FaFür die Kreisverwaltung ist die
Marschrichtung in Sachen Südumfahrung Markdorf/Kreisstraße 7743-neu klar.
Am 13. Juli hat der Ausschuss für Umwelt und Technik (AUT) des Kreistags
mehrheitlich die Vergabe von Planungsleistungen für einen Bauentwurf
beschlossen. Vorgesehener Baubeginn ist Anfang 2022, Fertigstellung soll 2025
sein.
Landrat Lothar Wölfe: „Das
zentrale Problem im Bodenseekreis ist die mangelnde Infrastruktur. Kein Thema
begleitet mich seit 13 Jahren als Landrat wie dieses.“ Daher setze er sich für
die Verbesserung „auf allen Ebenen“ ein: für die Bodenseegürtelbahn und die
Südbahn, für Radwege und den Öffentlichen Nahverkehr, für den Flughafen und für
Straßen. „Die Ortsumfahrung Markdorf ist ein Teilstück eines Gesamtkonzeptes. Sie
wird damit nicht nur der Stadt Markdorf zugutekommen, sondern dem gesamten
Landkreis. Sie wird aber vor allem die Stadt Markdorf entlasten.“
Vor
allem im Schwerlastverkehr deutliche Entlastung
Ob die
Entlastung nun geringer sei als ursprünglich angenommen, „ist für mich eine
seltsame Diskussion“, sagt Wölfle. Die Ortsumfahrung werde vor allem im
Schwerlastverkehr eine deutliche Entlastung bringen. „Oder anders herum
gefragt: Wollen die Gegner der Straße wirklich für die nächsten 30 Jahre den
täglichen Stau in der Innenstadt von Markdorf festschreiben?“
Antrag
im Kreistag gegen Südumfahrung scheiterte
Zur
Erinnerung: Ein Antrag der Grünen und der SPD im Oktober 2019 im Kreistag, mit
dem Ziel, das Projekt Südumfahrung zu kippen, scheiterte an den
Mehrheitsverhältnissen im Gremium. Vor dem Baubeginn ist im Kreistag noch der
Baubeschluss zu fassen. Und da wollen Gegner der Südumfahrung die Chance für
eine neuerliche Debatte nutzen.
Der
Markdorfer Helmut Faden ist Kreisrat der Fraktion B 90/Die Grünen und
einer der bekennenden Gegner. „Dass die Diskussion sein muss aus Markdorfer
Sicht, ist ja klar. Das Projekt wird mit jedem Jahr fragwürdiger. Das zentrale
Argument beim Bürgerentscheid war ja, dass eine Bündelungstrasse B 31-neu
am Sankt-Nimmerleins-Tag kommen werde. Darum wurde das Konstrukt gewählt, die
Südumfahrung als Kreisstraße zu bauen, damit man schneller zum Zuge kommt.“
Seit
Bürgerentscheid 2003 ganz andere Ausgangslage
Nach
Fadens Ansicht haben sich die Verhältnisse seit dem Bürgerentscheid 2003
geändert. „Die zentrale Ausgangslage ist eine ganz andere.“ Er bezweifelt denn
Sinn dieser Straße. „Die Südumfahrung ist ein Torso. Es gibt keine richtige
Anbindung in Richtung Osten bei Kluftern, ebenso wenig in Richtung Westen...
