MARKDORF

Regierungspräsidium kippt Gemeinderatsbeschluss: Bald ganztags Tempo 30 in Markdorf

 

Markdorf -  Das Regierungspräsidium (RP) Tübingen ist dem Antrag der Anwohner-Initiative gefolgt und hat für die Lärmaktionsplanung der Stadt Markdorf ein ganztägiges Tempo 30 in der B-33-Ortsdurchfahrt verfügt. Die Lärmwerte an der Bundesstraße sind so hoch, dass kein Ermessensspielraum bestanden habe, heißt es seitens der Behörde. In einigen Wochen soll die Beschilderung angebracht werden.

 

Das Regierungspräsidium (RP) Tübingen ist dem Antrag der Anwohner-Initiative gefolgt und hat für die Lärmaktionsplanung der Stadt ein ganztägiges Tempo 30 in der B-33-Ortsdurchfahrt verfügt. Dies bestätigt RP-Sprecher Steffen Fink auf Anfrage des SÜDKURIER. Die Behörde kassierte damit den Gemeinderatsbeschluss ein, der mehrheitlich für Tempo 30 nur nachts gefällt worden war. Außerdem wird Tempo 30 ganztags auch auf der innerörtlichen L-205-Strecke von der Ittendorfer Straße bis zum Ortsausgang Richtung Bermatingen gelten. Diese zusätzliche Tempo-30-Strecke hatte die Stadt am heutigen Mittwochvormittag noch beantragt, um eine einheitliche Geschwindigkeitsregelung für die gesamte Innenstadt zu haben. Diesem Antrag habe das Landratsamt wie auch das RP bereits umgehend zugestimmt, so Robert Schwarz, Pressesprecher des Landratsamtes.

 

Kein Ermessensspielraum

Sowohl Fink wie auch Schwarz betonen, dass ihre Behörden ein ganztägiges 30er-Limit für sinnvoll hielten. Beim RP, so Fink gegenüber dieser Zeitung, sei es „eine klare Entscheidung“ gewesen: „Für uns war es eindeutig, weil die Lärmpegel doch deutlich überschritten wurden und es da in der Entscheidung keinen Ermessensspielraum mehr gegeben hat.“Damit folgt das RP der Argumentation der B-33-Anwohner-Initiative um deren Initiatoren Juliane Nagy und Heinrich Riede, die mit Verweis auf die extrem hohen Lärmpegel entlang der B-33-Ortsdurchfahrt vehement das ganztägige 30er-Limit eingefordert hatten. Zugleich ist der Tübinger Beschluss eine Abfuhr für den Markdorfer Gemeinderat: Dort hatten die Fraktionen der Freien Wähler und der CDU sowie ein Mitglied der Umweltgruppe (UWG) mehrheitlich ein Tempo-30-Limit nur nachts beschlossen. Die anderen UWG-Mitglieder sowie die SPD-Fraktion hatten sich für ein ganztägiges 30er-Limit ausgesprochen.

WAS SAGEN DIE FRAKTIONEN?

·         Alfons Viellieber (CDU) findet, es sei nicht in Ordnung, wie hier mit dem Gemeinderat umgegangen werde. „Unsere Zeit im Rat ist dafür zu schade. Wir reden uns stundenlang die Köpfe heiß, und das sogar drei Mal“, sagte der Stadtrat gestern. Tempo 30 sei Augenwischerei mit null Wirkung. „Der Verkehr muss flüssig laufen, sonst fahren wir rückwärts“, so Viellieber.

 

·         Roland Hepting (UWG) ist verwundert über den Beschluss und vertritt die Auffassung, der Gemeinderat habe viel Zeit investiert und sei jetzt gar nicht mehr gefragt. Einzelne Bürger würden über dieses Gremium hinweggehoben. Tempo 30 nachts finde er in Ordnung, aber tagsüber seien die Nebengeräusche wie etwa Kirchenglocken ohnehin sehr hoch.

 

·         Dietmar Bitzenhofer (FW) sagt: „Wenn das Votum des Gemeinderates keinen Wert hat, halte ich von dieser Demokratie wenig und habe schon daran gedacht, das Amt niederzulegen.“ Das knifflige Thema beschäftige den Rat seit zwei Jahren und die Einarbeitung in umfangreiche Vorlagen habe ihn etliche Wochenenden gekostet. „Es tut mir Leid um die verlorene Freizeit“, betont Bitzenhofer.

 

·         Uwe Achilles (SPD) begrüßt die Entscheidung für Tempo 30 ganztägig. Sie entspreche der SPD-Haltung bei der Abstimmung im Gemeinderat. Das Regierungspräsidium habe als Fachbehörde entschieden, dass Tempo 50 am Tag nicht ausreiche, dem Lärmschutz gerecht zu werden. Die Verkehrsbehörde setze sich insofern nicht über einen Beschluss des Gemeinderats hinweg, sondern komme aufgrund der Lärmschutzrichtlinien zum Ergebnis, dass Tempo 30 rechtlich erforderlich sei. (thu)


Der Beschluss des RP ist nun bindend. Im Landratsamt wird derzeit die verkehrsrechtliche Anordnung der Maßnahmen ausgearbeitet. Sie soll laut Schwarz bis Ende dieser Woche erlassen werden. Mit diesem Erlass wird dann die Straßenmeisterei im Landratsamt damit beauftragt, die Maßnahmen praktisch umzusetzen – heißt in diesem Fall, die Schilder aufzustellen. Ab dann gilt das innerörtliche Tempo 30. Bis es soweit ist, werden noch einige Wochen vergehen, da die Schilder erst bestellt werden müssen. Sind sie da, sollen sie unverzüglich aufgestellt werden.Bei der Anwohner-Initiative herrscht derweil Feierstimmung. „Wir sind sehr zufrieden mit diesem Beschluss“, äußert sich Sprecherin Juliane Nagy: „Das ist ein absoluter Gewinn für alle Anwohner, nicht nur hinsichtlich des Lärms, sondern auch der Sicherheit.“ Vor allem für die zahlreichen Kinder, die tagsüber die B-33-Ortsdurchfahrt auf ihrem Schulweg queren müssten, sei dies die erhebliche Minderung einer Gefahrenquelle. Die Initiative wolle sich den Erfolg nicht auf die eigenen Fahnen schreiben, das RP habe schließlich den Wunsch durchgesetzt. Nagy: „Unser Antrag hat die Entscheidung sicher unterstützt, die Zeit war einfach reif dafür.“

 

Kein Tempo 30 in Leimbach

Keine Herabsetzung der geltenden Tempolimits wird es hingegen auf der B 33 im Osten der Stadt geben. In der Ortsdurchfahrt Leimbach bleibt es bei dem jetzigen Tempo-50-Limit, auf der Strecke zwischen Leimbach und Hepbach bei Tempo 70. Dort sollte dem vom Rat beschlossenen Lärmaktionsplan zufolge Tempo 30 nachts (OD Leimbach) und Tempo 50 zwischen Leimbach und Hepbach geprüft werden. Nachdem nun aber nach Ostern auf der B 33 zwischen Steibensteg und Stadel der Belag erneuert werden wird und im Zuge dessen ein lärmmindernder Asphalt aufgebracht werden wird, gebe es aus Lärmschutzsicht keine Grundlage mehr für eine weitergehende Tempobeschränkung, so Fink. In Ittendorf bleibt es bei dem vom Rat beschlossenen ganztägigen 30er-Limit, in Wirrensegel bei 70 ganztags.