FRIEDRICHSHAFEN - "Berlin,
Berlin, wir fahren nach Berlin" - was Fußballfans singen, deren
Mannschaften in der Hauptstadt um den deutschen Pokal spielen, dürfte nach der
Wahl am 27. September auch Lothar Riebsamens Lied
sein. Der 51-Jährige ist der Bundestagskandidat der CDU im Wahlkreis 293
"Bodensee". Noch ist er Bürgermeister in Herdwangen-Schönach.
Wählen die Menschen am
Bodensee so, wie sie es für gewöhnlich tun, dann ist Lothar Riebsamen
ab Herbst 2009 Abgeordneter des deutschen Bundestags. Als Direktkandidat der
CDU im neu formierten Wahlkreis 293, der sich aus dem Bodenseekreis sowie der
zum Landkreis Sigmaringen gehörenden Stadt Pfullendorf und den Gemeinden
Herdwangen-Schönach, Wald und Ilmensee zusammensetzt,
hat er die besten Chancen. "Ich bin sehr zuversichtlich, dass es klappt,
aber erst muss ich gewählt werden", urteilt er selbst.
Der Bürgermeister sitzt in
seinem Büro im Rathaus der 3300-Seelen-Gemeinde Herdwangen-Schönach und wagt
schon einmal einen Blick in die 3,4-Millionen-Einwohner-Stadt Berlin. Rein
äußerlich passt's: Modische Brille, cooler
Dreitagebart und moderner Kurzhaarschnitt stecken in kurzärmeligem, blasslila
Hemd, dunkelblauer Hose und braunen Lederschuhen - unauffällig elegant würde
das Urteil aus der Hauptstadt vielleicht lauten. Auffallen will der 51-Jährige
auch wesentlich lieber mit dem Einsatz für seinen Wahlkreis, denn: "Was
unsere starke Region schwach macht, ist die Verkehrsinfrastruktur." Damit
die BF31 westlich von Immenstaad und die Ortsumfahrung BF31-neu Friedrichshafen
West schnellstens gebaut würden, "werde ich mir die Hacken ablaufen und in
Berlin alle nerven".
In Herdwangen-Schönach ist
derweil von Stau und Verkehrslärm, wie ihn zum Beispiel die Friedrichshafener
kennen und hassen, nichts zu sehen und hören. 40 Kilometer und 45 Minuten (bei
selten freier Fahrt entlang am See nach Überlingen und dann Richtung
Pfullendorf) von der Stadt am See entfernt, liegt die Gemeinde im Kreis
Sigmaringen. Und da ist doch ein Laut: Die Vögelchen zwitschern vor dem
Rathaus, das mit Kirche, Bundschuh-Halle, Grundschule und Dorfladen "Um's Eck" die Ortsmitte bildet. Ansonsten herrscht
eine Ruhe, wie sie die Berliner wohl zu keiner Zeit und die Menschen am See
vielleicht an einem eiskalten Wintertag erleben. Das Argument, er sei deshalb
nicht der Richtige, um die Interessen des Bodenseekreises auf Bundesebene zu
vertreten, lässt Lothar Riebsamen natürlich nicht
gelten. "Das Wichtigste ist, dass ich mich mit meinem Wahlkreis
identifiziere. Und das tue ich zu 100 Prozent", verspricht er. Ein
kleines, liebevolles Zeichen dafür setzt der 51-Jährige mit dem Nummernschild
seines Autos, auf dem die Buchstabenkombination "SIG - FN" zu lesen
ist. Er sagt: "Die Region am See ist meine Heimat, und irgendwo muss man
halt wohnen."
"Meine Männer sind
mein Leben"
Das Irgendwo ist und bleibt
am Ende einer Sackgasse in dem Ort, den der 51-Jährige als Rathauschef lenkt.
Ein großer grüner Garten, ein gelbes, zweistöckiges Haus, das so ähnlich auch
in der Provence stehen könnte, umrahmt von weiten Maisfeldern - das Zuhause der
Familie Riebsamen wirkt trotz der sympathischen
Warnung des Hausherren - "Bei uns sieht's wüst aus, wir haben die Maler
da" - wie ein Ort der Geborgenheit.
Dafür sorgt vor allem die
Ehefrau des Bundestagskandidaten und Mutter seiner Söhne Gabriel (26 Jahre) und
Ruben (23). "Meine Männer sind mein Leben", erzählt die 52-Jährige,
die ihren Beruf als Grund- und Hauptschullehrerin für die Familie aufgegeben
hat. Die politischen Pläne ihres Mannes unterstützt sie: "Ich bin sehr
stolz auf ihn." Und auch Ellen Riebsamen hat
keinen Zweifel daran, dass der 51-Jährige am 27. September die beste Wahl ist.
Als Enkelin des Zeppeliners Josef Braun, der als
Maschinist 1,65 Millionen Luftschiff-Kilometer gesammelt hat, spüre sie eine
enge Verbundenheit mit dem See. Dass ihr Mann viel Zeit in Berlin verbringen
könnte, beunruhigt sie nicht weiter: "Wir lassen das jetzt alles mal auf
uns zukommen." Zwei schöne Anlässe für einen Besuch seiner Frau in der
Hauptstadt hätte Lothar Riebsamen jedoch schon:
"Die neue Winter- und die neue Sommerkollektion", sagt er und
lächelt.
(Erschienen: 03.09.2009)