MARKDORF
„Markdorf ist
nicht mit Hagnau vergleichbar“
Markdorf -
Der Verkehrsgutachter Wolfgang Wahl äußert sich im SÜDKURIER-Interview zu Tempo
30 ganztags
In Ihren
Präsentationen vor dem Markdorfer Gemeinderat zum
Lärmaktionsplan vertraten Sie die Ansicht, dass sich der B-33-Verkehr bei
Einführung von ganztags Tempo 30 nicht stärker stauen würde als bisher. Auf
welche Erfahrungen oder Gutachten stützen Sie diese Argumentation?
Markdorf ist nicht mit Hagnau vergleichbar. Auch
die aktuellen Verkehrszählungen der Landesstelle für Straßentechnik zeigen,
dass die Verkehrsbelastungen und insbesondere die Schwerverkehrsanteile auf der
B 33 im Allgemeinen deutlich geringer sind als auf der B 31. Im Sommer 2014 gab
es auf der B 33 im Bereich Leimbach – Hepbach zwei
Brückenbaustellen, bei denen der Verkehr über ein Provisorium mit 30 km/h
umgeleitet wurde. Mir wurde berichtet, dass diese Verkehrsmaßnahme zu keinen
Staus geführt hat. Aber auch heute gibt es in der Innenstadt vor allem in den
Spitzenzeiten bereits lange Staus. Diese werden sich durch Tempo 30 mit
Sicherheit nicht reduzieren. Das Verkehrsverhalten muss weiter genau beobachtet
werden. Gegebenenfalls müssen auch die Signalprogramme der Ampeln angepasst
werden.
In Markdorf wird nun befürchtet, dies
äußert auch Bürgermeister Georg Riedmann als seine
Einschätzung, dass nach Einführung von ganztags Tempo 30 der Verkehr auf den
Ausweichrouten Ensisheimer und Bernhardstraße, auf
denen weiterhin Tempo 50 gilt, drastisch zunehmen wird. Wie beurteilen Sie
diese Befürchtung?
Bereits das Umleitungskonzept der Straßenbauverwaltung während der Sperrung
der B 31 Hagnau – Immen-staad
beinhaltete eine nächtliche Geschwindigkeitsbeschränkung sowohl der B 33 als
auch der Ensisheimer und Bernhardstraße.
Dementsprechend hatten auch wir eine Geschwindigkeitsbeschränkung für die
Alternativrouten vorgeschlagen. Der Verkehr muss nun vor und nach Realisierung
der Maßnahme gezählt werden, um gegebenenfalls mit den entsprechenden Fakten
eine Nachbesserung zu erreichen.
Bedeutet Tempo 30 ganztags nun, wie
vielfach befürchtet oder argumentiert, eine Zunahme der CO-Belastung? Und wenn
nein, warum nicht?
Umfangreiche Untersuchungen zu den Wirkungen von Tempo 30 auf
Hauptverkehrsstraßen zeigen, dass sich die Abgasemissionen höchstens
geringfügig verändern. Zwar sind die Emissionen bei Konstantfahrt
30 km/h etwas höher als bei 50 km/h, dafür nehmen bei Tempo 30 die
Beschleunigungsanteile ab, was die Nachteile bei Konstantfahrt
ausgleicht. Die Vorteile bei Lärmminderung, Verkehrssicherheit und
Aufenthaltsqualität überwiegen nach Ansicht der Gutachten erheblich.
Zur Person
Wolfgang
Wahl ist Verkehrsplaner und -gutachter bei der Rapp
Trans AG (Basel). Das Schweizer Unternehmen ist ein Planungsbüro für
Verkehrsthemen und -projekte mit rund 40 Mitarbeitern und Niederlassungen unter
anderem auch in Lörrach und Freiburg. Wahl ist Diplom-Ingenieur, leitet das
Freiburger Büro von Rapp Trans und hat im Auftrag der Stadt Markdorf die
Fachplanung der Lärmaktionsplanung verantwortet und gutachterisch
begleitet.