Harsche
Kritik des Friedrichshafener Oberbürgermeisters bei
Neujahrsempfang an Bundes- wie Landespolitik. Hängepartie für Bau der Umgehung bis
Immenstaad genauso kritisiert wie unklare Finanzierung der Elektrifizierung der
Südbahn.
Rund
1600 Besucherinnen und Besucher des Neujahrsempfangs der Stadt erlebten im
Graf-Zeppelin-Haus einen kämpferischen Oberbürgermeister. Angesichts der
Hängepartie für den Baustart der Umgehung der B 31 zwischen Friedrichshafen und
Immenstaad sagte Andreas Brand wörtlich: „Frau Merkle und Herr Kretschmann:
Werden Sie Ihrer Verantwortung für Friedrichshafen und den Bodenseekreis
gerecht! Handeln Sie, wenn nicht Sie, wer dann?“
Der OB
erinnerte an die Aussagen von Bundeskanzlerin Angela Merkel, die diese beim
T-City-Tag in Friedrichshafen gemacht hatte. Merkel hatte den Anschein erweckt,
dass der Bau der Straße nur noch eine Formsache sei. Den
CDU-Bundestagsabgeordneten Lothar Riebsamen
bezeichnete Brand als treuen und ehrlichen Kämpfer für einen baldigen Ausbau
der B 31. Dagegen beschuldigte er dessen Ravensburger Bundestagskollegen
Andreas Schockenhoff indirekt, politisches
Hinterzimmer-Geklüngel betrieben zu haben. Für den
Bau der B 30-Süd bei Ravensburg wird vom Bundesverkehrsministerium eine Million
Euro zur Verfügung gestellt. Die Häfler B 31-Umgehung
geht bisher leer aus. Zum geplanten Ausbau der Friedrichshafen und Ulm
verbindenden Südbahn forderte Brand, dass die Region nicht aufs Abstellgleis
geschoben, sondern die Finanzierung dafür gesichert werde. Inzwischen werden
die „explodierenden“ Kosten der Elektrifizierung mit rund 200 Millionen Euro
beziffert.
Schulpolitische
Hausaufgaben gab das Stadtoberhaupt dem grünen Landtagsabgeordneten Martin
Hahn, aber auch dem CDU-Oppositionspolitiker Ulrich Müller für deren Arbeit im
Stuttgarter Landtag mit auf den Weg: Brand forderte, dass das Graf-Zeppelin-
und das Karl-Maybach-Gymnasium neben den G 8- auch G 9-Züge einrichten dürfen.
Hier könne eine modellhafte Zusammenarbeit der beiden Häfler
Schulen demonstriert werden. Und Schüler wie Eltern hätten eine echte
Wahlfreiheit für die Bildungslaufbahn. Eine solche Freiheit forderte Brand auch
für das Thema Gemeinschaftsschule. „Lassen Sie ohne Scheuklappen beides zu,
ohne das eine zu bevorzugen und das andere als Auslaufmodell auszumustern“,
sagte er und warb bei den anwesenden Landespolitikern für ein Nebeneinander
klassischen Schulmodells und Gemeinschaftsschulen. Die Stadt profitiere, wenn
möglichst viele Schulformen, auch durch konfessionelle und private Träger,
angeboten würden.
Zum ausstehenden
Bäderkonzept sagte Brand, er rechne spätestens vor Ostern mit einer
Grundsatzentscheidung. Die Umsetzung des Konzepts stelle eine der größten
Investitionen der Stadt dar. Gebaut werden solle, was leist- und bezahlbar sei
und bleibe.
In seiner Rede unterstrich
Brand mehrfach und sehr deutlich, welchen Schatz die Stadt in der
Zeppelin-Stiftung habe. Der 175. Geburtstag des Grafen Ferdinand von Zeppelin,
der die Stiftung 1908 gegründet hatte, wird dieses Jahr groß gefeiert. Das dazu
entwickelte Logo präsentierte der OB während des Empfangs.
In seinem weltpolitischen
Streifzug verteidigte Brand die Partnerschaft mit dem weißrussischen Polozk. Die Menschenrechte würden in dem diktatorisch
geführten Staat mit Füßen getreten. Umso wichtiger sei die Partnerschaft für
die Menschen dort.