Friedrichshafen

B 31: Neuer Streit um die Bachmuschel

Friedrichshafen -  Naturschützer verwehren sich gegen Umsiedlung im Mühlbach bei Schnetzenhausen und argumentieren, dass erst die Finanzierung der B 31-neu feststehen müsse.

Auch wenn die endgültige Finanzierung der B 31-neu zwischen Friedrichshafen und Immenstaad noch immer nicht geklärt ist, wird bereits gebaut. In Sparbruck bei Schnetzenhausen wird seit Oktober 2013 ein neues Bachbett für den Mühlbach gegraben, denn genau hier soll die Trasse der Bundesstraße verlaufen und in dem schmalen Gewässer leben streng geschützte Weichtiere.

Eigens für die Bachmuschel, im Fachjargon auch „Unio Crassus“ genannt, wird diese Baumaßnahme umgesetzt, die 1,5 Millionen Euro kostet. Denn die Bachmuschel ist europarechtlich streng geschützt und vor dem Aussterben bedroht. Erst vor zwei Wochen hatte Steffen Fink, Pressereferent des Regierungspräsidiums Tübingen auf Nachfrage des SÜDKURIER bestätigt, dass die Arbeiten voll im Zeitplan seien und im Sommer mit der Umsiedlung der Weichtiere begonnen werden könne. Ein Gewässerokologe ist derzeit immer wieder vor Ort, um die Feinmodellierung des neu gestalteten Bachbettes zu überwachen.

Doch nun melden sich die Naturschützer zu Wort und verlangen, dass die Umsiedlung der Bachmuscheln zurückgestellt wird. In einem offenen Brief, den die Verbände BUND, LNV und NABU an das Regierungspräsidium geschrieben haben, heißt es: „Wir lehnen diese vorschnelle Vorgehensweise ab. Die Umsiedlung der Bachmuschel als streng geschützter Tierart ist ein schwerer artenschutzrechtlicher Eingriff…Deshalb darf dieser riskante Eingriff in den Bachmuschelbestand keinesfalls erfolgen, solange nicht zweifelsfrei geklärt ist, dass das projektierte Bauvorhaben auch tatsächlich wie geplant durchgeführt wird. Mit einer Bachmuschelumsiedlung auf Verdacht würde der Artenschutz mit Füßen getreten.“ Die Verbände argumentieren, dass die Umsiedlung ein schwerer artenschutzrechtlicher Eingriff sei und es zudem bisher noch keine erfolgreiche Umsiedlung von Bachmuscheln wissenschaftlich dokumentiert worden sei. „Demgegenüber sind Fälle bekannt, wo es beim Versuch von Umsiedlungen – trotz bester Absichten und fachlicher Begleitung – zu negativen Auswirkungen auf die Bachmuschelpopulation gekommen ist“, heißt es in dem Schreiben weiter, dass von Engelbert Sachs (BUND Bodenseekreis), Anny Germann (LNV Bodenseekreis) und Thomas Körner (NABU Donau-Bodensee) unterzeichnet ist.

Der zuständige Gewässerökologe, der vom Regierungspräsidium für die Umsiedlung beauftragt wurde, möchte zu der Kritik der Naturschutzverbände nichts sagen. Beim Regierungspräsidium selbst gibt man sich erstaunt über die Art der Kommunikation der Naturschützer über einen offenen Brief. „Wir haben einen projektbezogenen Arbeitskreis, in dem auch alle Naturschutzverbände vertreten sind. Bisher hat die Kommunikation darin immer gut funktioniert und alle Beteiligten waren zu jeder Zeit über den Fortgang der Maßnahme informiert“, so Pressesprecher Steffen Fink. „Dieses Forum hat sich in der Vergangenheit eigentlich gut bewährt“, fügt Fink hinzu. Warum die Kritik am Vorgehen des Regierungspräsidiums nun öffentlich geäußert werde, verstehe man nicht wirklich. Daher ist davon auszugehen, dass die Umsiedlung der Bachmuscheln im Sommer erfolgen wird – wie schon seit längerem geplant.

 

Unio crassus

Die Bachmuschel wird auch „Gemeine“ oder „Kleine Flussmuschel“ genannt, ihr lateinischer Name lautet „Unio crassus“. Die Bachmuschel ist vom Aussterben bedroht. Ursachen sind neben natürlichen Feinden wie der Bisamratte vor allem künstliche Düngemittel, die in Gewässer eingeleitet werden. Die Bachmuschel ist eine Art nach Anhang II der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie 92/43/EWG (FFH) und steht in der gesamten EU unter Schutz. Sie ist in Deutschland nach der Bundesartenschutzverordnung eine besonders und streng geschützte Art. (mom)

 

 

Kommentar: Bitte nicht übertreiben!

Friedrichshafen -  In Sachen Bachmuschel sollten die Naturschützer froh über den bisher getriebenen Aufwand sein.

Bachmuscheln erregen die Gemüter. Die Naturschützer wollen, dass die Umsiedlung zurückgestellt wird, bis die endgültige Finanzierung der B 31-neu steht, aus Sicht der Naturschützer wahrscheinlich eine konsequente Einstellung. Denn die Umsiedlung sei gefährlich und es sei nicht absehbar, ob die ganze Sache am Ende auch klappt. Dass die Gesellschaft aus Steuermitteln bereit ist, 1,5 Millionen Euro zu berappen, um diese Umsiedlung überhaupt zu ermöglichen, haben die Tierschützer (vielleicht?) vergessen. Eigentlich wurde in diesem Fall doch alles richtig gemacht. Der Mühlbach mitsamt Flora und Fauna wird nicht einfach plattgewalzt, sondern es werden erhebliche Anstrengungen unternommen, um sowohl den Bach als auch die darin vom Aussterben bedrohten Weichtiere zu schützen und ihren Lebensraum zu erhalten. Würde man die Umsiedlung, die sogar von einem eigens bestellten Gewässerökologen überwacht wird, der ebenfalls vom Steuerzahler bezahlt wird, nun zurückstellen, dann würden wieder neue Kosten entstehen und das wäre meiner Meinung nach dann doch zu viel des Guten – den Naturschutz in allen Ehren. Während es allüberall an Geld fehlt – etwa für Schulen, Kindergärten oder Schulfruchtprogramme – wäre es nun wahrlich als übertriebener Eifer zu bezeichnen, nun die Umsiedlung der Bachmuschel noch komplizierter und damit teurer zu machen.