber nach."
Mit der Umsetzung der Ortsumfahrung seien 70 Prozent der verworfenen
Hinterlandtrasse aus dem Planfall 7 dann verwirklicht, gab Wolfgang Jürgensmeyer
zu bedenken. Der weitere Verlauf sei zur Tabuzone erklärt worden, über die,
nach Heuschs Ausführungen aus gutem Grund, nicht geredet werden dürfe. Während
der Verkehrsplaner die Notwendigkeit einer verkehrlichen Entlastung
unterstrich, zweifelten Vertreter der Bürgerinitiative eine solche an:
"Der Verkehr fließt und neue Straßen bringen zusätzlichen Verkehr",
war zu hören. Die eigene Zählung weise zudem auf eine geringere Belastung als
bislang bekannt hin und die Entwicklung der Energiekosten werde gänzlich außer
Acht gelassen.
Laut von
Straßenbauamtsleiter Jürgen Kohler zur Verfügung gestellten Unterlagen seien
derzeit zwischen Bermatingen und Markdorf 14700 Fahrzeuge, zwischen Bermatingen
und Ahausen 3900 und zwischen Bermatingen und Salem 9000 Fahrzeuge täglich auf
der Straße. Die eigene Zählung der Bürgerinitiative hingegen, die laut Wolfgang
Jürgensmeyer einzig aktuelle Erhebung sei, legt ein wesentlich geringeres
Verkehrsaufkommen nahe: "Hochgerechnet fahren tatsächlich nur knapp 10000
Fahrzeuge pro Tag durch Bermatingen, wobei Schwerpunkt eine Spitze zwischen 17
und 17.30 Uhr darstellt. Vor 5.50 Uhr und nach 19 Uhr ist so gut wie gar nichts," fasste er die bisherigen Resultate zusammen. Mit
neuen Erkenntnissen aus weitergehenden Zählungen sei in zwei bis drei Monaten
zu rechnen, stellte Jürgensmeyer in Aussicht.
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