Wann kommt der Lärmschutz? Bis
die lärmmindernden Maßnahmen umgesetzt werden, dauert es noch.
Der
Rat hat nun erst einmal den Entwurf beschlossen. Der geht nun in eine erneute
Offenlage, während der die Träger öffentlicher Belange (die Behörden) und
Bürger erneut ihre Stellungnahmen abgeben können. Dann folgt
wieder eine Überarbeitung, die Planer Wolfgang Wahl als „Feinschliff“
bezeichnet, die auch in einem engen Abstimmungsprozess zwischen Stadt und
Landratsamt vorgenommen wird, und dann der Beschluss des Gemeinderates. Die
Verantwortlichen gehen davon aus, dass ein realistisches Ziel für einen Beschluss
frühestens der Herbst dieses Jahres wäre.
Wie engagiert waren die
Bürger? Der Rücklauf der ersten Offenlage wird von Wahl als
außergewöhnlich hoch bezeichnet. Seitens der Öffentlichkeit waren 101
Stellungnahmen eingegangen, davon 90 auf den Fragebögen, die der BUND verteilt
hatte. Wahl: „So viel Rücklauf hatten wir noch nie.“ Ittendorfs
Ortsvorsteher Thomas Geßler wies am Montag hingegen darauf hin, dass die
Stellungnahme der Bürgerinitiative Verkehrsneuplanung Ittendorf
von 180 Ittendorfern unterschrieben sei, die
Beteiligung somit also sogar mindestens 280 Bürger umfasse.
Die Lärmspitzen: Die
höchsten Lärmwerte erhebt der Lärmaktionsplan-Entwurf in der Ittendorfer Andreas-Strobel-Straße 10 (75 dB tags/66 dB
nachts), der Meersburger Straße 1/1 in Ittendorf (74/65), in Markdorf in der Gutenbergstraße 4
(75/67), der Ravensburger Straße 31 und 26/1 (beide 77/68), der Ravensburger
Straße 38 (75/66) und der Fürstenbergstraße 1 in Hepbach
(75/67).
Kleine Zahlen, große
Wirkung: Grob überschlagen verursacht ein
Lkw so viel Lärm wie 20 Pkw, sagt Planer Wahl. Alle Werte über 70 dB gelten als
stark gesundheitsgefährdend. Flüsterasphalt bewirkt eine Lärmminderung um 3 dB.
Eine Minderung um 10 dB entspricht einer Halbierung der wahrgenommenen
Lautheit. Tempo 30 macht laut Wahl im Schnitt um 2 bis 3 dB leiser als Tempo
50.
Problemfall Lärmschutzwände: Ob
eine Wand errichtet werden kann, entscheidet sich nicht nur am Lärm. Ist der
zwar laut genug, gibt es dennoch Ausschlusskriterien. So muss eine Wand
mindestens drei über den Grenzwerten befindliche Gebäude umfassen und kann
nicht an Ein- und Ausfahrten gebaut werden – der Ausschlussgrund in Ittendorf. (gup)
Gemeinderat stimmt am
Dienstagabend dem Entwurf des Lärmaktionsplanes zu. Die Mehrheit folgt den sehr
weitgehenden Tempo-Vorschlägen der Verwaltung: Größtmögliches Tempo 30 ist nun
die Basis für die Verhandlungen mit dem Landratsamt.
Nach
zwei Stunden steht das Ergebnis fest: Mehrheitlich stimmt der Gemeinderat
gestern Abend für den Verwaltungsvorschlag des Lärmaktionsplan-Entwurfes. Sechs
Gegenstimmen gibt es (Dietmar Bitzenhofer, Jens
Neumann, Sandra Steffelin, Martina Koners-Kannegießer, Erich Wild und Alfons Viellieber) und
zwei Enthaltungen (Susanne Sträßle und Roland
Hepting). Im Gespräch mit dem SÜDKURIER weisen Koners-Kannegießer
und Steffelin darauf hin, dass sie nicht gegen den
Lärmaktionsplan-Entwurf gestimmt hätten. Sie seien nur gegen Tempo 30 auf der B
33 innerorts tags und nachts. Auch Bitzenhofer hätte
sich stattdessen die Alternative Tempo 50 tags und Tempo 30 nachts gewünscht.
Denn das war der Knackpunkt bei der Abstimmung: Lang und intensiv wurde nur
über die Tempofragen diskutiert. Über die geplanten drei Lärmschutzwände
(Mozartstraße/Mühlöschle, Am Bildbach
und Brühlstraße) und über den Flüsterasphalt bei nötiger Belagssanierung waren
sich alle einig.
Planer Wolfgang Wahl hatte bereits zu Beginn den anderen Knackpunkt bei der
Debatte um den Entwurf aufgezeigt: Die unterschiedlichen Ansichten von Stadt
und Landratsamt. „Das, was Sie heute beschließen, ist nicht eins zu eins
umzusetzen, da ist kooperatives Verhalten notwendig“, gab er zu bedenken.
Darauf Riedmann zu den Räten: „Aber Sie können davon
ausgehen, dass wir das Ergebnis von heute Abend intensiv mit dem Landratsamt
diskutieren werden.“ Beschlossen wurde nun für den Entwurf die Maximalforderung
der Tempolimits aus der Verwaltungsvorlage (siehe Grafik).
