BODENSEEKREIS 18. Juli 2018, 19:05 Uhr
Ringen um Trassenverlauf der B 31 zwischen Meersburg und Immenstaad
Das Dialogforum hat vor zwei Jahren die Arbeit
aufgenommen. Neben Vertretern von Verkehrsinitiativen, Verbänden und Vereinen
sind 16 zufällig ausgewählt Bürger bei den Treffen dabei, um die Planung der
B-31-Trasse zu begleiten. Vier Zufallsbürger erzählen von Erfahrungen,
Interessenkonflikten und nicht immer einfachen Diskussionen.
Seit zwei Jahren wird im Dialogforum
diskutiert und immer wieder auch gestritten. Neben Vertretern von
Verkehrsinitiativen, Verbänden und Vereinen sind 16 zufällig ausgewählt Bürger
aus sieben Gemeinden dabei, um die Planung zum Aus- und Neubau der B 31
zwischen Meersburg und Immenstaad zu begleiten.
20 Vorschläge für Trassenführung
Einer von ihnen ist Dieter Krusch
aus Meersburg. "Man erfährt ganz viel über die Hintergründe, warum so ein
Prozess so lange dauert", erklärt er. Ebenso wie die Initiativen und
Verbände konnten die Zufallsbürger aus Markdorf, Daisendorf,
Meersburg, Stetten, Hagnau, Immenstaad und
Friedrichshafen Vorschläge für eine Trassenführung einbringen. 20Vorschläge hat
das Dialogforum gesammelt, diese werden jetzt von Experten geprüft und
bewertet.
Jetzt beginnt heiße Phase
"Das nächste halbe Jahr wird eine ganz heiße
Phase", sagt Christoph Ewen vom Moderationsbüro,
das den Dialogprozess organisiert. Und Projektleiter Matthias Kühnel vom
Regierungspräsidium Tübingen ergänzt: "Unser Ziel ist es, dass wir bis im
November eine Auswahl vorstellen können. Aus einem ganzen Strauß an Varianten
sollen dann noch ein bis zwei Handvoll übrig bleiben."
Unklar sei bislang noch, ob man sich bis Ende 2019 auf eine Variante festlegen
könne. "Das ist ein recht sportliches Ziel", so Kühnel.
2006 wurde Projekt auf Eis gelegt
In den Prozess sind neben dem Dialogforum auch
Facharbeitskreise und ein politischer Begleitkreis eingebunden. Das Dialogforum
hat im Sommer 2016 seine Arbeit aufgenommen. Die Anfänge der B-31-Planung für
den Streckenabschnitt zwischen Meersburg und Immenstaad liegen allerdings sehr
viel weiter zurück (siehe Beisteller). Doch 2006
wurde das Projekt vorerst auf Eis gelegt. "Aufgrund zahlreicher Projekte
war die Kapazität der Planer damals erschöpft", erklärt Projektleiter
Matthias Kühnel. Aus diesem Grund seien zunächst Projekte umgesetzt worden, die
im Planungsprozess weiter fortgeschritten waren.
Erst 2015 ging es weiter
2014/2015 sei der Anschub zur Fortsetzung des
Verfahrens aus der Region gekommen und im Regierungspräsidium ein Planungsteam
ganz neu aufgebaut worden. "Die Region erstickt im Verkehr", sagt der
Projektleiter. Verkehrs- und Umweltgutachten müssten nach der fast zehnjährigen
Pause erarbeitet und die Grundlagen an die heutige Gesetzgebung angepasst
werden. Die Entscheidung, dass eine B-31-Trasse gebaut wird, ist getroffen. Die
Entscheidung, wo gebaut wird, ist nach Angaben der Verantwortlichen – in
Grenzen – offen.
Möglichkeiten in Untersuchungsraum
geprüft
Der Fokus liege nicht auf einer Variante, sondern in
einem Untersuchungsraum zwischen der Variante 7.5 W2 und der jetzigen Trasse
würden die Möglichkeiten geprüft. "Ergebnisoffen", wie Kühnel betont.
Eine Entscheidung müsse dabei aber nicht einstimmig ausfallen – Konsens der
Beteiligten kann, muss aber nicht sein. "Zum Schluss entscheidet der
Vorhabenträger", so Kühnel.