Die Südumfahrung muss in der Netzwirkung mit der B 31-neu gesehen werden,
die zentrale Entlastung kommt durch die B 31-neu.“
Kosten-Nutzen-Verhältnis stimmt nicht mehr
Auch das
Kosten-Nutzen-Verhältnis stimmt nach Fadens Ansicht nicht mehr. Damals beim
Bürgerentscheid sei von Kostenanteilen für die Stadt und den Landkreis von
jeweils etwa 1,7 Millionen Euro die Rede gewesen, „die sind inzwischen jeweils
bei 8,6 Millionen Euro“. Die benachbarte Gemeinde Stetten solle eine
„B 33-Umfahrung zum Nulltarif“ bekommen. Außerdem sei die nunmehr
prognostizierte Entlastungswirkung durch die Südumfahrung bei Verwirklichung
der B 31-neu als B1-Variante deutlich geringer. „Deshalb sind die hohen
Kosten der Südumfahrung für die Stadt und den Kreis nicht mehr zu
rechtfertigen.“ Faden führt weitere Aspekte an: „Wertvolle Landschaft und
wertvollste landwirtschaftliche Flächen werden durch die Südumfahrung
zerschnitten. Dem Verkehr wird wieder Landschaft geopfert.“
Südumfahrung ein „strategischer Fehler“
Der
Siedlungsentwicklungsraum ist nach Fadens Dafürhalten „einzig und allein im
Süden der Stadt“. Deshalb stelle die Südumfahrung in Sachen Stadtentwicklung
einen „strategischen Fehler“ dar. Außerdem nehme der „Freizeit- und
Naherholungsbereich einen so hohen Stellenwert in der Bevölkerung ein, dass man
nicht ohne Riesennachteil eine solche Straße bauen kann“. Man müsse die
„massiven Veränderungen zur Kenntnis nehmen“ und könne nicht mehr sagen, was
vor 17 Jahren beschlossen wurde, habe noch die gleiche Gültigkeit. Der zentrale
Fokus muss laut Faden weg vom Straßenbau und auf die Verbesserung des
Schienenverkehrs, des ÖPNV und des Radverkehrs. „Wenn man weiterhin auf Straßen
setzt, wird man die Klimaziele nie erreichen. Im Ausbau von Schiene, Bus und
Radverkehrsnetz liegt die Zukunft.“
Zweifel
an Sinnhaftigkeit der Südumfahrung
Der
Markdorfer Frieder Staerke begleitet das Thema
Südumfahrung Markdorf nach eigenem Bekunden seit mehr als 20 Jahren in
unterschiedlichen Funktionen – beispielsweise damals mit der
Aktionsgemeinschaft Südumfahrung während der Phase des Bürgerentscheids. Auch Staerke – seit rund drei Jahren VCD-Sprecher – bezweifelt
die Sinnhaftigkeit der Südumfahrung angesichts der B 31-neu-Entwicklung.
„Mittlerweile wird von Bund und Regierungspräsidium Tübingen die
Trassenvariante B1 favorisiert – mit einem 28 Meter breiten
Autobahn-Querschnitt. Für diesen Planfall werden
durch die B 31-neu 2600 Kfz pro Tag von der Ortsumfahrung Markdorf
abgezogen.
Prognostizierte Auslastung inzwischen deutlich
geringer
Ausgehend
von dem Planungsbezugsfall mit 8200 Kfz pro Tag verbleiben dann nur noch 5500
Kfz pro Tag auf der Ortsumfahrung Markdorf.“ Deren Auslastung liege also
nochmals um 10 bis 20 Prozent niedriger als in der Sitzung des Ausschusses für
Umwelt und Technik des Kreistags vom 2. Juli 2019 in der Sitzungsvorlage
dargestellt worden sei.
Bund und Regierungspräsidium wollen Umfahrung
von Stetten finanzieren
Bei der
jetzt favorisierten B1-Variante für die B 31-neu wird laut Staerke als entscheidender verkehrlicher Vorteil
herausgestellt, dass dabei auch eine B33-Ortsumfahrung für Stetten gebaut
werde. „Das ist zum einen erstaunlich, weil gar nicht untersucht wurde, ob dies
auch für andere B 31-Varianten möglich wäre.“ Es sei auch erstaunlich,
„dass der Bund und das Regierungspräsidium in Stetten eine B 33-Umfahrung
bauen und finanzieren wollen, obwohl seit rund 20 Jahren das Bündelungskonzept
des Planfalls 7 verfolgt wird“.
Auch Staerke plädiert für Klimaschutz und die Verkehrswende.
„Der Kfz-Verkehr muss in den nächsten 20 Jahren halbiert werden.“ Für eine nachhaltige
Verkehrswende müsse das Schienennetz ausgebaut, der Rad- und Fußverkehr sowie
der ÖPNV weiter vorangetrieben werden.
