Südumfahrung: Die Front der Kritiker formiert sich

Markdorf -  Sechs Bürger referieren beim Info-Abend der Bürgerinitiative Pro Kluftern zum jüngst planfestgestellten Umfahrungsprojekt. Das Straßenbauvorhaben wird harsch abgeurteilt.

So vereint hatten sich die Kritiker der Südumfahrung Markdorf bislang noch nicht präsentiert: Aus allen betroffenen Gemeinden hatten die Organisatoren ihre gleichgesinnten Mitstreiter gegen das im November planfestgestellte Straßenbauvorhaben mobilisiert. Adalbert Kühnle (Pro Kluftern) führte zunächst ins Thema ein, anschließend legten Bob Jürgensmeyer (Bürgerinitiative Bermatingen), Bernhard Grafmüller (Interessengemeinschaft Ittendorf), Clemens Rid (Umweltgruppe (UWG) Markdorf), Frieder Staerke (Markdorf) und zuletzt Pro-Kluftern-Vorsitzender Walter Zacke ihre Standpunkte in zehn- bis 15-minütigen Vorträgen dar.

 

Der regionale Rundumschlag gegen das umstrittene Straßenbauvorhaben stieß auf große Resonanz: Rund 100 Zuhörer füllten den Saal. Kühnle ging zurück bis zu den gescheiterten A-98-Autobahnplänen aus den Siebzigern und schlug dann den Bogen in die Gegenwart: Die angedachte bahnparallele Trasse in Kluftern wäre keine Ortsumfahrung, sondern ein „Zubringer“ für die Südumfahrung. Profitieren von einer Südumfahrung würden alleine die Seegemeinden, das Verkehrsproblem hingegen würde verlagert nach Stetten, Ittendorf und vor allem Kluftern, Efrizweiler und Lipbach. Käme die Südumfahrung, würde dies eine Verdoppelung des Verkehres durch Kluftern bedeuten, auf 18 500 Fahrzeuge täglich, so Kühnle: „Das darf nicht sein, lassen Sie sich das nicht gefallen!“, rief Kühnle in den Saal. Dieses Szenario könne nur noch durch eine Klage verhindert werden.

 

Jürgensmeyer stieg danach deftig ein: „Beim Straßenbau sind die Rosstäuscher unterwegs!“ Das Tempo 30 im Nadelöhr Hagnau würde den Lkw-Verkehr auf die Südumfahrung leiten, quer durchs Hinterland. „Die Südumfahrung ist ein B-33-Torso“, folgerte der Bermatinger. Die Politik plane eine „Hinterlandtrasse von verknüpften Ortsumfahrungen“.

Aus Sicht der Ittendorfer stellte Grafmüller klar: Man habe im südlichen Markdorfer Teilort Verständnis für den Entlastungswunsch der Markdorfer – aber dies dürfe nicht zu Lasten Ittendorfs gehen: „Aber seit Beginn dieser Planung wird diese Tatsache ignoriert“, so Grafmüller. Mehr als zwei Drittel der Ittendorfer würden die Südumfahrung ablehnen. Ähnlich äußerte sich Rid. Das Vorhaben sei von der Politik gewollt, um künftige Industrieflächen im Hinterland erschließbar zu machen, die Entlastung sei nur ein vorgeschobener Grund. Die Umfahrungsgegner in Markdorf würden stattdessen eine „verträgliche Lösung“ anstreben: „Ausbau vor Neubau, die B 31 ausbauen, statt den Planfall 7.5 durchs Hinterland zu ziehen.“ Die Belastung der Klufterner durch eine Südumfahrung wäre für die UWG „nicht akzeptabel“. Man setze sich für eine Lösung ein, die die Interessen aller beteiligten Gemeinden und Bürger berücksichtige, betonte Rid.

Die Entlastungswirkung werde überschätzt, andere Möglichkeiten unterschätzt, sagte auch Staerke. ÖPNV-Ausbau, Lärmaktionsplan, Bündelungstrasse B 30/B 31 neu wären sinnvoller.

Alleine mit dem Lärmaktionsplan könne eine höhere Lärmentlastung erreicht werden als mit der Umfahrung. Zudem würden sich die Behörden in ihren Argumenten für beide Maßnahmen geradezu konträr widersprechen, führte Staerke aus. Zuletzt werde das Potenzial der Schiene gänzlich missachtet. Ein Ausbau der Bodensee-Gürtelbahn mit IRE-Zügen und Taktverdoppelung könne für bis zu 7000 neue Fahrgäste täglich sorgen, dem Äquivalent zu 5000 Fahrzeugen. „Das ist schon ein substanzieller Beitrag“, so Staerke. Seine Vermutung in Sachen Südumfahrung: „Geht es wohl eher um Entlastung für den Verkehr als vom Verkehr?“

Zacke betonte schließlich, dass man in Kluftern den Entlastungswunsch der Markdorfer nie in Frage gestellt habe. Mit einem nördlicheren Verlauf einer Südumfahrung wäre man daher auch einverstanden gewesen, aber: „Die Klufterner Interessen sind nie berücksichtigt worden.“ Weder sei es fair, einen „Verkehr von 23 000 Fahrzeugen täglich nach Lipbach kippen zu wollen“ noch seien die Planungen wirtschaftlich verantwortungsvoll. Und, fragte Zacke: „Ist es politisch anständig, die Südumfahrung als weiteren Zwangspunkt für die uns drohende bahnparallele Trasse zu realisieren?“