BUND und Nabu äußern  in Markdorf herbe Kritik an Planfall 7.5

Gemeinsame Positionierung: Die Naturschutzverbände wenden sich gegen eine einseitige und zu frühe Festlegung der politisch Verantwortlichen auf die vom Regierungspräsidium und Landesverkehrsministerium favorisierte Variante für den Weiterbau der B 31 neu.

Die Naturschutzverbände fordern eine offene Debatte, ein unvoreingenommenes Verfahren, die frühzeitige Unterrichtung der Öffentlichkeit und vor allem, dass auch der ÖPNV in die Planungen miteinbezogen wird. Dabei geht es Franz Beer, Frieder Staerke (beide BUND) und Thomas Körner auch um eine dringend notwendige Ertüchtigung etwa der Bodenseegürtelbahn.

Verbände fordern neue Diskussion

Äußerst kritisch setzen sich BUND und Nabu in der Region mit dem Thema Weiterbau der B 31 neu zwischen Immenstaad und Meersburg auseinander. Vor allem die vom Landesverkehrsministerium favorisierte Trassenvariante Planungsfall 7.5 mit ihrem Verlauf im Hinterland über Reute und zwischen Stetten und Ittendorf ist ihnen ein Dorn im Auge, wie der Markdorfer BUND-Vorsitzende Franz Beer und Thomas Körner, Geschäftsführer des Nabu-Bezirksverbandes, in einem Pressegespräch am Montag erläuterten. Beer verwies darauf, dass BUND und Nabu die Trasse 7.5 bereits beim Auftakt der Planungen Mitte der 90er-Jahre klar abgelehnt hätten. Für Beer, Körner und den BUND-Verkehrsexperten Frieder Staerke ist die in ihren Augen von Verkehrsminister Winfried Hermann in der Infoveranstaltung am 6. Oktober vorgenommene Präferierung des Planfall 7.5 ein Irrweg. Sie sorgen sich darum, dass nun mögliche Trassenalternativen gar nicht mehr ernsthaft weiterverfolgt werden. „Wir plädieren dafür, den Sack nochmals aufzumachen und die Rahmenbedingungen für eine echte Diskussion zu schaffen“, betonte Beer. Wegen der Zwangspunkte mit den Anknüpfungen in Immenstaad und Meersburg-West seien nur noch Alternativen südlich des Planfall 7.5 möglich, hatte Hermann schon in Hagnau betont. Daher, so hatte sich auch der Vertreter des Regierungspräsidiums, Ulrich Kunze, festgelegt, sei der Planfall 7.5 „der Ausgang der Planungen“.

Komplett neue Analysen nötig

Dagegen wenden sich nun die Naturschützer. Beer und Körner habe sich seit der Jahrtausendwende so viel geändert, dass eine komplette Neubewertung vonnöten sei, und zwar sowohl in der Raumanalyse wie in der Verkehrsanalyse. Denn inzwischen gebe es neue Gesetze zu Lärmgrenzwerten und zum Artenschutz – und auch eine Landschaft im nördlichen Bodenseeraum, die mittlerweile belastet sei von vielen Konflikten. Unbedingt müsse auch der ÖPNV-Ausbau, Stichwort Ertüchtigung der Bodenseegürtelbahn und Elektrifizierung, im selben Zuge engagiert angegangen werden. „Hier herrscht seit Jahrzehnten Sendepause“, kritisierte Körner: „Eingleisig und noch nicht einmal elektrifiziert, das sind Zustände wie in der Vorkriegszeit.“ In Hagnau jedenfalls, so Staerke, habe er nicht den Eindruck gewonnen, dass es um ein ganzheitliches Verkehrskonzept unter Einbeziehung des ÖPNV gehe, sondern stattdessen lediglich um eine Trassendiskussion.Staerke fordert daher die Verantwortlichen auf, die Verkehrsanalysen „dringend zu aktualisieren“. Erstens werde seiner Ansicht nach die Zunahme des Kfz-Verkehrs geringer ausfallen als prognostiziert – dafür sprächen ein Umdenken in der jüngeren Bevölkerung wie auch neue Konzepte wie etwa das zunehmend sich durchsetzende Car-Sharing –, und zweitens würden neue mehrspurige Straßenkapazitäten wie der Planfall 7.5 zusätzliche Verkehrsströme in die Region verlagern. All diese Aspekte seien laut Staerke in den bisherigen Verkehrsuntersuchungen vernachlässigt worden.

