Markdorf - Der Markdorfer
Gemeinderat hat den Entwurf des Lärmaktionsplanes der Stadt auf den Weg
gebracht. Das ist gut, denn die vorgeschlagenen Maßnahmen würden die
straßenlärmgeplagten Anwohner in der Tat immens entlasten. Doch ob sie kommen
ist fraglich, denn es droht ein Konflikt mit dem Landratsamt. Der
Lärmaktionsplan läuft Gefahr, ein Papiertiger zu werden, meint
SÜDKURIER-Redakteur Helmar Grupp in seinem Kommentar.
Dass der Lärmaktionsplan nun den nächsten Schritt
genommen hat, ist gut. So rücken die Entlastungen für die vom Straßenlärm
geplagten Anwohner in Ittendorf, der Kernstadt und in
Leimbach, Hepbach und Stadel in greifbarere Nähe. Die
beschlossenen Maßnahmen würden in der Tat eine immens hohe Entlastungswirkung
entfalten und den Straßen-Anwohnern eine Lebensqualität zurückgeben, die sie so
seit Jahrzehnten nicht mehr hatten.
Die Sache hat nur einen Haken – und der lässt sich nicht wegdiskutieren: Stadt
und Landratsamt gehen von unterschiedlichen Grenzwerten aus. Das wird noch zu
erheblichem Abstimmungsbedarf führen und einige der geplanten Maßnahmen dann
auch wieder kippen. Das Landratsamt richtet sich nach der seit Jahren gebräuchlichen
Richtlinie „RLS-90“ als Pegelwert, die die Grenzwerte um jeweils fünf Dezibel
höher ansetzt, als es die Planer und die Verwaltung für den Lärmaktionsplan
getan haben. Die wiederum folgen der Auslösewerte-Empfehlung des Landes für
Lärmaktionspläne. Die Entscheidung, was gilt, wird aber das Landratsamt und
zuletzt das Regierungspräsidium Tübingen fällen – in Abstimmung natürlich mit
der Stadt. Aber das letzte Wort liegt bei den übergeordneten Behörden.
Bereits im Grobkonzept hat das Landratsamt kritisch zu einigen Punkten Stellung
genommen. Diese Haltung wird die Behörde im Wesentlichen beibehalten. Für die
betroffenen Bürger gilt somit: Wer sich auf die punktgenaue Umsetzung der
Inhalte des Entwurfs verlässt, wird enttäuscht werden. Wie das im schlimmsten
Fall laufen kann, konnte man in der unmittelbaren Nachbarschaft beobachten: In Immenstaad war der zuvor vom Rat beschlossene Entwurf kurz
darauf Makulatur. Das Landratsamt hatte die dort vorgesehenen Maßnahmen
zusammengestrichen und wesentliche Inhalte abgelehnt. Zurück blieben ein
verwunderter Rat, ein verärgerter Bürgermeister und ratlose Bürger.
Zwar behauptet Stadtbauamt-Sachbearbeiter Matthias Schäfer, dies könne in
Markdorf so nicht passieren, weil hier vor Ort nahezu in allen Bereichen die
Lärmwerte so hoch seien, dass sie auch die strengeren Grenzwerte der
Verkehrsbehörde überschreiten. Doch Fakt ist, dass sich Stadt und Landratsamt
in wesentlichen Punkten noch annähern müssen. Das Landratsamt hat den gesamten
Kreis im Blick, möchte keinen Tempo-Flickenteppich und weist der
Verkehrsfunktion der Bundesstraße eine hohe Priorität zu. Die Stadt und die
Stadträte wiederum wollen eine möglichst große Entlastung ihrer Bürger vom
Lärm. Ein Zielkonflikt. Das nun beschlossene Tempo 30 ganztags wird nicht zu
halten sein, jedenfalls nicht überall. Wahrscheinlich läuft es auf Tempo 50
tags und Tempo 30 nachts heraus. Aber auch das ist schon eine deutliche
Verbesserung – sofern das Tempo auch kontrolliert wird.