Kommentar: Fakten und Fragen
Der Informationsabend der Stadt Markdorf zur Verkehrsmediation Kluftern und deren Trassenplänen war sehr aufschlussreich: Die Redner sparten nicht mit klaren Aussagen. Doch nach wie vor gibt es mehr offene Fragen als beantwortete. So etwa die nach dem Wandel des Verkehrsverhaltens in der Gesellschaft. Auch der muss bei Straßenneuplanungen berücksichtigt werden, meint SÜDKURIER-Redakteur Helmar Grupp
Der Informationsabend über die Verkehrsmediation Kluftern in Leimbach war eine sehr aufschlussreiche Veranstaltung, aufschlussreicher als die Präsentation des Zwischenergebnisses im Oktober in Kluftern. Denn am Mittwochabend in Leimbach haben die Referenten – Bürgermeister Georg Riedmann, Mediator Anton Hütter und Tobias Gähr, Leiter der Straßenbehörde im Landratsamt – klare und unmissverständliche Aussagen getroffen. Und sie haben auch Einiges, was an Gerüchten unterwegs ist, zurechtgerückt.
Drei wesentliche Erkenntnisse bringt der Abend: Erstens befinden
sich die Planungen zu den Varianten für eine Ortsumfahrung Kluftern
noch in einer sehr frühen Phase. Und selbst wenn die Mediation ihre Empfehlung
abgegeben hat, beginnt die eigentliche Planung erst dann, wenn der Kreistag
einen Beschluss gefällt hat. Zweitens ist noch keine der sechs Varianten
priorisiert. Und drittens, das wurde am Mittwoch erstmals in dieser
Deutlichkeit klar, kann es durchaus sein, dass keine der Trassen gewählt wird,
sondern die Runde sich für den Nullfall, also den
Stopp der Pläne und das Belassen der jetzigen Ortsdurchfahrt Kluftern entscheiden wird. Denn im Zuge ihrer zweijährigen
Arbeit haben die Planer erkannt, dass jede der Trassen schwerwiegende Eingriffe
in die Landschaft und die Siedlungsstruktur zur Folge hätte. Die möglichen
Auswirkungen der Eingriffe gilt es nun abzuwägen gegen den möglichen Nutzen,
also eine Verkehrsentlastung für Kluftern und die
schon in 2003 anvisierte Bündelung des Verkehrs zwischen Markdorf und Friedrichshafen.
Diese Abwägung will die Mediation nun vornehmen, hieß es.
Was Politik und Planer auch bedenken müssen: Das Verkehrsverhalten wandelt sich. Für die junge Generation ist das Auto kein Statussymbol mehr. Sie wendet sich anderen Mobilitätskonzepten zu. Car-Sharing oder Auto-Leihpools per App-Anfrage sind Konzepte, die stark wachsenden Zulauf erfahren. Der Individualverkehr hingegen wird auf Sicht abnehmen. Gut möglich, dass uns dann unsere Enkel in 30 Jahren fragen werden, weshalb wir den schönen Bodenseeraum so zugepflastert haben.
Leser Kommentar
25.11.2016 16:44 Uhr
Mehr Probleme als Lösungen
Vielen Aussagen kann
ich zustimmen, aber nicht dieser: „Eine deutliche Entlastung [für Kluftern] gäbe es nur, wenn es auch die Südumfahrung
Markdorf gibt.“ Denn die geplante Südumfahrung Markdorf würde nicht zur
Entlastung, sondern zu Mehrbelastungen in Kluftern
führen. Sie ist somit nicht Teil einer Lösung für Kluftern,
sondern Teil des Problems. Die Umfahrung Markdorfs wurde auf Klufterner Gemarkung am Ortsrand von Lipbach
geplant und würde zusätz¬lichen Kfz-Verkehr nach Kluftern bringen. Diese „Markdorfer
Brille“ hat Herr Grupp vergessen, als er in seinem früheren Kommentar („Klufterner Brille“) mahnte, Kluftern
dürfe seine Verkehrsbelastung nicht einfach auf den Nachbarort Riedheim abschieben. Aber wie man es auch dreht: Neue
Straßen schaffen neue Betroffenheiten und erzeugen
neuen, umweltschädlichen Kfz-Verkehr.