Verlärmung und Naturverbrauch

Beer appellierte an RP und Land, Raum- und Verkehrsanalyse „sehr sorgfältig“ vorzunehmen und „offen zu gestalten“, sodass so frühzeitig wie möglich bereits fundierte Ergebnisse präsentiert werden können. Informationen, dass es baulich billigere und teurere Varianten gebe, seien Beer zufolge „Käse“, denn: „Fakten wie Verlärmung und Naturverbrauch müssen in die geldliche Bewertung einfließen.“ Darauf würden BUND und Nabu in den Facharbeitskreisen hinwirken.Befragt nach den eigenen Prioritäten für etwaige Trassenoptionen verweist Beer auf die grundlegende Ablehnung der Variante 7.5, über die sich beide Verbände einig seien. Mit eigenen Trassenvorschlägen wolle man zunächst einmal abwarten, wie der weitere politische Prozess verlaufe. Beer: „Wir wollen zuerst die Bewertungen abwarten und dann analysieren, wo sich eine mögliche konfliktarme Lösung abzeichnen könnte.“ Für den BUND wie auch für den Nabu gibt es Stand jetzt nur eine sinnvolle Option: Ausbau statt Neubau. „An der Ausbauvariante der jetzigen B 31-Trasse halten wir natürlich erst einmal fest“, machte Beer deutlich. Grundsätzlich fordere man aber ein „offenes Verfahren“ und dass die Planer in den Behörden „auch gedanklich zunächst einmal von der Linie 7.5 wieder abgehen“. Wie weit die Diskussionen um den Planungsfall 7.5 bereits zurückreichen, zeigte Beer übrigens anhand seines „Schwarzbuches“ auf: Mehrere hundert Seiten Presseartikel und Leserbriefe zu diesem Thema alleine aus den Jahren 1995 und 1996.

 

 

Der aktuelle Stand

In der Informationsveranstaltung des Regierungspräsidiums (RP) am 6. Oktober hatte Verkehrsminister Winfried Hermann den Planungsfall 7.5 als Grundlage für die weiteren Planungen beim B-31-Weiterbau bezeichnet. Für die weitere Planung soll die Öffentlichkeit beteiligt werden. Es gibt einen Politischen Begleitkreis aus Bürgermeistern und Landrat, der das RP beraten wird und es gibt zwei ebenfalls beratende Facharbeitskreise, "Verkehr" und "Umwelt- und Naturschutz", die am 9. Dezember das erste Mal tagen werden. In den Facharbeitskreisen sind der BUND (Frieder Staerke, Verkehr) und der Nabu (Thomas Körner, Umwelt- und Naturschutz) vertreten. Die Untersuchungsergebnisse sollen im nächsten Jahr in einem Dialogforum vorgestellt werden. Noch vor der Kritik der Naturschutzverbände hatte sich bereits die Interessengemeinschaft Verkehrsneuplanung Ittendorf deutlich gegen den Planungsfall 7.5 ausgesprochen. Für die Ittendorfer wie auch für die Stadt Markdorf und deren Gemeinderat führt die Variante 7.5 zu nahe an Ittendorf vorbei, ist zu nahe an Markdorf und den südlichen Weilern geplant und würde die von B31 und B33 geprägte Landschaft mit einer weiteren überörtlichen Verkehrsachse zerschneiden. (gup)