Bodenseekreis

Bizarrerer Streit um Straßenbau-Millionen

Bodenseekreis -  In diversen Pressemitteilungen werfen CDU-Abgeordnete der rot-grünen Landesregierung vor, dringend benötigte Mittel für den Straßenbau nach Berlin zurückgegeben zu haben. Doch die Vertreter der Landesregierung beurteilen die Sachlage ganz anders.

Es geht angeblich um 100 Millionen Euro, die das Land Baden-Württemberg nach Berlin zurückgegeben hat, statt sie für den Straßenbau zu verwenden - zumindest nach Angaben von CDU-Politikern aus der Region. (Symbolbild)  Bild: dpa

Es geht angeblich um 100 Millionen Euro, die das Land Baden-Württemberg nach Berlin zurückgegeben hat, statt sie für den Straßenbau zu verwenden. Das zumindest behaupten sowohl der CDU-Bundestagsabgeordnete Lothar Riebsamen und die beiden Landtagsabgeordneten Ulrich Müller (CDU) und Rudolf Köberle (CDU) in diversen Pressemitteilungen. So habe die Landesregierung zusätzlich angebotene Mittel – die so genannten Ausgleichs- oder SWING-Mittel – nicht abgerufen und von den regulär zugeteilten Neubaumitteln 25 Millionen Euro wieder zurückgegeben. „Das ist ein Schlag ins Gesicht für alle, die … sich für den Ausbau B 31 und den Baubeginn in Friedrichshafen wie in Überlingen seit Jahrzehnten krummlegen“, sagt etwa Riebsamen, Ulrich Müller geht sogar so weit, von einem „Skandal“ zu sprechen.

Gegen diese Einschätzung der Christdemokraten wendet sich sowohl das Landesverkehrsministerium als auch Martin Hahn, grüner Landtagsabgeordneter des Bodenseekreises: „Der Vorwurf, die Regierung blockiere den Straßenbau in Baden-Württemberg, ist bewusste Irreführung der Bevölkerung“, tatsächliche stehe die Landesregierung hinter dem Ausbau der B 31.

 

Julia Pieper, Pressesprecherin des Landesverkehrsministeriums stellt klar: „Das Land hat kein Geld an den Bund zurückgegeben, sondern zusätzliche Mittel, die erst im Herbst vom Bund angeboten wurden (sogenannte Ausgleichsmittel – Mittel, die andere Bundesländer nicht verbauen können), kurzfristig nicht ausgeben können.“ Solche Ausgleichsmittel dürften grundsätzlich nicht für Neubauten ohne Baufreigabe verwendet werden – hätten also auch nicht für den Spatenstich der B 31-neu verwendet werden können.

Das Land Baden-Württemberg habe, so Pieper, von den insgesamt zugesicherten 830 Millionen Euro für den Autobahn- und Bundesstraßenbau 815 Millionen ausgegeben. „15 Millionen Euro haben wir tatsächlich nicht verbaut, weil es an einigen Baustellen Probleme oder Rechtsstreitigkeiten gab“, erläutert die Pressesprecherin weiter.
 

Als weiteren wichtigen Grund für die Mittelrückgabe bezeichnet das Land aber auch fehlende Stellen in der Straßenbauverwaltung. „Die Mitarbeiter sind an der Leistungsgrenze und können keine ad-hoc-Mittel umsetzen.“ 30 Stellen seien 2013 neu geschaffen worden, doch weiteres Personal sei zwingend nötig. Darauf gehen auch die CDU-Abgeordneten Müller und Riebsamen ein. Verkehrsminister Hermann hätte neue Stellen schaffen können, erregt sich Müller, Riebsamen weist darauf hin, dass die ehemalige (CDU-geführte) Landesregierung zwischen 2009 und 2011 insgesamt 90 neue Stellen geschaffen habe, die von Grün-Rot „ersatzlos gestrichen“ worden seien. Der grüne Abgeordnete Martin Hahn spricht dagegen von einem Stellenabbau während der CDU-Regierung von 190 Stellen und einer Neuschaffung unter Grün-Rot von „mehr als 40 Stellen“.

 

Kommentar: Kompliziertes Rechenspiel

Friedrichshafen -  Im Streit um angeblich zurückgegebene Bundesmittel für den Straßenbau sind viele Fragen offen.

 

Beginnt schon der Wahlkampf? Wie ist es sonst zu erklären, dass die Landes-CDU behauptet, die grün-rote Regierung habe 100 Millionen Euro Straßenbaugelder an den Bund zurückgegeben? Die einzige Zahl, die sich verifizieren lässt, ist die Summe von 15 Millionen Euro, die aus verschiedenen Gründen tatsächlich nicht abgerufen wurde. Wie hoch die angebotenen Ausgleichsmittel, um die es im Streit geht, tatsächlich waren, darüber schweigt sich das Verkehrsministerium aus und die Landes-CDU operiert allein mit Durchschnittswerten aus der Vergangenheit. Ist also alles nur heiße Luft? Hat sich jemand verrechnet? Waren es am Ende doch nicht 100 Millionen Euro? Fragen über Fragen.