Plakativ sagt Staerke : „Heute in eine solche Straße zu investieren, die
den Straßenverkehr beschleunigt, ist in etwa so fragwürdig wie ein neues
Kohlekraftwerk zu bauen. Der Energieverbrauch wird hochgetrieben, man weiß so
schon nicht, wie Kohlekraftwerke ersetzt werden sollen. Wenn man den Verkehr
elektrifizieren will, braucht man noch mehr regenerative Energien...
Wahrscheinlich braucht es noch einmal einen Dürresommer wie 2018, mit
Waldschäden und hohen Spritpreisen“, ehe ein allgemeines Umdenken stattfinde.
Gut, dass Bahnhaltepunkt bei Lipbach ernsthaft geprüft wird
Gott
sei dank werde inzwischen die Planung auch mit Blick
auf einen Bahnhaltepunkt bei Friedrichshafen-Lipbach
in Nachbarschaft des dortigen Markdorfer Gewerbegebietes ernsthaft überprüft.
„Was ja sinnvoll wäre und wofür sich ansässige Unternehmen ausgesprochen
haben.“
Im und um den Markdorfer
Verein Interessensgemeinschaft pro Südumfahrung ist es seit dessen Gründung
Ende vergangenen Jahres coronabedingt etwas ruhiger
gewesen. „Inzwischen sind wir ein anerkannter Verein und seit 9. März 2020
im Vereinsregister des Amtsgerichts Freiburg eingetragen“, berichtet Rainer
Zanker.
Nun,
im Juni, habe eine Vorstandssitzung stattgefunden. „Inhalt dieser Sitzung war
eine Einladung von Landrat Lothar Wölfe zur öffentlichen Sitzung des
Ausschusses für Umwelt und Technik, AUT, am 13. Juli“, erklärt Zanker.
Während dieser Sitzung sollen Planungsleistungen für die
K 7743/Südumfahrung Markdorf an die Bietergemeinschaft Ingenieurbüro
Langenbach GmbH (Sigmaringen) und Dr. Schütz Ingenieure (Kempten) vergeben
werden. „Bei der Sitzung werden wir natürlich dabei sein. Das ist ein wichtiger
Termin, das ist wie ein Startschuss zum Bau der Straße“, blickt Zanker voraus.
Die
nächsten Aktivitäten des Vereins? „Zum einen wollen wir auf der Ortsdurchfahrt
B 33/Ravensburger Straße eine Sperrung von Schwerlastverkehr anstoßen.
Lediglich Liefer- und Busverkehr sollen von dieser Sperre ausgenommen sein. Nur
so bekommt man in die Zukunft gesehen eine vernünftige Innenstadtentwicklung
sowie ein sicheres Radwegekonzept.“ Wenn Markdorf die Südumfahrung bekomme, sei
auch eine Option für Bermatingen gegeben. „Wir wollen uns auch für eine
Südumfahrung Bermatingen stark machen“, sagt Zanker.
Die
derzeitige Verkehrssituation in Markdorf ist laut Zanker wegen diverser
Baustellen „sehr angespannt. Die Lärm- und Verkehrsbelastung scheint mir
stärker als je zuvor sein. Wegen des Baubetriebs in Möggenweiler
und in der Eisenbahnstraße drängt sich noch mehr Verkehr durch die
B 33/Ravensburger Straße und die verbliebenen Ausweichrouten.“
Schon
während der Bauphase der Südumfahrung will der Verein politische
Verantwortliche kontaktieren und sie für die Vorhaben Sperrung des
Schwerlastverkehrs auf der Ortsdurchfahrt B 33 sowie Verbessern des
Radwegekonzeptes gewinnen. „Der Straßenbau wird ja einige Zeit dauern und die
kann man nutzen, um die beiden genannten Projekte voranzutreiben“, erklärt
Zanker.
Zeitnah
nach der Ausschusssitzung des Kreistags am 13. Juli werde der Verein eine
Mitgliederversammlung einberufen. „Wir werden dann über den Sachstand
informieren und die weiteren Schritte beschließen“, so der Vereinsvorsitzende.
Seit Vereinsgründung hat es laut Zanker
eine moderate Mitgliederentwicklung gegeben. „Weitere Mitglieder sind jederzeit
willkommen. Anträge sind auf unserer Homepage abrufbar.“