Bei einem großen
Straßenbau-Vorhaben gibt es massive Eingriffe in die Natur und auch in die
Rechte von betroffenen Grundeigentümern. Bei der Planung einer Straße wie der B
31-Umfahrung von Friedrichshafen müssen die Planer entscheiden, wie den
jeweiligen Interessen von Betroffenen am Besten genügt werden kann. Es gilt
abzuwägen, beispielsweise welche Qualität die Ausgleichsflächen für betroffene
Landwirte haben müssen oder wie die Eingriffe in die Natur ausgeglichen werden
können – dies alles auf der Basis gesetzlicher Regeln. Im Rahmen des Verfahrens
gegen den Planfeststellungsbeschluss für die B 31-neu vor dem fünften Senat des
Mannheimer Verwaltungsgerichtshofs (VGH) ging es Anfang dieser Woche im
Graf-Zeppelin-Haus darum, ob das Vorgehen des Regierungspräsidiums (RP)
Tübingen in diesem Fall korrekt war.
Mit im Wesentlichen drei
Strategien versuchten die Anwälte der Kläger den Planfeststellungsbeschluss
auszuhebeln. Kritisiert wurde zum einen die Zahlen-Basis, aufgrund der die
Belastung der neuen Straße und damit die Zahl der Fahrspuren berechnet wurden.
Zum anderen wurde ins Feld geführt, dass die Einschränkungen für Grundbesitzer
nicht richtig gewichtet wurden. Und schließlich ging es um die Frage, ob dem
Naturschutz entsprochen wurde. Wäre auch nur eine Strategie von nachhaltigem
Erfolg gekrönt, sprich könnte den Planern ein schwerwiegender Fehler
nachgewiesen werden, wäre die Planung als Ganzes in Gefahr, was einem
jahrelangen weiteren Stillstand gleichkäme. Denn ohne
Planfeststellungsbeschluss, der einer Baugenehmigung für einen Häuslebauer gleichkommt, gibt es keine Freigabe für die
Bauarbeiten.
Für
die Planer des RPs wie für die Kläger war die
zweitägige Verhandlung von entscheidender Bedeutung. Denn sollten die
Verwaltungsrichter befinden, dass es schwerwiegende Abwägungs- oder
Planungsfehler gab, dann stünden die Planer quasi vor dem Nichts. Und erst dann
gibt es für die Kläger und damit die Bürgerinitiative „Pro Kluftern“
eine Chance, dass die Planung noch geändert wird. Vor allem der Verkehrsknoten
bei Efrizweiler ist der Bürgerinitiative ein Dorn im
Auge, weil dadurch der Verkehr durch Kluftern in
Richtung Markdorf gelenkt wird.
Kaum Ansatzpunkte, den
Planfeststellungsbeschluss ins Wanken zu bringen, gab es in der Frage, ob die
klagenden Landwirte ausreichend geeignete Ausgleichsflächen angeboten bekommen
haben. In diesem Zusammenhang ging es auch um die Frage, ob die Einschränkungen,
die die Bauern durch die Folgen des Straßenbaus hinnehmen müssen, diese in
ihrer Existenz gefährden. Nur in einem Fall gab es keine abschließende
Annäherung der Parteien. In diesem Fall wird der fünfte Senat in seinem Urteil
zu klären haben, ob den Interessen des Landwirts genügend entsprochen wurde.
Petra Stark als Verhandlungsführerin des RPs war um
einen für den klagenden Obstbauern akzeptablen Ausgleich bemüht, dies nahmen
die Richter aus Friedrichshafen mit nach Mannheim. Alle Lärmschutz-Fragen
konnten geklärt werden – hier blieb kein Hebel gegen den
Planfeststellungsbeschluss. Auch die unterschiedlichen Berechnungsmodelle der
Gutachter von RP und Klägern für die Verkehrsbelastung brachten keine echten
Angriffspunkte.
So blieb das europäische
Naturschutz-Recht als letzter möglicher, erfolgversprechender Hebel. Ein Biotop
für die unter Schutz stehende Bachmuschel war die rechtliche Basis. Doch die
Gutachter beider Seiten waren sich im Grunde einig, dass es trotz B 31-Umgehung
auch in Zukunft im Mühlbach noch tausende Muscheln geben wird. Welches Gewicht
die Richter den Muscheln zu sprechen, werden wir Ende kommender Woche wissen,
wenn der Tenor des Urteils des fünften Senats des VGH bekannt gegeben werden
soll.