Klufterner Trassenpläne: Alles ist noch offen, heißt es in Leimbach

Das Thema ist ein Aufreger: Es geht um die Pläne der sechs möglichen Trassen für eine Ortsumfahrung Kluftern. Beim Bürgerinformationsabend der Stadt Markdorf zur Verkehrsmediation Kluftern verweisen die Verantwortlichen auf den laut ihren Aussagen aktuell noch frühen Planungsstand und stellen sich der Kritik aus den Zuhörerreihen. Rund 200 Bürger sorgten für eine proppevolle Mehrzweckhalle – und für eine rege Diskussion im Anschluss an den offiziellen Teil.

Alles ist noch offen und noch nichts ist zementiert: Das waren die Kernaussagen der Redner bei der Bürgerinformation zur Verkehrsmediation Kluftern am Mittwochabend in Leimbach. Rund 200 Bürger füllten die Mehrzweckhalle, zwei Stunden dauerte die Veranstaltung inklusive einer Publikumsfragerunde. Markdorfs Bürgermeister Georg Riedmann sprach die Einführung, Mediator Anton Hütter und Tobias Gähr, Leiter der Straßenbehörde im Landratsamt, informierten über den aktuellen Stand des Verfahrens.

Riedmann verwies darauf, dass es Pläne für einen Zubringer der geplanten Südumfahrung Markdorf zum geplanten B-31-neu-Knoten in Spaltenstein bereits seit 2003 gebe. In der Mediation wurden aus diesem Zubringer die sechs Trassenvarianten für eine Ortsumfahrung Kluftern. Mit Blick auf den Protest der Riedheimer (wir berichteten) sagte er: "Es ist klar, dass eine persönliche Betroffenheit immer eine Abwehrreaktion hervorruft." Die Riedheimer, betonte er, dürften immer erwarten, dass er ihre Interessen vertrete. "Aber nicht nach dem Floriansprinzip, denn dann würde ich meiner regionalen Verantwortung nicht gerecht werden."

Das Regionalforum der Mediation, das Entscheidungsgremium, plane ergebnisoffen und objektiv, so Riedmann. "Es ist kein politisches Kräftemessen." Für Bedenken oder Anregungen sei es noch nicht zu spät, die konkreten Planungen begännen jetzt erst. Aktuell stünden alle sechs Trassenvarianten "auf der gleichen Position". Eine Rangfolge werde erst im ersten Quartal 2017 erarbeitet. Und: Nach wie vor gebe es die Möglichkeit, die Planungen zu verwerfen und es bei der jetzigen Klufterner Ortsdurchfahrt zu belassen.

13 Sitzungen hat das Regionalforum in den vergangenen zwei Jahren abgehalten, informierte Hütter, die letzte erst am Dienstag. Alle seien "sehr sachlich verlaufen". Und seit Dienstag sei mit Edwin Gehweiler nun auch einer der Riedheimer Bürger, die sich kritisch zu Wort gemeldet hatten, im Forum. Bislang aber hätten Ortsvorsteher Hubert Roth und Riedmann "sehr engagiert die Interessen ihres Bereiches vertreten". Bei der Bewertung der Optionen würden nun "die Siebe immer feiner", so Hütter. Die endgültige Klärung der Bedarfsfrage werde erst zu Beginn des nächsten Jahres vorgenommen.

"Wir haben nicht zu wenige Straßen im Bodenseekreis, sondern zu wenige leistungsfähige", stellte Gähr klar. Dies sei auch der Grund für alle aktuellen Straßenplanungen, von der Netzkonzeption 7.5 bis zu den Umfahrungsprojekten. Offen bekannte Gähr, dass alle sechs Varianten "deutliche Konflikte und einen enormen Flächenbedarf" hätten: "Keine der Lösungen wird nur Freunde haben und es wird keinen strahlenden Sieger geben." Er bezeichnete die Planungen als "Vor-Vor-Entwürfe": "Ihre Darstellungen vermitteln eine Planungsreife, die wir noch nicht haben." Auch der von den Riedheimern kritisierte Höhenverlauf von bis zu sieben Metern über dem Geländeniveau ihres Ortes sei "noch nicht in Stein gemeißelt". Ebenso werde man jetzt erst die Lärmuntersuchungen für alle Varianten vornehmen. In die würden dann auch die "Überhöhungen" einfließen. "Im Zweifelsfall brauchen wir Lärmschutz", sagte Gähr.

