Mit veränderten Rahmenbedingungen
haben die Fraktionen von SPD und Grünen im Kreistag des Bodenseekreises ihren
Antrag begründet, das Votum für die Südumfahrung von Markdorf zu kippen. Sie
sehen keine Notwendigkeit mehr für dieses Projekt.
Die Bastionen
wackelten nicht. Mit den Stimmen von CDU, FWV, FDP, AfD und Linke bekräftigte
eine große Mehrheit des Kreistags die Beibehaltung der Planung für die
Südumfahrung Markdorf. Bei 17 Befürwortern von Grünen und SPD lehnte das
Gremium den gemeinsamen Antrag der beiden Fraktionen ab, den Norbert Zeller
(SPD) und Helmut Faden (Grüne) noch einmal ausführlich begründet hatten.
Wie sehr der Streitpunkt um diesen Straßenbau, der Stadt und
Kreis schon seit 16 Jahren beschäftigt, noch einmal hochkocht, wurde schon
vor Beginn der Sitzung optisch sichtbar. Sämtliche Zuhörerplätze waren von den
beiden Markdorfer Interessengruppen belegt, die mit ihren Transparenten
geduldig ausharrten, bis der Tagesordnungspunkt nach drei Stunden aufgerufen
wurde.
Die lange Vorgeschichte des Vorhabens hatte Tobias Gähr vom Straßenbauamt kurz rekapituliert, die aktuelle
Kostenentwicklung dargestellt und auf den bewilligten Landeszuschuss von
9,5 Millionen Euro verwiesen. Nicht nur darin sah Gähr
die Verkehrswirksamkeit bestätigt, zumal das Projekt sicher nicht zu den
Favoriten des Verkehrsministeriums gehöre. Zudem sei die Planung in zwei
Instanzen gerichtlich überprüft worden.
Gerade weil die Planung inzwischen viele Jahre zurückreiche,
habe sich die Grundlage der einstigen Entscheidung dramatisch verändert,
verteidigte SPD-Sprecher Norbert Zeller den Kurswechsel seiner Fraktion.
Zeller nannte insbesondere die von ursprünglich kalkulierten
7,5 Millionen auf knapp 30 Millionen vervierfachten Kosten, die
entlastende Bündelungsfunktion der künftigen B 31-neu und die
Entwicklungen bei der E-Mobilität, die den geplanten Straßenbau in einem ganz
neuen Licht erscheinen lasse. Als Kronzeugen führte Zeller den ZF-Chef
Wolf-Henning Scheider mit dem Zitat an: „Mobilität findet nicht nur mit vier
Rädern und fünf Sitzen statt.“
Auf den Klimawandel als größte Herausforderung hob Helmut Faden
(Grüne) ab und sah den größten Nachholbedarf im Verkehrsbereich. Dass sich
auch in Markdorf die Stimmung gedreht habe, glaubte Faden und überreichte
Landrat Wölfle 726 Unterschriften aus vier Tagen. Die neue
Bündelungstrasse der B 31 werde sehr leistungsfähig sein, argumentierte
er. Die Entlastung durch die Umfahrung brauche es daher nicht mehr. Dem
„Luxusgut Auto“ dürfe man daher nicht weiteren wertvollen Lebensraum opfern.
Über die Haltung der Grünen zeigte sich Manfred Härle (CDU)
wenig verwundert, bei der SPD-Position diagnostizierte der Salemer dagegen
gleich eine Rolle rückwärts. „Sie haben vergessen, wie viel schon passiert
ist“, erklärte Härle. Man könne doch nicht jeden Planungsschritt aufs Neue
infrage stellen. „Die Ortsumfahrung galt als gesetzt.“ Dass die Kosten massiv
gestiegen seien, könne niemanden wirklich überraschen. Der Bau entspreche
einem Votum der Bürgerschaft, sei planfestgestellt und habe mehreren
gerichtlichen Verfahren standgehalten, sagte Härle.
Markdorfs Bürgermeister Georg Riedmann (CDU) präzisierte seine
Bewertung und sein Abstimmungsverhalten. Es gebe zahlreiche Argumente für den
Bau der Umfahrung, es gebe auch viele Argumente gegen die Umsetzung der
Planung. Für ihn persönlich hätten die Gegenargumente im Grunde ein leichtes
Übergewicht. Doch er könne im Moment nur für sich als Kreisrat und nicht für
seine Stadt sprechen. Riedmann verwies auf einen kleinen „Webfehler“ im
Vertrag mit dem Bodenseekreis, in dem ein abschließendes Votum der Stadt
Markdorf nicht mehr zwingend vorgesehen sei.
Wenn die komplette Werkplanung und eine aktualisierte
Kostenberechnung vorliege, wollte er noch einmal ein
Statement von seinem Gemeinderat einholen.
Dieses „klare Signal der Stadt Markdorf“ wünschte sich auch
Martin Rupp (FWV), der sich mit seiner Fraktion geschlossen gegen den Antrag
stellte. Die Straße sei gerechtfertigt, vertretbar und geboten, sagte der Bermatinger. Schließlich sei sie von einem Grünen-Minister
auf Herz und Nieren geprüft worden. Dass ein Bedarf vorhanden sei, glaubte
Rupp schon aus der Zustimmung des Landes herauslesen zu können, das eine Förderzusage von 9,5 Millionen Euro gegeben
habe.