Ganz unterschiedliche Interessen
Interessenkonflikte werden im Dialogforum nach Angaben
der Zufallsbürger immer wieder deutlich – zwischen den Initiativen der
betroffenen Gemeinden, aber auch zwischen Umweltschutz, Wirtschaft, Tourismus
oder dem Obst- und Weinbau. Die Hagnauerin Sonja Gutemann wurde ebenfalls als Zufallsbürgerin ausgewählt und
begleitet den Prozess. "Das ist unheimlich spannend. Am Ende müssen wir
eine Lösung finden und wir sind auf einem guten Weg", sagt sie.
Anfangs ein "Hauen und
Stechen"
Auch Christoph Braun aus Markdorf hat solche
Erfahrungen gemacht. Am Anfang sei die Überraschung groß gewesen, da hätten
sich die Gruppierungen "den ganzen Abend nur beharkt", erzählt er und
ergänzt: "Aber der Ton hat sich gebessert und die Diskussion ist
sachlicher geworden." Sebastian Gatzka aus
Immenstaad kam als Nachrücker dazu und war eigenen Angaben zufolge zunächst
"etwas eingeschüchtert. Das war kein Dialog, sondern ein Hauen und
Stechen", erzählt er. Inzwischen seien von den verschiedenen Stellen aber
viele sinnvolle Trassen-Varianten zusammengekommen. "Ich sehe mich in
diesem Prozess als Multiplikator, um so manche Stammtischdebatte zu
dämpfen."
Projektleiter hält sich mit
Prognosen zurück
Dieter Krusch ist sehr auf
die Ergebnisse gespannt, die im November vorgestellt werden sollen. "Wichtig
ist, dass die Region an einem Strang zieht. Natürlich hat jeder seine ganz
eigenen Kriterien für eine gute Trasse. Wir brauchen aber nicht nur eine gute
Lösung für den eigenen Ort, sondern für die Region", erklärt Krusch. Wichtig sei, dass die Variante den rechtlichen
Vorgaben genügt. Bis wann eine Entwurfsplanung vorliegt oder gar der Bau
beginnen kann, da wagt Projektleiter Matthias Kühnel noch keinerlei Prognosen.
Auswahl
Die
Zufallsbürger wurden aus den sieben hauptsächlich betroffenen Kommunen
ausgewählt – unter Beachtung von Einwohnerzahl und Betroffenheit. Die
hundertfache Menge an Bürgern wurde per geschichteter Stichprobe (Alter,
Geschlecht, Wohnort) aus dem Einwohnerregister ausgewählt. Aus den
Rückmeldungen wurde per Los entschieden.
Rückblick zur Planung der B 31-neu
·
Die Planungshistorie zur B 31-neu im nördlichen Bodenseeraum reicht bis zum Ende der
80er Jahre zurück. Die konzeptionelle Phase für den Abschnitt Meersburg/West
bis Immenstaad dauerte laut Regierungspräsidium Tübingen von 1989 bis 1995. Das
Regierungspräsidium richtet damals einen begleitenden Arbeitskreis ein, in dem Behörden, Kommunen, Verbände und Bürgerinitiativen 15
Trassenvarianten erarbeiteten. Die sieben seefernen und acht seenahen Varianten wurden in Workshops gemeinsam mit dem
Regierungspräsidium nach verschiedenen Gesichtspunkten überprüft und vier
Planungsfälle/Varianten gingen ins Raumordnungsverfahren (1999 bis 2001). Dabei
wurden die vier verbliebenen Varianten/Planungsfälle untersucht, die seeferne Variante 2a sowie die seenahen
Varianten 0.1 (Ausbau), 7.5 und 9.3. Die Variante 2a stimmte nach Angaben des
Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur Baden-Württemberg mit den
Erfordernissen der Raumordnung nicht überein.
·
Die Variante 7.5 galt
als die raumordnerisch günstigste und konfliktärmste Lösung. Es schloss sich
das Linienbestimmungsverfahren bis 2006 an, mit der "Optimierung der
Variante 7.5 bei Uhldingen-Mühhofen" wurde laut
Ministerium daraus die Variante 7.5 W2. Diese Linie wird vom Bundesministerium
für Verkehr im Jahr 2006 bestimmt und dient als Grundlage für den Weiterbau der
B 31-neu zwischen Meersburg-West und Immenstaad.
·
2006 wurde
das Projekt auf Eis gelegt. Planung und Bau anderer Maßnahmen hatten Vorrang.
2015 wurde das Projekt wieder aufgenommen.