Das Aktionsbündnis aus den Kreisverbänden
des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) und des Verkehrsclubs Deutschland
(VCD) sowie Bürgern aus Kluftern, Markdorf, Immenstaad und Salem fordert drei
Gemeindeverbindungsstraßen zwischen Ittendorf, Markdorf und Kluftern in
Fahrradstraßen umzugestalten. Damit soll mit geringem
finanziellen Aufwand die Attraktivität und Verkehrssicherheit im Bereich
zwischen Salem, Markdorf, Immenstaad und Friedrichshafen erheblich gesteigert
werden, wie Bernhard Glatthaar, ADFC-Kreisvorsitzender, und Frieder Staerke, Sprecher der VCD-Kreisgruppe, am Montagnachmittag
im Klufterner Rathaus erläuterten.
Verkehrszählung Ende Juni
Vorangegangen war eine Verkehrszählung
Ende Juni, nachdem die Friedrichshafener Stadtverwaltung die Idee mit der
Begründung abgelehnt hatte, dass Radfahrer nicht den überwiegenden Teil der
Verkehrsteilnehmer auf diesen Strecken ausmachen, sondern Kraftfahrzeugverkehr
– und diese dann auf andere Straßen verdrängt würden, die schon überlastet
seien. Stimmt nicht, meint jetzt das Aktionsbündnis.
Das Aktionsbündnis hatte sich mit rund 30 Leuten bereits
Ende März in Kluftern getroffen und über die Reaktionen von Oberbürgermeister Andreas
Brand (Friedrichshafen) und Bürgermeister Georg Riedmann (Markdorf) diskutiert.
„Da haben wir den Ball aufgenommen“, sagte Glatthaar. Da die Häfler Stadtverwaltung die Behauptung nicht mit Zahlen habe
belegen können, organisierte das Aktionsbündnis selbst eine Verkehrszählung mit
17 Leuten an zwei Abzweigungsstellen der Gemeindeverbindungsstraßen im Raum Kluftern/Markdorf
am 26., 29. und 30. Juni. Ausgewählt wurden zwei 400 Meter auseinander liegende
Abzweigungen, von denen in die Richtungen Kluftern, Ittendorf, Bürgberg, Markdorf und Immenstaad gefahren werden kann.
Bernhard Glatthaar (ADFC-Kreisvorsitzender, vorne) und
Frieder Starke (Sprecher der VCD-Kreisgruppe, links) stellten die
Verkehrszählung und die Vorschläge für Fahrradstraßen mit Tempo 30 sowie
vielleicht zusätzlich einer Beschränkung auf Anlieger- und landwirtschaftlichen
Verkehr zwischen Friedrichshafen und Markdorf vor.
Aus den Zahlen wurde der durchschnittliche tägliche Verkehr
für das Gesamtjahr hochgerechnet. Das Ergebnis ist, dass sowohl an Werktagen
als auch an Wochenenden mehr Radfahrer als Kraftfahrzeuge an den Zählstellen
unterwegs sind, erläuterten Glatthaar und Staerke. In
der Verwaltungsvorschrift der Straßenverkehrsordnung stehe: „Fahrradstraßen kommen
dann in Betracht, wenn der Radverkehr die vorherrschende Verkehrsart ist oder
dies alsbald zu erwarten ist.“
Die Organisatoren verweisen darauf, dass an den Zähltagen
hochsommerliche Hitze geherrscht habe, weit über 30 Grad, und die Zahl der
Radfahrer und Fußgänger bei angenehmeren Temperaturen vermutlich höher wäre und
bei Einrichtung einer Fahrradstraße weiter steigen würde. Sie gehen davon aus,
dass eine Verkehrsverlagerung bei Kraftfahrzeugen bei weniger als 300 Kfz/Tag
liegen würde. „Das liegt im Bereich des Grundrauschens“, meinte Staerke, vor dem Hintergrund, dass allein in Markdorf 18 000
Kfz/Tag unterwegs seien.
„Gemeindeverbindungsstraßen haben keine überregionale
Funktion, basta“, sagte Glatthaar: „Das sind optimale Radschnellwege.“ Anderswo
würde diese für Millionen Euro gebaut. Leider habe die Stadt Friedrichshafen „wahnsinnig
Angst vor Präzedenzfällen“, denn solche Strecken gebe es auch anderswo. Dabei
gebe es genug Gründe, wie das Ergebnis der Mediation zur Umgehung Kluftern, auf das Ortschaftsrat
Walter Zacke verwies. Oder die Messe Eurobikeals eine
Art Signet für eine fahrradfreundliche Stadt, so Glatthaar, und die Stärkung
des Umweltverbunds (Förderung von ÖPNV, Rad und Fußgängern) sowie erste
Schritte einer Verkehrswende. Bei der Umwidmung der Gemeindeverbindungsstraßen
zu Fahrradstraßen gehe man kein Risiko ein, sagte Glatthaar weiter. „Was soll
jetzt dagegen sprechen?“, meinte Zacke in Richtung
Stadt. Zuständig für die Entscheidung sind die Straßenverkehrsbehörden der
Stadt Friedrichshafen und auf Markdorfer Gemarkung des Landratsamts
Bodenseekreis. „Wir hoffen auf die Kraft der Argumente“, sagte Glatthaar.
Straßen sind gerade mal 3,20 Meter
breit
Hauptauslöser für den Wunsch der
Umwidmung der ausgewählten Strecken ist auch die Straßenbreite von gemessen gerade
mal 3,20 Metern
und ein teilweise erbärmlicher Straßenzustand, insbesondere an den Rändern.
Nach der Rechtsprechung könne ein Radfahrer einen Meter Abstand zum Straßenrand
halten. Ein Kraftfahrzeug müsse beim Überholen 1,50 bis zwei Meter, vom Ellenbogen des
Radlers zum Spiegel des Fahrzeugs gemessen, einhalten, um ihn nicht zu gefährden,
erläuterten Glatthaar und Staerke. Wie solle das auf
diesen Straßen gehen? Dazu komme, dass das außerörtliche Tempolimit gelte,
außer in der Holzgasse in Kluftern mit Tempo 30 bis zum Ortsende. Einige
Teilnehmer der Runde berichteten von Angst, auf dieser Strecke Rad zu fahren oder zu Fuß zu
gehen. In einer Fahrradstraße würde Tempo 30 gelten.
Zählung
Viel Mühe hat sich das Aktionsbündnis bei der Auswahl der Gemeindeverbindungsstraßen,
der Zählung und der Auswertung der Zahlen zu gegeben. Dabei hielt sich das
Bündnis an die Standardvorgaben für Verkehrszählungen. Das Ganze ist in einem
58 seitigen Bericht zusammengefasst, in dem aufgeführt wird, was, wann und wo
gezählt wurde. Der ausführliche Bericht kann hier heruntergeladen werden. Den Verantwortlichen
in den Kommunen wird er zugestellt.