 

 

Die Diskussion in Leimbach und der Spontan-Vortrag von Daniel Ritter

 

1.    .Die Diskussion: Ein Dutzend Fragen gab es aus dem Publikum. Einige Beispiele: Eine Dame sprach sich vehement für eine Tunnellösung aus, kritisierte, dass diese nicht in Betracht gezogen wurde und fragte nach den Kosten. Gähr bezifferte die Kosten für einen Kilometer Tunnel auf rund 20 Millionen Euro gegenüber zwei bis drei Millionen Euro für den Kilometer Straße, es gehe also um einen Faktor acht bis zehn. Hinzu kämen "riesige Unterhaltungsaufwendungen" für einen Tunnel. Dies bedeute auch eine hohe Belastung für die nachfolgende Generation. Diese werde durch ungehemmten Straßenbau belastet, argumentierte die Dame. Friedrich Köskemeier aus Riedheim fragte, weshalb man überhaupt weiterplane, nachdem die Verkehrsprognosen niedriger ausfallen würden als angenommen. Gähr bestätigte dies, doch die Belastung sei hoch genug, dass sie ein Nachdenken über Lösungen rechtfertige. Vier der sechs Trassen würden durch Riedheimer landwirtschaftliche Flächen gehen, da brauche man gar nicht weiterzudiskutieren, sagte Susanne Keßler. Die Landwirtschaft sei ein "sehr sensibles Thema" bestätigte Gähr, man stimme sich daher intensiv mit dem Landwirtschaftsamt ab. Riedmann betonte: "Die Betroffenheit ist aber gemarkungsunabhängig."

 

2.    .Ritters Vortrag: Einen spontanen Vortrag zum Höhenverlauf der vier Trassen hielt der Riedheimer Daniel Ritter. Dazu hatte er eine Powerpoint-Präsentation vorbereitet, die er nach dem Ende der Veranstaltung noch rund 50 Besuchern präsentierte. Die Trassenplanungen an sich seien "vernünftig", so Ritter, doch man müsse sie sich auch im Querschnitt ansehen. Die Zuwegung auf Riedheim zu führe auf einem Damm über der Brunnisach vier Meter über der Höhe des Ortes und im weiteren Verlauf auf bis zu sieben Metern über Ortshöhe, bei einer prognostizierten Belastung von bis zu 20 000 Kfz täglich. "Das Thema Lärm hat noch keine Berücksichtigung gefunden", kritisierte Ritter. Diese Lärmuntersuchungen sollen nun vorgenommen werden, sagte Gähr. Riedmann sagte: "Wenn wir eine zehn Meter hohe Trasse mit einer vier Meter hohen Lärmschutzwand haben, wird auch das gewertet und zwar mit einem kräftigen Minus." (gup)

 

Leser-Kommentar:

25.11.2016 16:52 Uhr

Entlastung vom Kfz-Verkehr oder Entlastung für den Kfz-Verkehr?

 

Das Straßenbauamt nannte als Motivation für die Straßenplanungen in Kluftern die Überlastung der Verkehrsinfrastruktur und den Mangel an leistungsfähigen Straßen. Das war insofern überraschend, weil laut Arbeitsvereinbarung zur Mediation Kluftern das Ziel die Entlastung der Anwohner an der Ortsdurchfahrt sein soll (also Entlastung vom Kfz-Verkehr und nicht für den Kfz-Verkehr). Dass es für die Entlastung der Anwohner auch andere Lösungsansätze gibt als den konfliktträchtigen Bau neuer Straßen, wurde in der Diskussion deutlich: mit Verweis auf die Klimaschutzziele wurden Verbesserungen beim ÖPNV gefordert und auf Entlastungen durch Elektromobilität hinwiesen. Lärmaktionsplanung ist ein weiterer sinnvoller Ansatz.

Eine bahnparallele Straßentrasse durch Kluftern wäre für den Schienenverkehr hingegen äußerst kontraproduktiv: Sie würde nicht nur die Konkurrenz um Fahrgäste und Investitionsmittel verschärfen, sondern auch die Zukunftsoption für ein zweites Bahngleis durch Kluftern verbauen.