In der Debatte zuvor gab es eine große Bandbreite der Meinungen. CDU-Chef
Viellieber kritisierte dabei den Entwurf mit überaus deutlichen Worten. „Mit
überall Tempo 30 kommen wir nicht weiter“, sagte er. Markdorf sei eine
Wirtschaftsregion mit Tourismus: „Nur rückwärts geht es nicht.“ Die CDU werde
dem Verwaltungsvorschlag folgen, wolle aber überall, wo Tempo 30 geplant sei,
Tempo 40 und dies nur nachts. Freie-Wähler-Chef Bitzenhofer
bezweifelte die Ergebnisse der Gutachter: Er habe eine Dokumentation im
Fernsehen gesehen, in der Tempo-30-Lasterverkehr als lauter gemessen worden sei
als Tempo-50-Verkehr. Diese Aussage wies Wahl kategorisch als unzutreffend
zurück. Bitzenhofer blieb dabei: Selbst eine
Lärmminderung um 3 dB sei nur „Balsam für die Seele der Betroffenen, aber die
Werte bleiben dadurch immer noch gesundheitsgefährdend.“ Flüsterasphalt und
Lärmschutzwände hätten die größte Wirkung.
Dem widersprach SPD-Sprecher Uwe Achilles: „Es ist schon ein Unterschied, ob
ein Lkw mit 70 oder 50 oder gar nur mit 30 durchfährt.“ Tempo 30 sei richtig,
müsse aber auch scharf kontrolliert werden. Dem stimmte Brigitta Ehinger für
die UWG zu. „Wir sollten dann auch schnellstmöglich in die Tempokontrollen
einsteigen“, forderte sie. Wie Achilles kritisierte auch sie, dass bis heute in
der B-33-Ortsdurchfahrt nachts nicht kontrolliert werde.
Für wertvolle Aufklärung sorgte wiederum Michael Bussek,
Leiter des Rechts- und Ordnungsamtes im Landratsamt, der von der Verwaltung
eingeladen worden war. Klar sei, dass man in Markdorf ein „Lärmproblem“ habe.
Für sein Amt gehe es darum, die „Bedürfnisse der Bürger gegenüber der Funktion
der Bundesstraße abzuwägen“. Er betonte, dass das Landratsamt „keineswegs eine
Verhinderungsbehörde“ sei. Doch grundsätzlich gelte für eine Bundesstraße außerorts Tempo 100 und innerorts 50. Seine Behörde werde
nun im Einzelfall prüfen, wo ein Tempo 30 dennoch möglich wäre. „Das was geht,
muss gehen. Aber es muss rechtlich machbar sein“, betonte Bussek.
Das
Ziel des Lärmaktionsplans: „Leise wird
es durch die Maßnahmen nicht werden“, wendet sich Planer Wolfgang Wahl vom Büro
Rapptrans an die Räte in Markdorf: „Darüber müssen Sie sich alle im Klaren
sein. Aber es wird leiser werden.“ Ziel sei die Entlastung der Betroffenen,
eine gänzliche Befreiung von Lärm könnten die Maßnahmen nicht leisten.
Die
Inhalte des Entwurfs: Sowohl Wahl
als auch der von der Stadt beauftragte Anwalt Felix Hornfischer weisen die Räte
mehrfach darauf hin, dass in dem Entwurf „Maximalmaßnahmen“ vorgeschlagen
werden. Denn das Planwerk muss noch von Landratsamt und RP genehmigt werden.
Dabei muss davon ausgegangen werden, dass im ein oder
anderen Fall nochmals Abstriche gemacht werden müssen. „Wir müssen aber die
Maximalforderungen aufnehmen, denn andernfalls haben wir keine Chance auf die
bestmöglichen Lärmminderungen“, sagt Hornfischer.
Weshalb
Lärmschutzfenster keine Rolle spielen: „Der
Lärm muss dort reduziert werden, wo er entsteht“, sagt Hornfischer. Im
Klartext: Es geht um Lärmreduktion im Freien durch Tempolimits, Flüsterasphalt
und Lärmschutzwände. Maßnahmen, die den unverminderten Lärm draußen dann im
Haus filtern, sind nicht Gegenstand eines Lärmaktionsplans. Dafür müssen etwa
Zuschüsse aus Programmen zur städtebaulichen Sanierung beantragt werden.
Nein
zu Verkehrsverlagerungen: Maßnahmen zur
Lärmminderung dürfen nicht zu mehr Lärm andernorts führen. „Es gilt nicht das
Floriansprinzip“, stellt Wahl vor den Markdorfer
Stadträten klar.
Alle fünf Jahre
wird geprüft: Der
Lärmaktionsplan muss alle fünf Jahre neu bewertet werden. Ist es nötig, können
Änderungen bei den Maßnahmen vorgenommen werden. Das betrifft übrigens auch das
Thema Flüsterasphalt: Wird der aufgebracht, heißt das nicht automatisch, dass
dann etwa ein 30er-Limit wieder einkassiert wird. Es gebe stets eine
Einzelbewertung, sagt Wahl.