31.01.2012
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Zeitpunkt und Ort hatte der
CDU-Ortsverband Bermatingen passend zum Inhalt seiner
Aktion ausgesucht: Pünktlich zur Rush-Hour um 16 Uhr,
während die Straße wegen des starken Verkehrs nur mit größter Vorsicht und
Geduld überquert werden kann, hatte Vorsitzende Carola Uhl zur Präsentation der
Straßen-Chronik vors Rathaus eingeladen, um auf die Notwendigkeit der
Ortsumfahrung aufmerksam zu machen. „Ich verstehe hier kein Wort“, bemerkte
Bürgermeister Martin Rupp dann auch halb demonstrativ.Das Besondere der Aktion:
Fraktions-übergreifend bekannten sich drei der vier Parteien zur Ortsumfahrung,
CDU, SPD und FW. Gegner der Ortsumfahrung waren dennoch anwesend. Bob Jürgensmeyer beispielsweise hatte den ganzen Morgen
recherchiert und mitgeteilt bekommen, dass „Mittel für die Ortsumfahrungen Bermatingen/Neufrach – weil nicht im Bau – definitiv im
aktuellen Haushalt 2012 nicht eingestellt werden“. Das Vorhaben solle später,
wie alle anderen Landesstraßenvorhaben, dem Priorisierungsverfahren
unterzogen werden. Danach sehe man weiter.
Doch die Befürworter der
Straße wollen nicht abwarten. Sie geben Gas und wollen sich gegen die Äußerung
des Grünen-Abgeordneten Martin Hahn wehren, der eine zeitnahe Realisierung der
Ortsumfahrungen in Frage gestellt hatte.
Carola Uhl blickte zurück
auf die Chronologie der Straße, die im wahrsten Wortsinn plakativ in Szene
gesetzt wurde: Jedem bedeutungsvollen Ereignis war eine Tafel gewidmet, die,
aufgehängt vom Rathaus bis zu einem Straßenschild, den Fasnetfähnchen
stundenlang Konkurrenz machten.
Symbolkraft hatte die
kurzzeitige Entwirrung der an einer Schnur befestigten Dokumente. „Wenn sich
das Problem mit der Straße auch so leicht lösen würde“, bemerkte ein Zuschauer.
„Egal, ob es 12- oder 14
000 Fahrzeuge sind, die durch den Ort fahren, es sind zu viele“, sagte Uhl.
Dies sei eine Belastung für die Menschen und die denkmalgeschützten Häuser.
Seit Hagnau Zone 30 habe, suchten sich die LKW-Fahrer
den schnellsten Weg – durch Bermatingen. Es könne
nicht sein, dass eine so lange Planung über Nacht verworfen werde, nahm sie
Bezug auf einen Brief von Verkehrsminister Winfried Hermann, in der dieser
bestätigte, dass die OU Teil des Impulsprogramm sei und von ihr eine deutliche
Entlastung erwartet werde.
Was Hahn gesagt habe, sei nicht hinnehmbar, meinte Kreisrat Ernst Arnegger, der sich in Markdorf mit der gleichen Situation
konfrontiert sieht. Die Entscheidung zu den Ortsumfahrungen seien durch den
höchsten Souverän im Staat, den Bürger, mit den Bürgerentscheiden entschieden
und durch die Gemeindevertreter bestätigt worden und man befinde sich in der
Planfeststellung.
Die „sibirische Kälte“ nahm
MdL Ulrich Müller als Symbol für die Abkehr der neuen Regierung von der OU.
Bürgerbescheid, Kosten, Planungsaufwand, Hoffnungen könnte nicht mit einem
Wisch von einem Abgeordneten vom Tisch gefegt werden. Er erlebe es jedes Mal,
dass ein Ort nach Realisierung einer OU aufblühe und es gebe keine
Alternativen. Mit durchschnittlich 12 000 Fahrzeugen täglich liege der Verkehr
durch Bermatingen bereits weit über dem Durchschnitt
von 4800 Fahrzeugen auf einer Landesstraße, machte er den Bedarf deutlich. Hier
werde Politik mit Ideologie gemacht. „Wir lassen uns die Straße hier nicht
kaputt machen!“ sagte er mit Nachdruck und forderte auf, dran zu bleiben und
den Entscheidern „die Hölle heiß zu machen.“
„Den Hahn sollte man acht
Tage ans Rathaus anbinden, den Kretschmann gleich dazu. Dann entscheiden sie
anders“, bemerkte eine Anwohnerin. Bürgermeister Martin Rupp
verwies auf den mehrheitlichen Wunsch der Bürger nach einer Ortsumfahrung und
auf die fraktionsübergreifende Einigkeit. Die Ortsumfahrung sei wichtiger denn
je und er hoffe, dass die Regierung sie unterstütze. Wenigstens sei es ein
Erfolg, dass man fast alle Fraktionen in dieser Sache zusammengebracht habe,
bemerkte Anton Waizmann. Gemeinderat Franz Kutter
(FW) plädierte dafür, sich zwecks Überzeugungsarbeit wie die Straßengegner mehr
mit Aktionen – pro Ortsumfahrung – auf die Straße zu begeben.